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Demokratie-Talk mit Barbara Bleisch

«Bei Schuhen entscheide ich diktatorisch»

175 Jahre Bundesverfassung! Die Philosophin spricht im nicht allzu ernst gemeinten Talk über Demokratie – und ein bisschen drumherum.

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Barbara Bleisch ©Mirjam Kluka

Barbara Bleisch moderiert auf SRF «Sternstunde Philosophie». Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Zürich.

Mirjam Kluka

Barbara Bleisch, was entscheiden Sie daheim demokratisch?
Was es am Wochenende zu essen gibt, wohin wir verreisen und wie der Weihnachtsbaum geschmückt wird. Und vieles mehr. Schliesslich leben wir zusammen, da soll es allen wohl sein.

Bei welchem Thema sind Sie stets in der Minderheit?
Bei der Wahl der Musik, die wir auf einer Reise im Mietauto hören. Meist nehmen wir den Zug, kommt also glücklicherweise selten vor.

Wann haben Sie das letzte Mal etwas diktatorisch entschieden?
Bei der Frage, ob Schuhe einen festen Platz im Flur haben. Haben sie.

Wie würde Ihre eigene Partei heissen?
Ich würde keine neue Partei gründen. Politische Arbeit heisst immer, Kompromisse zu schliessen. Ich würde mich deshalb einer der bestehenden Parteien anschliessen und versuchen, sie mitzuprägen.

Welche Wahl lag Ihnen am Herzen?
Die Wahl von Elisabeth Kopp. Ich war noch ein Kind und wir waren in den Herbstferien am Meer. Ich erinnere mich, dass die Freunde meiner Eltern das Radio anmachten und wir angestossen haben auf die erste Frau im Bundesrat.

Was würden Sie per sofort in der Bundesverfassung verankern?
Das Recht auf politische Bildung. Gerade eine so direkte Demokratie müsste viel mehr investieren in die politische Bildung aller Einwohnerinnen und Einwohner. Meine Hoffnung wäre, dadurch auch die Partizipation zu erhöhen und das Bewusstsein dafür, welch Privileg es ist, über so ausgebaute demokratische Volksrechte zu verfügen.

«Beim Klimaschutz wünsche ich mir mehr Macht.»

Wo sind Sie Durchschnittsschweizer?
Es ist mir eher peinlich, vor anderen gelobt zu werden, recht machen will ich meine Sache aber schon. Ich halte auch nichts von einer Direktheit, die beleidigend ist, sondern äussere Kritik meist sorgfältig.

Hand aufs Herz: Wo liegen bei Ihnen die Grenzen von Demokratie und Diplomatie?
Die Demokratie ist nur eine gute Idee innerhalb eines rechtsstaatlichen Rahmens. Dazu gehört für mich auch die Wahrung und Sicherung der Menschenrechte. Diplomatie ist auf der politischen Bühne stets das Mittel der Wahl. Werden Menschenrechte mit Füssen getreten, muss man sorgfältig abwägen, ob andere Mittel zielführend sind. Manchmal gehört zur Politik leider auch, dass man sich die Hände schmutzig machen muss. Im Persönlichen bin ich allerdings wenig diplomatisch. Wenn mein Gegenüber selbstherrlich agiert und nicht bereit ist, sich im Gespräch auch selber zu hinterfragen, ergibt ein Gespräch keinen Sinn.

Worin hätten Sie gerne mehr Macht?
Beim Durchsetzen von griffigen und wirksamen Massnahmen zum Klimaschutz.

Was würden Sie per sofort demokratisieren?
Die Mitsprache in diesem Land. Ich bin für eine Senkung des Stimmrechtsalters und für eine Ausweitung demokratischer Rechte auch auf Ausländerinnen und Ausländer, die unser Land hinreichend gut kennen. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir Menschen mit einer Behinderung besser am politischen Entscheidungsprozess teilhaben lassen können.

In welcher Situation macht Demokratie in Ihrem Leben keinen Sinn?
Bei der Frage, wem ich wie viel Zeit schenken soll – auch beim Beantworten von E-Mails. Nur wer monarchisch über die eigene Zeit herrscht, hat etwas vom Leben.

LS
Lynn ScheurerMehr erfahren
Von Lynn Scheurer am 31. März 2023 - 17:17 Uhr