Mathias Seger, der ewige ZSC-Held, war selber mit der Nationalmannschaft an 16 Weltmeisterschaften dabei. 2013 holte er, ebenfalls in Stockholm, mit dem Team Silber. Im Moment der Niederlage im Final dominierte auch bei ihm die Enttäuschung. «So etwas verdaust du nicht so schnell. Einer solchen Chance trauerst du noch lange nach», sagt der heute 47-jährige Familienvater. «Vor zwölf Jahren wuchsen wir über uns hinaus. Wir spielten uns in einen richtigen Rausch. Es war die erste Finalteilnahme der Nati seit Jahrzehnten. Das machte den Erfolg so speziell», erinnert sich Seger. «Für die heutige Generation ist eine Finalqualifikation schon fast normal. Das zeigt die grossartige Entwicklung, die das Schweizer Nationalteam in den vergangenen Jahren gemacht hat.»
Nati-Legende Mathias Seger stand zwischen 1998 und 2014 bei 16 Weltmeisterschaften auf dem Eis.
KeystoneBesonders schön sei, dass diesmal nicht nur die eingeflogenen Starspieler aus Nordamerika und Kanada Führungsrollen übernahmen. Auch Spieler aus der Schweizer National League wie Sven Andrighetto, Denis Malgin, Dean Kukan, Christian Marti, Andrea Glauser oder Leonardo Genoni seien Schlüsselfiguren auf dem Eis. «Die Mischung stimmt – alle ziehen am gleichen Strick. Das ist auch ein grosses Verdienst von Trainer Patrick Fischer.» Peter Zahner, CEO des Schweizer Meisters ZSC Lions und langjähriger Nationalmannschaftsdirektor im Verband, verfolgte den WM-Final live in Stockholm. Nach dem Spiel habe er sich aber von der Mannschaft ferngehalten: «In einem solchen Moment ist die Enttäuschung so gross, dass man die Spieler in Ruhe lassen muss», erzählt er tags darauf am Telefon. «Mit dieser Situation muss jeder selber fertig werden.»
Peter Zahner, CEO der ZSC Lions, schaute das Finalspiel live in Stockholm: «Danach hielt ich mich von der Mannschaft fern.»
foto-net / Kurt SchorrerStolz sein, bitte!
Auch Ralph Krueger fieberte mit. Der ehemalige Nati-Coach hat das Schweizer Eishockey Ende der 1990er-Jahre aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Die Qualifikation seines Teams für die Halbfinals an der Heim-WM 1998 bedeutete quasi eine Zeitenwende. Danach führte Krueger das Nationalteam weitere zwölf Jahre lang. Aus jener Zeit stammen die jetzigen Silberhelden Andres Ambühl und Patrick Fischer. Krueger, Deutsch-Kanadier mit Schweizer Pass, schwärmt von den beiden Ausnahmefiguren, dem Stürmer und dem heutigen Trainer: «Sie waren schon zu meiner Zeit zentrale Figuren an WM-Turnieren. Auch wegen ihnen ist meine emotionale Verbindung zur Schweizer Mannschaft nach wie vor gross.» Krueger, heutiger Aufsichtsratsvorsitzender des österreichischen Fussballklubs Austria Wien, fügt an: «Früher war für uns das Erreichen des Viertelfinals der wichtigste Massstab. Heute ist der Final immer ein realistisches Ziel.» Zur Entwicklung der Schweizer Hockey-Nati sagt er nur: «Wow, wow, wow!»
HC-Davos-Legenden:Trainer Arno Del Curto (l.) 2012 mit Leonardo Genoni – der an der WM in Stockholm zum besten Goalie des Turniers gekürt wurde.
BlicksportBereit für das heimische Fest
Arno Del Curto leistete Mitte der 1990er-Jahre als Trainer der Schweizer U20-Auswahl einen wichtigen Beitrag zum Entwicklungsschub im Schweizer Hockey. Für ihn überwiegt die Freude über das Erreichen des WM-Finals: «Auf eine solche Leistung nicht stolz zu sein, wäre falsch», betont der 68-Jährige. «Wer in zwölf Jahren viermal Vizeweltmeister wird, macht ganz vieles richtig.» Der Engadiner, heute Assistenztrainer des österreichischen Nationalteams, schwärmt: «Wie die Schweizer im Viertelfinal Österreich mit Tempo und Durchschlagskraft keine Chance liessen, war sehr beeindruckend.»
Ein besonderes Lob hat Del Curto, Trainer des HC Davos von 1996 bis 2018, für seinen langjährigen Spieler Andres Ambühl: «Wie Büeli mit 41 Jahren noch so viel Überzeugung, Geschwindigkeit und Spass auf das Eis bringt, ist schlicht sensationell. Er könnte locker noch ein, zwei Jahre weiterspielen.» Nächstes Jahr findet die Eishockey-WM in der Schweiz statt. Ralph Krueger ist positiv: Dass die Schweizer Spieler nach der Niederlage so «brutal enttäuscht» waren, sei ein Beweis für den grossen Steigerungsprozess, den das Team gemacht habe – insbesondere psychisch: «Ihre Winner-Mentalität ist im Verlauf der Jahre immer ausgeprägter geworden.» Der Aufschwung der Schweizer Nati habe 1998 an der Heim-WM in Zürich begonnen. Der Kreis könnte sich also schliessen: «Gold ist nur eine Frage der Zeit.» Der frühere Nati-Captain Mathias Seger doppelt nach. «Die Euphorie im Team überträgt sich aufs Publikum.» Die Unterstützung der Fans weckt bei ihm jetzt schon Vorfreude auf die Heim-WM 2026 in Zürich und Freiburg: «Es ist alles angerichtet für ein grosses Eishockeyfest.»