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«Hallo Betty»-Hauptdarstellerin Sarah Spale

«Familie und Beruf sind eine Jonglage»

Die Schauspielerin Sarah Spale verkörpert in «Hallo Betty» die Betty Bossi Erfinderin Emmi Creola-Maag. Im Interview spricht sie über Gleichberechtigung, Familienalltag und warum diese Rolle für sie etwas ganz Besonderes war.

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<p>Sarah Spale spielt im Film «Hallo Betty» die Werberin Emmi Creola-Maag.</p>

Sarah Spale spielt im Film «Hallo Betty» die Werberin Emmi Creola-Maag.

Fabienne Bühler

Sarah Spale bestellt einen Verveine-Tee, als sie sich im Restaurant Coucou im Zürcher Kreis 5 auf die Sitzbank setzt. Zu Mittag gegessen hat die Schauspielerin bereits. Es ist viel los bei der Baslerin – im August hat sie als Medea auf der Freilichtbühne Kreuzmatt in Sissach gestanden. Darauf folgen Pressetermine für «Hallo Betty». Sarah Spale (44) verkörpert darin Emmi Creola-Maag, die Erfinderin von Betty Bossi. Während sieben Wochen stand sie dafür in Zürich und Winterthur vor der Kamera. Was ihr besonders in Erinnerung geblieben ist? Eine schöne Zusammenarbeit und das gute Essen am Set. «Wir hatten ein tolles Catering, das jeden Tag gesund und frisch für uns gekocht hat – das ist der beste Support für lange Drehtage.»

Sarah Spale, was hat Sie motiviert, die Rolle der Emmi Creola-Maag in «Hallo Betty» anzunehmen?

Sarah Saple: Ich wusste natürlich, wer Betty Bossi ist, die Person dahinter kannte ich allerdings noch nicht. Es interessierte mich, wer diese moderne Frau in den 1950ern war, und ich wollte sie und ihre Geschichte näher kennenlernen. Im Film ist Emmi Creola-Maag eine Protagonistin in meinem Alter – ich bin 44, ebenso ist sie Mutter und berufstätig. Emmi war ihrer Zeit voraus, das hat mein Interesse geweckt. Und natürlich war es schön, dass ich wieder mit dem Produzenten Peter Reichenbach und Regisseur Pierre Monnard zusammenarbeiten konnte, wie bei «Platzspitzbaby». In dieser Zusammenarbeit ist ein tiefes Vertrauen gewachsen.

<p>Die Dreharbeiten für «Hallo Betty» dauerten sieben Wochen. Für Sarah Spale war es das erste Mal, dass sie die Drehtage ohne schlechtes Gewissen gegenüber ihren zwei Söhnen absolvieren konnte. </p>

Die Dreharbeiten für «Hallo Betty» dauerten sieben Wochen. Für Sarah Spale war es das erste Mal, dass sie die Drehtage ohne schlechtes Gewissen gegenüber ihren zwei Söhnen absolvieren konnte. 

Fabienne Bühler

Was ist Ihnen aus Ihren ersten Auseinandersetzungen mit dieser Ikone geblieben?

Mir gefiel, dass Emmi Creola-Maag für ihre Selbständigkeit und eine gleichberechtigte Aufteilung der Familienarbeit einstand. Sie tat es nie als Kampfansage, vielmehr war es eine logische Schlussfolgerung, ein gesunder Pragmatismus. Es ging ihr, wie ich sie verstehe, nicht um ihren Erfolg, sondern um fortschrittliche Lösungen, die das Leben der Frau einfacher machen sollten. Zusammen mit ihrem Mann brachte sie Familie und Beruf unter einen Hut und liess sich trotz gesellschaftlicher Widerstände nicht beirren.

Sie haben sich auch mit Ines Diacon getroffen. Sie ist die älteste Tochter von Emmi Creola-Maag. Was konnten Sie aus diesem Gespräch mitnehmen?

Der Austausch mit Ines Diacon war spannend und hilfreich. Natürlich war da meinerseits auch etwas Ehrfürchtiges. Ich wollte Emmi Creola-Maag und ihrer Familie gerecht werden. Ines hat mir von der grossen Liebe zwischen Emmi und ihrem Mann Ernst erzählt. Das war wichtig und hat mir klargemacht, dass der Film auch eine Liebesgeschichte sein muss. Die Begegnung hat mir Mut gemacht. Wir verstanden uns gut und ich fühlte mich von ihr eingeladen, mich dieser Rolle zu widmen. Das war eine zusätzliche Hand auf meinem Rücken.

«Hallo Betty» spielt in den 1960er-Jahren. Es ist Ihr erster Film, der nicht in der heutigen Zeit angesiedelt ist. Was hat dies mit Ihnen gemacht?

Der Film spielt in einer Zeit, in der meine Grossmutter jung war, weit weg und gleichzeitig nah. Damals hat der Mann noch in vielen Belangen über die Frau bestimmt. Meine Grossmutter konnte noch nicht wählen. Zwar müssen sich Frauen in Männerdomänen leider heute noch behaupten, aber Creola-Maag musste dies noch viel stärker. Umso grösser ist ihre Leistung. Fasziniert hat mich auch der Umgang mit Maske und Kostüm. Die Stoffe zum Beispiel hatten eine hohe Wertigkeit, die sofort die Körperhaltung verändert.

<p>Sarah Spale: «Ich werde oft gefragt: Wie machst du das mit den Kindern?».</p>

Sarah Spale: «Ich werde oft gefragt: Wie machst du das mit den Kindern?».

Fabienne Bühler

Der Film berührt viele feministische Themen …

Ich realisierte, wie zeitlos das Thema Vereinbarkeit ist. Wie bringen wir Familie und Beruf unter einen Hut? Im Film sieht man, dass Ernst seine Frau unterstützt. Er krempelt die Ärmel hoch, er hilft, macht den Abwasch. Und trotzdem gibt es Grenzen. Das ist bis heute nicht anders. Auch heute heisst es noch oft, dass der Mann zu Hause «mithilft». Mithelfen bedeutet aber, dass die Gesellschaft die Verantwortung für die Familie noch immer der Frau zuschreibt.

Es ist also auch ein moderner Film?

Unbedingt! Viele Frauen kämpfen noch heute mit diesen Themen. Meine Mutter hat als Lehrerin gearbeitet und wurde dafür kritisiert. Ich fand es ganz normal, dass sie arbeiten ging und eine selb- ständige Person war. Ich empfand es nie als Manko. Im Gegenteil: Es war selbstverständlich, dass wir zusammen den Tisch deckten und das Essen vorbereiteten. Wer macht die Salatsauce? Wer schneidet das Brot? Es gab zwischendurch auch mal eine Fertigrösti, die wir Kinder alle lieber hatten als die selbstgemachte.

Erleben Sie das ebenfalls in Ihrem Alltag?

Ich werde oft gefragt: Wie machst du das mit den Kindern? Spannend, weil diese Frage kaum je einem berufstätigen Vater gestellt wird. Familie und Beruf bedeuten eine Jonglage für alle Elternteile, die eine gleichberechtigte Aufteilung anstreben. Das ist im Film schön zu sehen. Der gesellschaftliche Umgang zeigt mir aber, dass die Verantwortung noch immer mehr bei der Mutter verortet wird.

Stören Sie solche Kommentare?

Es ärgert mich, dass wir als Gesellschaft nicht weiter sind. Und es ärgert mich auch, dass es einen Einfluss auf mich und meine Söhne hat. Es kostet mich nach wie vor immer wieder Kraft, mich gegen ein Gefühl der Unzulänglichkeit zu wehren. Es gab Zeiten, da fand ich es schwierig, arbeiten zu gehen, weil ich das Gefühl hatte, ich würde meinen Kindern dadurch nicht genug geben. Der Film «Hallo Betty» ist das erste Projekt, seit ich Mutter bin, welches ich ohne schlechtes Gewissen realisiert habe. Das liegt einerseits an viel innerer Arbeit, am gemeinsamen Einsatz meines Partners und mir für eine gleichberechtigte Familienverantwortung und wohl auch daran, dass meine Kinder inzwischen elf und fünfzehn Jahre alt sind.

Was haben Sie bei diesem Film gelernt?

Es waren intensive sieben Wochen, die ich mit viel Energie halten konnte und jeden Tag positiv erlebt habe. Das ist nicht selbstverständlich und ich freue mich darüber. Von der bodenständigen Emmi Creola-Maag habe ich mich erden lassen. Es war eine gute Erfahrung, immer wieder bewusst bis ins Becken zu atmen und auf beiden Fudibacken zu sitzen. Auch wenn es beim Kochen mal schnell gehen muss, ist das gemeinsame Essen eine wertvolle Pause im Alltag. Emmi Creola-Maag inspiriert mich nicht nur mit ihren Rezepten von Betty Bossi. Ihre Überzeugung, dass es manchmal auch einfach geht und trotzdem gut ist, gefällt mir.

Von Manuela Enggist vor 5 Stunden