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Digi-Tal Siegerprojekt 2023

Ein Sensor hält Wache

Die Digitalisierung im Dienst von Pflege und Medizin: Der «Digi-Tal Schweiz»-Preis 2023 geht an das Berufs­bildungszentrum Olten und das Start-up-Unternehmen Qumea. Eine bahnbrechende Kooperation.

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v.l. Aitana Tauss, Patrik Süess, Fidelma Sax - Aitana Tauss erklärt Fidelma Sax das Patientenüberwachungssystem.

Präsenz Die Pflegenden sind per App immer mit dem Überwachungssystem verbunden.

Roger Hofstetter

Es ist ein unfreundlicher Wintertag: grau, kühl, ungastlich. Und dennoch herrscht am Berufsbildungszentrum Olten Feierstimmung. Das Bildungsinstitut darf zusammen mit dem Technologie-Start-up Qumea die Auszeichnung «Digi-Tal der Schweiz» 2023 entgegennehmen. «Freude herrscht!», sagt BBZ-Direktor Georg Berger augenzwinkernd.

Der Preis steht für die Integration einer technologischen Errungenschaft in den Lehr-plan der Höheren Fachschule HF Pflege. Die künftigen Pflegefachpersonen werden an der App von Qumea geschult, die über einen Sensor die Aktivität und Mobilität von Patienten und Heimbewohnenden überwacht und dazu beiträgt, das Sturz- und Verletzungsrisiko zu reduzieren. Wer sich schon einmal einer Operation unterziehen lassen musste oder bei Bekannten auf Spitalbesuch war, kennt dieses beklemmende Gefühl: Operierte sind (gerade kurz nach Eingriffen) oft reduziert, verwirrt und unselbstständig. Dann werden alle Bewegungen zur Herausforderung, selbst die natürlichsten Abläufe sind Herkulesaufgaben und stellen so neue Gefahrenmomente dar. Vor allem das Sturzrisiko steigt in diesen Situationen markant. Bisher konnte nur eine dauernde Bettwache dies ausschliessen.

Patientenüberwachungsgerät (mit Radartechnologie) - Hand von Cyrill Gyger

Diskret Der Sensor ist an der Decke des Patientenzimmers angebracht.

Roger Hofstetter

Das Start-up Qumea hat nun einen neuen Ansatz zur Lösung des Problems gefunden – in Form eines Sensors und einer intelligenten und dennoch leicht anwendbaren Software, mit der sich Aktivität und Mobilität der Patienten diskret und zuverlässig überwachen lassen und sofortige Hilfe gerufen werden kann. Dank frühzeitigem Erkennen von Gefahren kann das Pflegepersonal schon dann eingreifen, wenn noch nichts passiert ist. «Wir bieten effektive Prävention und leisten einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der Pflegenden», sagt Deborah Leuenberger, Customer Success Managerin von Qumea.

Theorie und Praxis im Zusammenspiel

HF-Rektor Daniel Hofer streicht vor allem den Wert der Kooperation der beiden ungleichen Unternehmen hervor: «Die Zusammenarbeit ermöglicht uns einen wechselseitigen Bezug zwischen Theorie und Praxis, Wissenschaft und beruflicher Anwendung. Als Ergebnis davon werden Wissen und Fähigkeiten erweitert – und damit neue und zukunftsweisende Kompetenzen gebildet.» Im Erwerb von Kompetenzen auf der Grundlage neuer, digitaler Technologien liege ein grosser Mehrwert für alle Beteiligten, so Hofer.

Auch Cyrill Gyger, CEO von Qumea, streicht den Wert der branchenübergreifenden Kooperation hervor: «Der Preis ist eine starke Anerkennung der Relevanz von digitaler Unterstützung im Gesundheitswesen. Dass die Kooperation zwischen Pflegeausbildung und Qumea die Auszeichnung erhält, ist zusätzlich bedeutsam, da sie den Nutzen digitaler Systeme bereits in der Ausbildung Pflegender unterstreicht.»

Internationale Resonanz

Die Resonanz des Preises geht über die Landesgrenzen hinaus. Neben den grossen Erfolgen in der Schweiz wachse das Interesse an Qumea auch im Ausland kontinuierlich. So werde das digitale Frühwarnsystem bereits in Deutschland, Schweden und Finnland eingesetzt. Auch funktional wachse das System weiter, um die Pflegenden künftig noch umfassender zu unterstützen, so Qumea-Chef Gyger.

Dass dank der Innovation der Fachkräftemangel behoben werden kann, negieren gleichwohl alle Beteiligten. Gyger: «Kein Computer kann den Menschen je ersetzen. Aber er kann ihn unterstützen.» So gehe es nicht in erster Linie darum, personelle Ressourcen einzusparen, sondern die Pflegenden noch effizienter und zielgerichteter einsetzen zu können: «Wenn dank der Qumea-App das Pflegepersonal den Patienten mehr Qualitätszeit schenken kann, sind alle glücklich.»

v.l. Georg Berger, Cyrill Gyger

Kongeniales Duo Georg Berger vom BBZ Olten mit Qumea-CEO Cyrill Gyger (r.): «Der Preis ist eine starke Anerkennung.»

Roger Hofstetter

Übergeordnete Kompetenz für Studierende

HF-Lehrperson Stephanie Lüthi, früher selber in der Pflege tätig, weist auf die vielschichtige Ausbildung hin, die für die korrekte Anwendung der digitalen Patientenüberwachung nötig ist: «Wir kommen automatisch in den Bereich von ethischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten. Längst nicht alle Patienten und ihre Angehörigen stehen solchen Anwendungen unkritisch gegenüber.» Umso wichtiger sei es, dass das Personal auch in diesen Bereichen geschult werde. Vor diesem Hintergrund sei die App von Qumea ein perfektes Instrument, um die gesamte Thematik in all ihren Schattierungen aufzugreifen.

Rektor Daniel Hofer unterstreicht diesen Aspekt: «Wir wollen unseren Studierenden eine übergeordnete Kompetenz vermitteln. Das Gesundheitswesen ist ein hochdynamisches Umfeld. Und bei der Verwendung von neuen Technologien ist das kritische Hinterfragen oft unabdingbar.»

So oder so hat die Entwicklung in diesem Bereich wohl erst richtig Fahrt aufgenommen. Am BBZ Olten ist man sich bewusst, dass jede Neuerung auch eine grosse Verantwortung mit sich bringt. Und auch in dieser Beziehung will man mit gutem Beispiel vorangehen. Der Preis des «Digi-Tal der Schweiz» ist ein deutliches Indiz dafür, auf dem richtigen Weg zu sein. 

Von Thomas Renggli am 3. März 2023 - 10:59 Uhr