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Hinter den Kulissen des ESCs

Die stillen Helden des ESCs in Basel

Die Musikwelt schaut gespannt nach Basel. Damit der ­ESC in der St. Jakobshalle geschmeidig über die Bühne geht, braucht es fleissige Hände. Wer sind die ­Helferinnen und Helfer, die den grössten ­Musikwettbewerb der Welt in der Schweiz möglich machen?

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Die eigenen Visua­lisierungen auf der Bühne und am Bildschirm zu ­sehen, macht Artur Deyneuve stolz. «Ich kann es kaum erwarten.»

Die eigenen Visualisierungen auf der Bühne und am Bildschirm zu sehen, macht Artur Deyneuve stolz. «Ich kann es kaum erwarten.»

Fabienne Bühler

Kreativschöpfer: Artur Deyneuve

Simpel und wirkungsvoll: So beschreibt der in Zürich wohnhafte Portugiese Artur Deyneuve sein kreatives Werk. Als Art Director verantwortet der 40-Jährige den diesjährigen visuellen ESC-Auftritt und die dazugehörige Klangwelt. «Mich hat in erster Linie die direkte Demokratie inspiriert, bei der das gegenseitige Zuhören ein essenzieller Punkt ist. Nur wer ein offenes Ohr für andere hat, findet den Weg zur Liebe», erklärt er und führt aus: «Aus diesem Gedanken ist meine Idee entstanden, das Herz in den Fokus des Branding zu stellen. Speziell dabei ist, dass im Symbol die Herzflügel eigentlich zwei Ohrmuscheln sind.»

Bei der Klangwelt war es ihm wichtig, Tradition und Moderne stilvoll zu vereinen. So treffen Jodel, Basler Tambouren, Hackbretter und Alphörner auf Techno. «Meine Arbeit in der ganzen Stadt zu sehen, immer wieder zu hören und all die Liebe erfahren zu dürfen, ist wundervoll. Jetzt bin ich gespannt, wie meine Visuals letztlich im Fernsehen wirken werden – diese habe ich extra für die Übertragung angepasst.»

Funkmeisterin: Svenja Dunkel

Svenja Dunkel (47) hört, was andere nicht mal erahnen. Als Wireless-Managerin sorgt sie mit ihrem Team im dunklen Kämmerchen dafür, dass jedes Mikrofon und jedes In-Ear-Bodypack zuverlässig läuft und perfekt sitzt – trotz fordernden Tanzeinlagen und aufwendigen Tüll-Outfits. Seit über zwei Jahrzehnten ist die Hannoveranerin bei grossen Shows im Einsatz, etwa mit Helene Fischer auf Tour, wo spektakuläre Performances zur Tagesordnung gehören.

Den ESC kennt sie bestens, da sie 2017 in Kiew bereits dabei war. Zur St. Jakobshalle hat sie allerdings ein zwiespältiges Verhältnis. «Es ist Fluch und Segen zugleich: Durch die dicken Wände kommt der Funk kaum durch. Wir mussten unzählige Antennen aufstellen, um eine ganzheitliche Abdeckung zu gewährleisten. Immerhin: Dafür kommen keine störenden Frequenzen von aussen rein.» Im Moment versucht sie mit ihrem Team, einen Gerätedefekt einzukreisen, um diesen zu beseitigen. «Das schaffen wir aber sicher», meint sie mit einem breiten Lachen.

Um für alle Situationen gewappnet zu sein, hat sich Svenja Dunkel ­einen eigenen Funk­gürtel zusammen­gestellt.

Um für alle Situationen gewappnet zu sein, hat sich Svenja Dunkel einen eigenen Funkgürtel zusammengestellt.

Fabienne Bühler

Menschenkenner: Tom Khan

Tom Khan kommt den ESC-Stars näher als die meisten – manchmal sogar näher, als ihm lieb ist. Als IEM-Dresser ist er dafür verantwortlich, dass alle Musikerinnen und Musiker vor dem Auftritt korrekt verkabelt sind. In-Ear-Systeme ins Ohr, Bodypack an den Gürtel – und nach dem Auftritt alles wieder runter. «Ich bin oft einer der Letzten, die den Artistinnen und Artisten so nahe kommen, und versuche, ihnen vor dem Betreten der Bühne ein Stück Nervosität zu nehmen», sagt der 38-Jährige. Doch spätestens im Nachgang ist es dann nicht mehr so schön: «Wenn sie am Rücken geschwitzt haben und ich die Kabel abnehmen muss, wirds unangenehm», witzelt der Deutsche.

Den Ekel hat er gezwungenermassen längst abgelegt. Khan reinigt nach der Show auch sämtliche Ohrstecker – mit stoischer Ruhe: «Den Schmalz zu entfernen, stört mich nicht. Das ist für mich meditativ. Natürlich nur solange es in einem gesunden Rahmen bleibt. Ich habe auch schon Wattestäbchen verteilt», sagt er lachend. 

Um die Teilnehmenden in kürzester Zeit abfertigen zu können, hat Tom Khan ein Flaggensystem ent­wickelt – nun muss er ­die noch ­auswendig lernen.

Um die Teilnehmenden in kürzester Zeit abfertigen zu können, hat Tom Khan ein Flaggensystem entwickelt – nun muss er die noch auswendig lernen.

Fabienne Bühler

Stimmungsmacherinnen: Selly Meier & Marina Solioz

Von null ein neues Team aufzubauen und ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen, ist eine Mammutaufgabe. Es kommen plötzlich Hunderte Menschen zusammen aus verschiedenen Bereichen, Ländern und mit diversen Hintergründen. Um dies in kürzester Zeit hinzubekommen, sind die Mood-Managerinnen Selly Meier (29) und Marina Solioz (50) verantwortlich. Das Duo stellt den Menschen in den Fokus und versucht, Motivation und Energie möglichst hochzuhalten.

«Wir versuchen, frühzeitig Spannungen zu erkennen, bei kleineren Konflikten zu vermitteln und bei grösseren Themen die zuständigen Stellen zu informieren. Wenn die Stimmung gut ist, sorgen wir dafür, dass es so bleibt – mit Süssigkeiten, Deko, Gesprächen und aktiver Unterstützung in den Teams», erklären sie. Für beide sei es ein Traumjob, der grosse Freude bereite. Die Luzernerin Selly ist eigentlich freischaffende Choreografin und Regisseurin. Zudem ist sie abseits des ESC als Dozentin für Schauspiel und Tanz tätig. Die Genferin Marina arbeitet Teilzeit als Arzthelferin und nebenbei als Lifecoach und Energietherapeutin.

Wenn bei Selly Meier und Marina Solioz (r.) die Stimmung kippt, stellen sie einander auf. Ansonsten hilft es ihnen, tief durchzuatmen.

Wenn bei Selly Meier und Marina Solioz (r.) die Stimmung kippt, stellen sie einander auf. Ansonsten hilft es ihnen, tief durchzuatmen.

Fabienne Bühler

Sicherheitsexpertin: Aurore Chatard

Ein Anlass in dieser Grössenordnung birgt ein enormes Sicherheitsrisiko. Um dieses möglichst klein zu halten, laufen seit Monaten Vorbereitungen. Federführend ist Aurore Chatard als Head of Security seitens der SRG. Die Westschweizerin kann auf einen beeindruckenden Erfahrungsschatz zurückgreifen: So war sie unter anderem bei der französischen Marine und mit Blauhelmtruppen in Kriegsgebieten unterwegs. «Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Schweiz sehr sicher. Nichtsdestotrotz: Die Weltlage ist angespannt, weshalb wir auf alles gefasst und vorbereitet sind», sagt sie.

Ein besonderer Fokus liege auf Cybersecurity: «Bei diesem Thema stellt sich nicht die Frage, ob es passieren wird, sondern viel eher, wann.» Dass eine enorme Verantwortung auf ihren Schultern lastet, bekommt sie ordentlich zu spüren: «Die Nächte sind teilweise kurz, da die Gedanken zum Auftrag stets präsent sind. Auch mein Handy ist immer auf laut – zum Glück läuft vieles bereits ausgesprochen gut, weshalb es nachts nur selten läutet», freut sie sich.

420 Funkgeräte sind über alle ­Berufsgruppen ­hinweg im Einsatz – ihres legt Aurore Chatard nicht weg. Ebenso wenig die zwei Handys und das Notebook.

420 Funkgeräte sind über alle Berufsgruppen hinweg im Einsatz – ihres legt Aurore Chatard nicht weg. Ebenso wenig die zwei Handys und das Notebook.

Fabienne Bühler

Schönheitsvirtuose: Joshua Leuthold

Zwischen Haarteilen und Haarspray herrscht Hochbetrieb: Joshua Leuthold ist Head of Hair and Make-up und führt ein 14-köpfiges Team, das im Akkord arbeitet. Rund 200 Stylings pro Tag müssen sitzen, denn viele Tänzerinnen und Tänzer stehen gleich mehrfach auf der Bühne. «Für die Moderatorinnen, Showacts und Künstler haben wir zum Glück etwas mehr Zeit», verrät der Zürcher – und bleibt trotz Tempo gelassen. Die eigentliche Herausforderung lauert allerdings ganz woanders: beim Arbeitsort. Denn geschminkt und frisiert wird in einem Hallenbad, das zur Halle gehört. «Damit wir hier arbeiten können, wurde extra das Wasser abgelassen und ein Boden über dem Becken gebaut. Das ist verrückt – und eine einmalige Erfahrung», erzählt der 34-Jährige begeistert. Das Licht? Mangelhaft. Die Umstände? Improvisiert. Und trotzdem: «Mein Team ist hoch motiviert – wir lieben die Herausforderung und freuen uns darauf, gemeinsam etwas Grossartiges auf die Beine zu stellen.»

Um die Teilnehmenden in kürzester Zeit abfertigen zu können, hat Tom Khan ein Flaggensystem ent­wickelt – nun muss er ­die noch ­auswendig lernen.

Um die Teilnehmenden in kürzester Zeit abfertigen zu können, hat Tom Khan ein Flaggensystem entwickelt – nun muss er die noch auswendig lernen.

Fabienne Bühler

Kulinarikkünstler: Moritz Kuhnel

Wer hart arbeitet, hat auch ordentlich Hunger. Damit die rund 1300 Mitarbeitenden, Helferinnen und Helfer im 24-Stunden-Schichtbetrieb versorgt sind, koordiniert Moritz Kuhnel (43) als Catering-Chef einen logistischen Kraftakt. Der Basler wickelt Bestellungen ab, kommuniziert mit Lieferanten und sorgt dafür, dass das Essen stets rechtzeitig bereitsteht. Dabei geht es nicht nur um Mengen, sondern auch um Wirkung: «Essen ist etwas Wohltuendes. Wenn es schmeckt, hat das Einfluss auf die Stimmung – und damit auf die Arbeit. Zum Glück ist das Feedback bisher sehr gut.»

Anfangs wurde über ein rein vegetarisches Küchenkonzept nachgedacht – doch davon ist man rasch abgekommen: «Die Büezer hätten wohl nicht so Freude, wenn sie sieben Wochen lang kein Fleisch kriegen», sagt Kuhnel lachend. Besonders bei ihnen sei der Energiebedarf hoch: «Deren Portionen wiegen bis zu 800 Gramm – das Doppelte des Durchschnitts.»

Moritz Kuhnel und sein Team setzten vor allem auf gutbürgerliche Schweizer Küche. Das bisher mutigste Menü: Riz Casimir – «mit überraschend guten Rückmeldungen».

Moritz Kuhnel und sein Team setzten vor allem auf gutbürgerliche Schweizer Küche. Das bisher mutigste Menü: Riz Casimir – «mit überraschend guten Rückmeldungen».

Fabienne Bühler
Toni Rajic von Schweizer Illustrierte
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Von Toni Rajic am 13. Mai 2025 - 06:00 Uhr