Abgeschlossen hat er noch nicht. Damit, wie er nach etwas mehr als zwei Jahren im Amt zum Buhmann gemacht wurde. Damit, wie auch ihm als Sportchef des FC Basel der Misserfolg des Clubs in die Schuhe geschoben wurde. Im Juni 2019 schliesslich zieht Marco Streller, 39, die Reissleine und gibt seinen Posten ab. «Ich bin das immer noch am Verarbeiten», sagt Streller im Podcast «Ehrenrunde» über seinen Abgang. «Als Sportchef beim FC Thun wäre das einfacher für mich gewesen. Aber der FCB ist eine pure Herzensangelegenheit.»
Im Joggeli wird der langjährige Schweizer Natispieler gross. Nach seiner Jugendzeit startet er seine Profikarriere beim FCB. Wandert einige Jahre und einige nationale Wechsel später nach Deutschland ab, um von 2007 bis 2015 noch einmal für den FCB aufzulaufen. Und der aktiven Karriere in seiner Heimatstadt schliesslich den Rücken zu kehren.
2017 wird er bei «seinem» Club als neuer Sportchef vorgestellt. Die Stimmen von Beginn weg: kritisch. Streller versucht sich zu behaupten – und scheitert. Auch an sich. «Du kommst in eine Management-Position und schwimmst. Und hast daneben eine Crew, die auch neu ist und selber schwimmt. Dann hast du Heckenschützen überall, die deinen Job wollen. Dann bist du nicht Erster, nimmst mal das Maul etwas voll und trägst das Herz auf der Zunge, wie ich es getan habe. Und dann kommt brutale Kritik und du sitzt im Büro und denkst: ‹Scheisse, ich habe mich überschätzt. Oder die Situation falsch eingeschätzt.›»
Im Juni 2019 tritt er schliesslich nach «zwei, drei Sachen, die ich nicht akzeptieren kann» und Uneinigkeiten bei der Weiterverpflichtung von Trainer Marcel Koller von seinem Amt zurück. Vorerst bleibt er im Verwaltungsrat, drei Monate später sagt er auch diesem Adieu. «Wenn man nicht mehr dahinterstehen kann, dann muss man konsequent sein. Dann muss man das beenden», begründet er. «Das habe ich in meinem Fall gemacht. Für mich hat sich der Rücktritt richtig angefühlt, auch wenn es unglaublich weh tat.»
Die turbulenten Tage beim FC Basel insbesondere zum Schluss seines Engagements wünscht sich Streller nicht zurück. «Es war eine sehr schmerzhafte Zeit», resümiert er. Das Rumhacken auf seiner Arbeit machte ihm zu schaffen – auch wenn man «nie meine Person, nur eine Funktion angegriffen» habe, wie er sagt.
Dennoch kam er nicht mit der Kritik klar. Die Überforderung: gross. «Ich bin sicher Richtung Burnout gegangen, wenn nicht sogar in einem drin gewesen», gibt er heute offen zu. Ein erfahrener Psychologe habe ihm dann gesagt, dass es für ein Burnout immer zwei brauche. Selbstvorwürfe macht er sich deswegen keine. «Ich konnte mich nicht vor den Gefahren schützen, die intern und extern lauerten. Weil ich auch keine Ausbildung hatte.»
Auch deshalb bildet er sich nun an der Uni St. Gallen weiter. Seine Tätigkeit beim FC Basel aber hat Marco Streller eine Erkenntnis fürs Leben gewinnen lassen: Er will nicht mehr Sportchef sein. «Ich merkte, dass meine Stärken nicht kompatibel mit dem Job sind», erklärt er. Beim Überzeugen der Spieler sei er stark gewesen. «Aber wenns ums Verhandeln geht, kannst du einen anderen hinstellen. Das ist nicht meine Stärke.»
Dass er nach der Ära von Präsident Bernhard Heusler und Sportchef Georg Heitz und nach acht Meisterschaftstiteln in Folge den Mumm hatte, zu übernehmen, sei «schon ein bisschen wahnsinnig» gewesen, sagt Streller. «Da musst du ein bisschen einen Schaden haben.» Insbesondere, weil er nie die Ambition gehabt habe, FCB-Sportchef zu sein – und eher zufällig reinrutschte. «Bernhard und Georg sagten mir, es wäre schön, wenn ich das im Sport weiterführen würde, was sie verkörperten. Damit das weiterlebt.»
Seit Streller als Sportchef beim FC Basel übernommen hatte, hat der Verein seine Vormachtstellung verloren. Die letzten drei Schweizer Meistertitel gingen allesamt nach Bern. Kürzlich unterlag der FCB auch im Cupfinal Meister YB. Und steckt in einer tiefen Krise. «Ich bin als ehemaliger Sportchef sicher mitverantwortlich dafür, wo der FC Basel steht», anerkennt Streller. Er sei sehr selbstkritisch. «Aber seit dem Tag, als ich da rauslief, konnte ich die Dinge nicht mehr beeinflussen.» Und: «Gewisse Dinge hätten nicht funktioniert, auch wenn man Uli Hoeness hingestellt hätte.»
Seit seinem Abgang versuche er, die Dinge nicht mehr zu nahe an sich heranzulassen. «Aber wenn man jahrelang täglich ein und aus ging dort, dann geht das einem nahe.» Die Unruhe, die im und ums Joggeli herrscht, «mit wenig Emotionen und rational anzuschauen», erachtet der ehemalige Stürmer als schwierig. Denn trotz allem ist er dem Verein noch heute verbunden – und werde nie ein schlechtes Wort über den FC Basel sagen. «Weil es der Club meines Herzens ist.»