Alle drei waren Schwingerköniginnen. Aber zu verschiedenen Zeiten. Wer hätte die anderen wohl ins Sägemehl gedrückt, wenn sie damals zusammen gegriffen hätten? Diana Fankhauser, 26, überlegt nicht lange. «Ihr», sagt die aktuelle Schwingerkönigin zu Eveline und Margrit. «Ich hätte keine Chance gehabt gegen euch, ihr seid viel kräftiger gewesen.» Die Tanten nicken, alle drei lachen. Eveline Dolder-Fankhauser, 43, erinnert sich ans Fest, bei dem sie ihren ersten Kranz gewann: «Die Gegnerinnen fielen um wie Zündhölzli.» Diana schmunzelt: «Wahrscheinlich hätte ich auch heute noch keinen Stich gegen dich.»
Stämmig und geerdet stehen sie da, beim Bauernhof Grosshorben in Eggiwil BE im Emmental. Diana Fankhau ser, Schwingerkönigin 2018 und 2022. Eveline Dolder, Schwingerkönigin 2000 und 2001. Und Evelines Schwester Margrit Vetter-Fankhauser, 36: Sie war 2013 und 2014 die Böseste. Auch Dianas Mutter Rosmarie, die Schwester von Eveline und Margrit, war eine aktive Schwingerin – und deren Cousine Ruth Wüthrich wurde 1993 Schwingerkönigin, sieben Jahre vor ihrem Tod.
Hier oben auf 1220 Metern über Meer sind Eveline und Margrit aufgewachsen. Sanfte Hügel, Kuhglockengebimmel. Bis zum nächsten Nachbarn runter ists eine halbe Stunde Fussmarsch, bis zumSchulhaus, auf halbem Weg hinunter ins Dorf, eine Stunde. «Im Winter fuhren wir mit Ski und Schlitten zur Schule, stapften wieder hoch. Die Arbeit auf dem Hof war schön, aber hart. Dank ihr holten wir die Kraft fürs Schwingen», schaut Eveline zurück. Schon als Meitschi griff sie auf dem Bödeli vor dem Hof mit ihren fünf Geschwistern zusammen, unter Anleitung ihres Ätti – Vater Bern hard war ein bekannter Schwinger. Noch heute sind die Königinnen oft zu Besuch auf dem Grosshorben.
48 Kränze hat Eveline in ihrer 2003 beendeten Karriere geholt. Bei Margrit kamen 44 Kränze zusammen, ihre Zwilchhosen hat sie 2014 an den Nagel gehängt. Eveline ist gelernte Hauspflegerin, Margrit hat eine Ausbildung als BäckerinKonditorin und als Fachfrau Gesundheit. Heute leben beide als Bäuerinnen mit ihrer Familie auf ihren Höfen, Dolder in Röthenbach im Em mental BE, Vetter in Escholzmatt LU. «Auf Diana sind wir alle mega stolz!»
Als Fünfjährige begleitet Diana ihre Mutter und Tante Margrit erstmals ins Training im Schwingkeller des Schwingklubs Ämmitau in Langnau. Drei Jahre später bestreitet sie ihr erstes Schwing fest. in der Kategorie III, heute Zwärgli genannt. «Ich war die Kleinste.» Diana lacht. Das passiert ihr (1,60 m, 60 kg) noch heute oft. «Technisch war Diana schon damals gut», sagt Margrit. «Auf dem Schwingplatz trug sie gelbe Hosenträger mit farbigen Smileys. Riefen wir ihr einen Rat zu, setzte sie ihn um.» Als sie acht Jahre alt war, zog Dianas Familie auf ihren Bauernhof in Chesalles-sur-Oron VD.
«Gritlä und Evlä sind meine grossen Vorbilder. Auch ich wollte Schwingerkönigin werden.» Doch Diana getraut sich nicht, das jemandem zu sagen. Bis sie ins Mentaltraining von Snowboardcross-Olympiasiegerin Tanja Frieden, 46, geht. «Bei ihr lernte ich, mehr an meine Fähigkeiten zu glauben.» Zwei Jahre später ist Diana erstmals Königin. Energy-Coach Tanja Frieden: «Diana ist feinfühlig, keck, visionär. Ein grosses Vorbild für die Frauen und den Sport der neuen Zeit.»
"Evlä und Gritlä waren schon immer meine grossen Vorbilder"
Heute arbeitet Fankhauser als me dizinische Praxisassistentin in Châtel-St-Denis FR, zu Hause ist sie auf dem elterlichen Hof. Meist trainiert sie drei bis viermal pro Woche im Schwingkeller – abwechselnd mit Schwingerinnen und Schwingern. Unmittelbar vor einem Wettkampf fokussiert sie sich auch mit Musik: zum Beispiel mit «Oh My Love» von Rea Garvey und «Castle on the Hill» von Ed Sheeran. Dann gehts in den Ring – Attacke!
Seit diesem Jahr hat Fankhauser ihren ersten Sponsor: den Getränkehersteller Adelbodner. Er unterstützt die Königin mit einem jährlich fixen Betrag – «die ser ist sicher nicht so hoch wie bei den Königen». Zudem erhält sie Adelbodner Getränke à discrétion. Den 16prozentigen SchwingerShot mit der rosa roten Etikette hat die Firma ihr gewid met, den alkoholfreien dem König Mätthel Glarner.
Nach ihrem ersten Titel hat Diana Blut geleckt, sie will weiter auf den Pfa den ihrer Tanten gehen. Und trainiert noch intensiver. In Uezwil AG holt sie vergangenen August ihren zweiten KöniginnenTitel, angefeuert von Mutter Rosmarie, ihrer Schwester, Tante Margrit und vielen Freundinnen und Freunden. Danach geniesst sie mit Margrit und der Mutter das Konzert der Büetzer Buebe im Zürcher Letzigrund. Ein paar Tage später das Fest auf dem elterlichen Hof – die ganze Familie feiert! Eine Sprachnachricht freut Diana besonders: Die Könige Stucki, Glarner, Sempach, Forrer, Rüfenacht und Käser gratulieren ihr als neuer Königin gemeinsam. Zu später Stunde nimmt sie Tante Margrit in die Arme. «Danke! Jetzt gehöre ich zu euch.»