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Max Julen nach Überschwemmungen in Zermatt

«Der Schaden ist nur materiell»

Die Unwetter in Zermatt VS verursachen im Hotel von Ski-Olympiasieger Max Julen Millionenschäden. Er bleibt gelassen. Der Tod von Sohn Marc vor zwei Jahren relativiert alles.

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Unwetter In Zermatt, Max Julen

Max Julen vor seinem Hotel Beau-Rivage in Zermatt. Der Wiederaufbau wird zum Wahnsinnsprojekt. «Und das kurz vor meiner Pensionierung!»

Kurt Reichenbach

Zwei Welten treffen in Zermatt aufeinander. Touristen aus allen Kontinenten machen Fotos und amüsieren sich prächtig. Gleichzeitig dröhnen Motoren, rufen Bauarbeiter sich gegenseitig Informationen zu. «Katastrophe», murmelt einer von ihnen mehrmals vor sich hin. Im Keller des Hotels Beau-Rivage wirken die Bauarbeiter in leuchtend orangen Westen wie lebendige Farbtupfer, die sich vom grau-braunen Schlamm abheben. In Gummistiefeln stapfen sie hin und her, transportieren Karretten voller Schlamm und Wasser aus dem Untergeschoss.

Am vergangenen Wochenende misst Hotel-Inhaber Max Julen (63) zwei Meter hohes Wasser im Keller. Auch das Restaurant ist überschwemmt. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen Franken: Das gesamte Mobiliar von Restaurant und Küche, die Fitnessgeräte, der Weinkeller, der Spa-Bereich, die Waschküche und die sanitären Anlagen – alles futsch. Und auch persönliche Gegenstände wie etwa Trophäen aus seiner Zeit als Weltcup-Skifahrer sind zerstört.

Unwetter In Zermatt

Vom Spa-Bereich des Hotels ist aktuell nicht mehr viel zu erkennen. Bauarbeiter räumen nun erst einmal den Schutt weg.

Kurt Reichenbach

«Alles nur materiell»

In Panik gerät der 63-Jährige deswegen nicht. Die Versicherung sei kulant und komme für das meiste auf. «Ausserdem ist doch alles nur materiell.» Seine Sicht auf das Leben verändert sich vor zwei Jahren. Max Julen und Ehefrau Karin verlieren ihren damals 23-jährigen Sohn Marc. Knapp zehn Jahre lang hat dieser an einer Herzkrankheit gelitten. «Ja, die Überschwemmungen sind mühsam. Aber das Hotel und das Restaurant können wir wieder instand stellen.Marc hingegen ist für immer weg.» Und weg ist wegen der Wasserschäden nun auch ein Bild von ihm. Es zeigt Marc zusammen mit der ganzen Familie beim Golftraining. Das jüngste von drei Kindern war im Walliser Golfkader. Besonders emotional trifft der Schaden am Hotel auch Martin Julen, Max’ Vater. Der 96-Jährige hat das Hotel 1979 aufgebaut. «Der Papa will es sich gar nicht anschauen», erzählt der Sohn.

Unwetter In Zermatt

Der gesamte Aussenbereich inklusive Gartenmöbel wird vom Wasser aus dem Triftbach überschwemmt.

Kurt Reichenbach

Zermatter zeigen sich solidarisch

Dazu kommt, dass die Familie Julen die Hotelzimmer gerade erst renoviert hat. Das Unwetter wütet gleich zum Start der Sommersaison. Als die Familie die Fluten aus dem Triftbach strömen sieht, befürchten alle, dass das Wasser in die oberen Stockwerke gelangt. Die Zimmer bleiben aber verschont. Einen Monat lang wird es dauern, bis alles wieder sauber und geputzt ist. Dann folgen die Wiederaufbauarbeiten.

Im Dezember sollen die Gäste die Hotelzimmer voraussichtlich wieder beziehen und im Restaurant speisen können. Zukünftig werde die Gemeinde hoffentlich mehr Sicherheitsmassnahmen ergreifen, hofft Julen. «Ein Feuer hätten wir löschen können. Bei Wasser ist man in diesem Stadium wehrlos.» In der Not ist man in Zermatt aber füreinander da. Am Wochenende kamen viele Verwandte und Freunde, darunter auch Olympiasieger Pirmin Zurbriggen, und halfen beim Schaufeln. «Das ist einfach unglaublich und berührt uns sehr.» Der Zusammenhalt scheint stärker als die Kraft der Wassermassen – und schafft gleich ein neues Fundament für die Zukunft.

Von Vanessa Nyfeler am 30. Juni 2024 - 06:00 Uhr