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V-Zug-Chef Christoph Kilian

«Frauen haben meist das letzte Wort»

Seit rund 100 Jahren produziert V-Zug Haushaltgeräte auf Zuger Stadtboden. Der neue Chef Christoph Kilian über die Fabrik der Zukunft, den Produktionsstandort Schweiz und die Ratschläge von prominenten Starköchen.

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<p>V-Zug-Konzernchef Christoph Kilian vor dem Skelett einer Waschmaschine, in der Hand hält er eine Blende: Statt zu schreddern, zerlegt V-Zug das Gerät für die Wiederverwertung in seine Einzelteile.</p>

V-Zug-Konzernchef Christoph Kilian vor dem Skelett einer Waschmaschine, in der Hand hält er eine Blende: Statt zu schreddern, zerlegt V-Zug das Gerät für die Wiederverwertung in seine Einzelteile.

Marco Bilic

Christoph Kilian steht in der Pilotanlage der «Kreislaufwirtschaftsfabrik» auf dem historischen Produktionsgelände von V-Zug mitten in der Stadt Zug. Der neue Konzernchef des Haushaltgeräte-Herstellers schwärmt vom Potenzial der Wiederverwertung von Teilen und Materialien – und von der völlig neuartigen vertikalen Fabrik. «Sie arbeitet wie alle modernen Fabriken über mehrere Stationen verteilt. Neu ist dabei, dass man über verschiedene Stock-werke statt auf einer Fläche produziert», sagt der 51-Jährige. Dadurch könne man die Grundfläche der Produktion halbieren und gleich- zeitig die Produktionskapazität erhöhen. «Zum anderen sind wir an einem Pilotprojekt für eine Kreislauffabrik, die die normale Fabrikation nicht ersetzen, sondern ergänzen wird.»

Herr Kilian, wie viele Leben hat ein Backofen oder ein Geschirrspüler?

Eines ist ganz wichtig: Unsere Haushaltgeräte sind so gebaut, dass sie ein langes Leben haben, energieeffizient und reparierbar sind. Es kann natürlich passieren, dass mal etwas kaputtgeht. Deshalb stellen wir weiterhin mindestens 15 Jahre lang Ersatzteile zur Verfügung. Wir haben Reparaturquoten von 90 Prozent bei Geräten, die zwischen 10 und 15 Jahre alt sind, 80 Prozent bei Geräten zwischen 15 und 20 Jahren.

Dann bauen Sie Ihre vertikale Fabrik für die Katz?

Überhaupt nicht! Neue Geräte werden immer gebraucht werden; dafür haben wir die vertikale Fabrik. Für die Aufbereitung, also Second Life, eignet sich eine 20- oder 30-jährige Waschmaschine nicht. Da ist die Energieeffizienz neuer Geräte viel höher. Wenn wir von Zweitleben sprechen, handelt es sich um Produkte, die frühzeitig aus dem Markt kommen.

Aus welchen Gründen?

Sei es wegen eines Umzugs oder eines Küchenumbaus. Es können auch Ausstellungsgeräte sein. Solche Geräte eignen sich dafür, als ganzes Gerät wiederaufbereitet und verkauft zu werden. Anders sieht es bei einzelnen Teilen aus. Ein Ausgleichsgewicht einer Waschmaschine aus Grauguss, das sich quasi nicht abnutzt, könnten wir theoretisch 100 Jahre lang einsetzen. Grosses Potenzial haben Ersatzteile aus Reparaturen. Hier könnten wir aus der bestehenden installierten Basis über die Jahre Ersatzteile wiederaufbereiten.

Was ist in einer Kreislauffabrik anders?

Wir wollen Geräte nicht einfach nur recyceln, also schreddern oder entsorgen. Wir wollen die Materialien in den Kreislauf zurückführen und wieder nutzbar machen. Wir produzieren nicht nur neue Geräte, sondern bereiten gebrauchte Geräte auf oder bauen sie zurück. Die Kreislauffabrik ist eine Art Rückwärtsfabrik. Wir zerlegen die Geräte in ihre einzelnen Teile und sorgen dafür, dass wir jedes dieser Teile oder deren Materialien im Kreislauf behalten können. Wir starten im Pilotprojekt mit Waschmaschinen. Später wollen wir, gemeinsam mit unseren Partnern, das auf alle Geräte ausdehnen.

Bekommen Sie den Fachkräftemangel zu spüren?

Wir haben den Vorteil, dass man uns kennt. V-Zug ist eine beliebte Marke und ein beliebter Arbeitgeber. Der Service wird immer wichtiger. Zusammen mit unserem Fachverband arbeiten wir darauf hin, dass der Servicemonteur ein eigenständiger Lehrberuf wird. Im Moment holen wir die Leute aus anderen Branchen und lernen sie an.

Bilden Sie auch junge Menschen aus?

Ja, aktuell rund 90 Lernende in zehn verschiedenen Berufen – dies in den Bereichen Konstruktion, Mechanik, Logistik, Wirtschaft und weiteren spannenden Fachrichtungen.

Schafft die Kreislaufwirtschaft neue Jobs?

Die Kreislauffabrik kann neue Arbeitsplätze mit sinnvollem Inhalt schaffen. Geräte in der Kreislauffabrik zurückzunehmen und sie zu zerlegen, ist quasi eine neue Tätigkeit. Bis jetzt war das Ende eines Haushaltgeräts ein Schredderprozess. Da läuft alles vollautomatisch. Alles wird zerschlagen und zerkleinert. Man versucht dann, wertmässig wieder etwas herauszuholen. Bei Metallen funktioniert das sehr gut, bei allen anderen Materialien ist es oft ein Downcycling. Recycling ist gut, Kreislaufwirtschaft ist ein Schritt weiter.

<p>Der Münchner ist seit April dieses Jahres CEO des Schweizer Traditions-Haushaltgeräte-Her­stel­lers V-Zug und Chef von über 2000 Mitarbeiten­den. Zuvor war er Vorstandsmitglied der Robert Bosch Power Tools GmbH. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder, die in Zug die öffentliche Schule besuchen. </p>

Der Münchner ist seit April dieses Jahres CEO des Schweizer Traditions-Haushaltgeräte-Herstellers V-Zug und Chef von über 2000 Mitarbeitenden. Zuvor war er Vorstandsmitglied der Robert Bosch Power Tools GmbH. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder, die in Zug die öffentliche Schule besuchen. 

Marco Bilic

Was immer seltener wird: Sie produzieren alles in der Schweiz.

Das Kernsortiment wird in Zug und Sulgen TG hergestellt. Darauf sind wir stolz. Das ist neben Langlebigkeit, Design und Reparierbarkeit ein wichtiges Verkaufsargument. In China, Australien oder auch in Deutschland ist «made in Switzerland» einfach immer noch ein Qualitätssiegel. Materialien und einzelne Komponenten beziehen wir vor allem in der Schweiz und aus dem grenznahen Ausland.

Wo verkaufen Sie Ihre Geräte?

Die Schweiz ist mit über 80 Prozent unser Hauptmarkt. Dann kommen China, Deutschland, Grossbritannien und Australien sowie kaufkräftige Metropolen weltweit.

Und Amerika?

Wir bauen für einen Partner hochwertige Geräte der Premiumklasse. Dabei wird nur ein niedriger einstelliger Prozentsatz des Gesamtumsatzes in den USA erzielt. Derzeit beobachten wir keine Veränderung im Bestellverhalten. Dennoch sind 39 Prozent Zoll eine Belastung. Wir stehen in konstantem und gutem Austausch mit unserem Partner in den USA. Aktuell diskutieren wir auch, wie die zusätzlichen Zölle aufgefangen werden können.

Haben Frauen beim Kauf einer Küche wie beim Autokauf das letzte Wort?

Aus Erfahrung würde ich sagen: meistens schon. Am Ende zählt oft ihr Urteil, besonders wenn es um Alltagstauglichkeit und Stil geht.

Seit der Coronapandemie kochen immer mehr Menschen wieder selber.

Da erlebten viele Menschen den Rückzug ins Private wieder stärker. Ferien und Ausgehen waren nicht möglich. Da wurden viele Küchen, Bäder, Wohnzimmer renoviert, saniert und schön gemacht. Da haben auch wir einen Boom erlebt. Generell hat der Trend zu gesundem Essen, zu bewusster Ernährung und zu bestimmten Kochmethoden wie dem Dampfgaren zugenommen.

Sie haben mit Tanja Grandits und Andreas Caminada starke Markenbotschafter.

Das Schöne ist: Sie tragen nicht nur unser Logo auf der Kochschürze. Sie betonen mit Begeisterung: Das ist mein Gerät, mit dem arbeite ich. Sie liefern wichtige Inputs.

Zum Beispiel?

In unserem Steamer können Sie gradgenau im Heisswasserbad vakuumierte Speisen zubereiten – ganz nach dem Prinzip des Sous-vide-Garens. Diese Methode, bekannt aus der Spitzengastronomie, erfordert normalerweise spezielle Geräte und viel Zeit. Unsere Steamer simulieren diesen Prozess präzise und effizient, sodass Sie kulinarische Raffinesse ganz einfach in Ihre eigene Küche holen können.

Was können Ihre Geräte?

Sie backen Brot so, dass der Teig innen perfekt ist und aussen eine herrlich knusprige Kruste entsteht. Ich kann auch «Blumenkohl» eingeben, und das Gerät weiss, was zu tun ist. Das Gerät dämpft dann so lange wie nötig. Oder ich nutze Sonden, die die Kerntemperatur im Fleisch messen und regeln. Was ich besonders mag: Ich gebe «Parmigiana» ein, und was dabei rauskommt, ist wirklich fast auf Caminada-Niveau (lacht).

Ich habe gelesen, dass Sie die Träume jeder Hausfrau und jedes Hausmannes erfüllen können?

Fast jeden (lacht). Sie sprechen unsere Waschmaschine an, die Blusen und Hemden nicht nur wäscht, sondern auch glättet. Die ist in der Tat sehr beliebt!

Von Max Fischer am 13. September 2025 - 18:00 Uhr