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Andri Ragettli ganz privat

«Ich bin ein Rappenspalter»

Andri Ragettli prägt die Freeski-Szene seit Jahren. Was aber prägt den Bündner? Vor der Olympiasaison stellt er sich den etwas anderen Fragen – und er verrät, weshalb er als knausrig gilt.

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<p>Auch abseits des Parks fällt es Andri Ragettli schwer, still zu sitzen. Jemals einen Bürojob zu haben, bezeichnet er für sich als «unmöglich». Lieber wäre er Handwerker.</p>

Auch abseits des Parks fällt es Andri Ragettli schwer, still zu sitzen. Jemals einen Bürojob zu haben, bezeichnet er für sich als «unmöglich». Lieber wäre er Handwerker.

Joan Nathanael Minder

Weltmeister, Weltcupsieger, dreimal Gold bei den X-Games: Andri Ragettli (27) hat im Freeski nahezu alles erreicht. Nur olympisches Edelmetall fehlt ihm noch. 2022 hatte der Flimser dies als Vierter im Slopestyle um 1,85 Punkte verpasst.

Nun bietet sich ihm die nächste Chance. Er sagt, welchen Wert die Spiele haben und wie er sich manchmal selbst im Weg steht.

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Andri Ragettli, was darf in Ihrem Hotelzimmer nicht fehlen?

Ein grosses Bett! Bei einem 80-Zentimeter-Bett weiss ich im Voraus, dass mein Schlaf leidet. Mit meinen 1,87 Metern schlafe ich darin einfach nicht gut.

Was war Ihre letzte Verkehrsbusse?

Heuer gab es zum Glück noch keine. Letzten Sommer aber bin ich mehrmals nach Österreich ins Trainingslager gefahren – und wurde fies mitten im Tunnel mit Tempowechsel geblitzt.

Wann haben Sie zum letzten Mal geweint?

An der WM im März, als ich im Slopestyle Vierter wurde.

Wie belohnen Sie sich für ein gutes Training?

Das gute Gefühl ist für mich Belohnung genug.

Was ist Ihr Lieblingsessen?

Pizokel von meiner Tatta.

Was würden Sie niemals essen?

Vieles. Am schlimmsten aber ist Thunfisch aus der Dose, schon beim Öffnen der Dosen stellt mir alles ab. Da mag ich lieber Katzenfutter! Das Trockenfutter meiner Katze Simba habe ich aus Neugier mal probiert.

Wer ist Ihr bester Freund im Skizirkus?

Aus dem Team Kim Gubser und Colin Wili. International Nick Goepper, ein US-Amerikaner, der mittlerweile in die Halfpipe gewechselt hat.

Ist es schwierig, mit Konkurrenten befreundet zu sein?

Natürlich habe ich im Team Freunde, und wir verbringen viel Zeit miteinander. Aber letztlich möchtest du immer besser sein, das ist kein Geheimnis.

Was ist typisch Löwe an Ihnen?

Da gibt es einiges, aber ich stehe sicher gern im Rampenlicht.

Joan Nathanael Minder

Glauben Sie ans Horoskop?

Ja. Als ich mit sieben Jahren mit Freeski startete, fand meine Mama das zu gefährlich. Dann besuchte sie einen Astrologiekurs und war beruhigter, als sie der Expertin mein «Geburtschart» zeigte. Diese meinte, ich könne gut mit Gefahren umgehen und sei kein leichtsinniger Mensch. Auch ich gehe hin und wieder zu der Expertin. Sie weiss genau, wie ich ticke.

Welchen Aberglauben haben Sie?

Davon bin ich gezielt weggekommen. Ass ich früher Pasta und gewann dann die Qualifikation, glaubte ich, am folgenden Tag wieder Pasta essen zu müssen. Gab es dann mal keine, leitete mein Kopf mich so, dass ich nie meine Bestleistung zeigen konnte.

Womit zieht man Sie auf?

Ich bin ein riesiger Rappenspalter, kaufe mir gefühlt nichts. Das Teuerste, was ich mir von Preisgeld je gegönnt habe, war eine Playstation 5 für etwa 500 Franken.

Welchen materiellen Traum möchten Sie sich erfüllen?

Ich möchte meinen beiden Geschwistern gern ein Haus ermöglichen.

Was wären Sie geworden, wenn nicht Freeskier?

Ich hätte wohl einen anderen Sport ausgeübt. Wäre das nicht möglich gewesen, wäre ich Zimmermann oder Schreiner geworden. Ich arbeite gern mit Holz. Beide Seiten der Familie waren Metallbauer, also auch Handwerker. Acht Stunden im Büro zu sitzen, wäre für mich dagegen unmöglich.

Was war der schönste Tag in Ihrer Karriere?

Es gab viele. Aber wahrscheinlich war der schönste, als ich 2020 zum ersten Mal Gold bei den X-Games geholt habe. Wobei es auch schön war, Weltmeister zu werden (lacht).

<p>Viel unterwegs, noch lieber daheim: «Zu Hause in Flims ist es am schönsten. Hier kann ich abschalten», sagt Ragettli.</p>

Viel unterwegs, noch lieber daheim: «Zu Hause in Flims ist es am schönsten. Hier kann ich abschalten», sagt Ragettli.

Joan Nathanael Minder

Was sind Ihre Ziele für 2026?

Der Fokus liegt klar auf den Olympischen Spielen. Im Slopestyle möchte ich eine Medaille holen – am liebsten die goldene.

Welches Tier wären Sie am liebsten?

Wenn ich an Simbas schönes Leben denke: eine Katze.

Wie möchten Sie sterben?

Am schönsten wäre es, irgendwann einfach einzuschlafen.

Wofür haben Sie zuletzt gebetet?

Ich bete nicht, bin aber dankbar, dass der Glaube meiner Tatta viel Halt gibt.

Welche Eigenschaft hätten Sie lieber nicht?

Ich bin sehr perfektionistisch, was mich manchmal hindert. Wahrscheinlich habe ich es jedoch auch deshalb so weit gebracht.

Joan Nathanael Minder

Welche Jahreszeit mögen Sie am wenigsten?

Den Herbst. Es ist kalt, hat aber noch keinen Schnee. Im Frühling dagegen kann man noch Ski fahren, während es im Tal schön warm ist.

Wo würden Sie leben, wenn nicht in der Schweiz?

Nirgendwo. Ich empfinde es als grosses Glück, in der Schweiz zu wohnen.

Das ist ... Andri Ragettli

Vier Tage nach seinem 15. Geburtstag debütierte er im Weltcup – bis heute hat er zwölf Siege auf höchster Stufe gefeiert, 2021 wurde er Slopestyle-Weltmeister. Bekanntheit erlangte er auch als Social-Media-Star: Seine Parcours und halsbrecherischen Stunts begeistern auf Tiktok und Instagram über 2,5 Millionen Menschen.

Was vermissen Sie beim Reisen?

Daheim zu sein, meine Familie um mich zu haben – und meine Katze. Wenn ich Simba sehe, weiss ich: Ich bin zu Hause.

Wer wären Sie gern nach Ihrer Wiedergeburt?

Ich würde mein Leben noch einmal leben, aber einen anderen Sport ausüben. Megacool fände ich Tennis oder Velofahren.

Wie lautet Ihr Spitzname?

Ich habe keinen. «Andri» kann man nicht wirklich abkürzen. Einige nennen mich beim Nachnamen. Davon abgeleitet gab es auch mal «Rakete». Das hat sich aber nicht durchgesetzt – was vollkommen okay ist (lacht).

Von Ramona Hirt vor 8 Stunden