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  4. Schlagerlegende Paola Felix über ihre verstorbene Mutter und Kurt Felix

Paola Felix wird 70!

«Ich lebe allein, aber nicht einsam»

In der Schweiz und in Deutschland ist sie eine Ikone. Selbst 30 Jahre nach ihrem Rücktritt. Paola, der Vorname allein genügt! Schlagerstar, TV-Legende, ewige Schönheit. Ein Gespräch zum runden Geburtstag. Es beginnt mit dem Abschied von ihrer geliebten «Mamma».

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Langsam rollt die schwarze Mercedes-Limousine mit dem SG-Kennzeichen auf den Parkplatz des Restaurants Taggenberg. Eigentlich hat man von hier oben eine wunderschöne Aussicht über Winterthur ZH, aber nicht heute. Die Wolken hängen tief, es regnet in Strömen. Paola Felix steigt aus dem Wagen, schwarze Hose, schwarzer, lang geschnittener Blazer. Das Restaurant ist noch leer. Wir setzen uns.

Paola, eigentlich wollten wir uns bereits vor einer Woche treffen. Geplant war ein grosses, fröhliches Fotoshooting auf dem Bürgenstock. Aber am Abend vor dem Treffen ist deine Mutter verstorben. So kurz vor deinem 70. Geburtstag. Wie geht es dir?

Die Mama zu verlieren, da entsteht eine Lücke, die immer bleibt. Meine Mutter durfte fast 98 Jahre alt werden und konnte ein wirklich erfülltes, langes Leben führen. Deshalb bleibt neben der Trauer auch eine grosse Dankbarkeit, dass sie so lange mit uns war. Dies ist jetzt der erste Geburtstag, den ich ohne sie verbringen werde. Dabei war es mir immer so wichtig, an meinem Geburtstag auch ihr zu gratulieren: «Grazie, cara Mamma!»

Paolas Stimme bricht. Sie macht eine Pause, trinkt einen Schluck Mineralwasser. Das Fenster wird geöffnet, die frische Luft tut gut.

Was war sie für eine Mutter?

Jeder denkt doch, er hätte die beste und allerliebste Mama der Welt. Für mich wars wirklich so. Meine Mutter hatte eine unendliche Herzensgüte, eine Wärme. In mir kommen so viele wunderschöne Erinnerungen an meine Kindheit auf.

Paola Felix mit ihrer Mutter, in der 60ern.

«Grazie, cara Mamma!» Die ersten Jahre ihrer Karriere war Paolas Mutter, Anna Del Medico, stets dabei. Hier bei der Sendung «Der goldene Schuss».

ZVG

Was sind das für Erinnerungen?

Ich denke gerne zurück an Mamas grosse Begeisterung für die Musik. Die hat sie mir in die Wiege gelegt. Ich erinnere mich, wie wir in der Küche während dem Abwasch immer zusammen gesungen haben – Opernarien, zweistimmig. Meine Mutter hatte davon geträumt, Opernsängerin zu werden. Ich habe diese Schönheit von Musik und Gesang intensiv verinnerlicht.

Hast du deine Karriere als Sängerin also deiner Mutter zu verdanken?

Die Liebe zum Gesang auf jeden Fall! Und als meine Mutter mein Talent und meine Hingabe entdeckte, hatte ich natürlich ihre vollste Unterstützung. Ohne das Einverständnis meiner Eltern hätte ich diesen Weg nicht gehen wollen.

Du warst auf der Klosterschule in Sankt Gallen, bist also sehr tugendhaft erzogen worden.

Das kann man wohl sagen. Dazu noch italienisch! Zudem war ich die Älteste ... Ich habe sicher vorgepfadet für meine Schwester (lacht). Das erste Lied, mit dem ich öffentlich auftrat, «Non ho L’età» – «Ich bin noch zu jung für die Liebe» –, passte perfekt zu meiner damaligen Situation.

«Wenn die innere Zufriedenheit fehlt, hilft auch Botox oder ein Lifting nichts»

Die Klosterschule war streng katholisch geprägt. Du gingst zur Frühmesse, es gab sogenannte Einkehrtage, an denen man schwieg und in sich ging. Mädchen und Jungs natürlich immer getrennt. Die Lehrerinnen: fast alles Nonnen. Wie war das für dich?

Ich habe mich dort geborgen gefühlt. Das war eine gute Schule – ist es immer noch. Auch wenn es Vorschriften gab, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Wir durften im Sommer keine ärmellosen Kleider tragen. Und im Winter waren Hosen nicht erlaubt – auch bei tiefstem Schnee nicht. Und von dem hatte es oft reichlich. Und dann gabs diesen Spruch: «Mädchen, schlag die Augen nieder, denn es geht ein Knab’ vorüber ...» (schmunzelt) – so war das.

Und so jung und unbedarft wurdest du in die Schlagerwelt katapultiert. Bei deinem ersten Plattenvertrag warst du noch nicht volljährig. Plötzlich war Miniröckchen gefragt, und auch hinter der Bühne soll der Umgang ziemlich locker gewesen sein. Das war doch sicher ein Kulturschock?

Die ersten Jahre war meine Mutter ja stets dabei, ich bin nie ohne sie gereist. Dafür war ich in der Branche bekannt. Kurt hat später immer gesagt: «An der Mama Del Medico kam keiner vorbei ...»

Er auch nicht! Paola ist Kurt Felix zum ersten Mal 1968 begegnet. Sie war Gast in seiner damaligen Sendung «Club 68». «Wohlbehütet von meiner Mama. Ich war 18 und hatte nur meine Musik im Kopf.» Erst zehn Jahre später ergab sich eine Gelegenheit ...

Damals war ich zu Gast bei Kurt im «Teleboy». In der Kaffeepause sind wir in die Kantine gegangen. Die war nicht grad romantisch. Und aus dem Nichts sagte Kurt zu mir: «Fräulein Del Medico – wir werden mal heiraten.»

Und du hast ganz schlagfertig gekontert: «Vielleicht sollten wir uns erst mal duzen!»

(Lacht.) Genau! Aber dann gings wirklich ganz schnell: verliebt, verlobt, verheiratet!

Paola Felix und Kurt Felix im 2015.

 Lebensliebe. Paola: «Kurt und ich waren füreinander be stimmt. Eine Ehe ist harte Arbeit – daran glaube ich nicht!»

Marcel Noecker

Haderst du manchmal mit dem Schicksal, dass du nicht Mutter geworden bist?

Als Kurt und ich heirateten, bekamen wir ja ein Familienbüchlein. Da war Platz für acht Kinder. Was soll ich sagen? Wenns der liebe Gott nicht will ...

Hast du nie daran gedacht, ein Kind zu adoptieren?

Kurt und ich konnten uns sehr gut damit abfinden, dass wir kinderlos blieben. Abfinden ist eigentlich das falsche Wort: Wir haben die Situation akzeptiert und waren kinderlos glücklich.

Euer Zusammensein war symbiotisch. Eine Lebensliebe, wie sie nur wenige Menschen in dieser Intensität erfahren dürfen. Ihr wurdet oft gefragt, was man machen muss, damit eine Ehe so gut funktioniert.

O ja, wir hätten ein Eheberatungsinstitut gründen können (lacht). Unsere Interessen, unsere Vorlieben – bei uns waren es nie die Gegensätze, die sich anzogen.

Gleich und Gleich gesellt sich gern – das reicht aber in vielen Beziehungen offensichtlich nicht aus.

Man muss den anderen nehmen und lassen können, wie er ist. Ehe ist harte Arbeit, wird oft gesagt. Daran glaube ich gar nicht! Wenn man so hart daran arbeiten muss, damit eine Beziehung funktioniert, dann stimmt doch etwas nicht.

Mag sein ...

Miteinander reden ist etwas vom Wichtigsten, damit erst gar keine Missverständnisse aufkommen.

Leider verläuft Kommunikation nicht immer so, wie wir uns das wünschen. Denn gesagt ist noch nicht gehört, und gehört ist noch lange nicht verstanden. Und schon steckt man mitten im Dilemma ...

Wenn bei uns einer A sagte, hat der andere auch A verstanden. Kurt und mir war die Zeit zum Streiten zu schade, da bin ich also wirklich keine Expertin. Ich bin harmoniesüchtig. Aber das ist eine schöne Sucht.

Du bist mit 62 Jahren Witwe geworden. Hast du dich nie nach einer neuen Bindung gesehnt?

Kurt ist und bleibt die grosse Liebe meines Lebens. Mir geht es gut, so wie es ist. Ich habe ja meine Geschwister Elisabeth und Luigi und Kurts Sohn Daniel. Mit der Familie bin ich sehr eng, da fühle ich mich nicht alleine. Ich lebe allein, aber nicht einsam.

Wie sieht dein Alltag aus, Paola?

Es ist mir wichtig, eine gute Tagesstruktur zu haben. Gerade weil ich alleine lebe. Ich geniesse es, jeden Tag nach dem Frühstück die Zeitungen zu lesen. Ich möchte informiert bleiben. Die Welt hat ja bei mir nicht am «Blue Bayou» aufgehört. Ein paarmal die Woche gehe ich walken. Dann habe ich auch noch das Haus am Luganersee. Mir ist keine Sekunde langweilig. Was willst du noch wissen?

Paola Felix auf der Riederalp im 2016.

Fit dank Walking und AquaTraining. «Ich habe das Glück, dass ich, seit ich denken kann, in Grösse 36 passe.»

Geri Born

Was man machen muss, um mit 70 so gut auszusehen.

(Lacht.) Man kann ja viel machen – aber das Allerwichtigste ist doch, dass man innere Zu- friedenheit ausstrahlt. Wenn du die nicht hast, hilft auch Botox oder ein Lifting nichts.

Und das reicht?

Ich habe noch nicht mal eine Kosmetikerin! Aber wenn ich in meinem Haus im Süden bin, mache ich Aqua-Training im Pool. Auf diese Übungen schwör ich! Ich muss keine zerrissenen Jeans tragen, um jünger zu wirken. Ich war ja nie die Rockerbraut.

Du lässt dich jedenfalls nie gehen. Ich erinnere mich noch an unsere Paris-Reise vor vielen Jahren. Wir sassen im TGV
zurück in die Schweiz. Hinter uns lag ein langer Tag mit Shooting und Sightseeing, am Abend zuvor wars spät geworden. Du sahst immer noch aus, als wärst du gerade aus dem Bad gekommen, frisch für den Tag.

Ein gewisses Mass an Disziplin gehört dazu. Abends nicht abschminken? Geht gar nicht! Als Kind habe ich mit meinen Geschwistern am Meer gewettet, wer sich zuerst schält. Verrückt! Heute schütze ich mich mit hohem Lichtschutzfaktor und bleibe blass.

Ich wette, du hängst zu Hause auch nicht in Jogginghose und Wollsocken rum.

Nein, tue ich nicht! Ich bin wirklich der Meinung, dass ein geregeltes Leben gut für die psychische und physische Gesundheit ist. Wie ein Ührchen, das regelmässig läuft.

Titelgeschichten, Jubiläumsshows und jetzt die grosse Geburtstagssendung – das Interesse an dir ist nach wie vor gross. Auch in Deutschland. Es gibt wenige Persönlichkeiten, die drei Jahrzehnte nach ihrem Rücktritt immer noch so beliebt, so anerkannt und präsent sind. Du bist für viele Menschen in der Schweiz und Deutschland nach wie vor ein Idol.

Dass das Schweizer Fernsehen mir eine Samstagabend-Sendung zu meinem Geburtstag widmet, freut mich wirklich sehr. Ich denke gerne zurück an meine Lieder, an die Sendung «Verstehen Sie Spass?», die ich mit Kurt in den 1980er- Jahren moderierte. Ich bekomme heute noch oft den Satz zu hören: «Ich bin mit Ihnen aufgewachsen.» Ich glaube, die Menschen lieben die Erinnerungen an diese Zeit, in der alle gemeinsam vor dem Fernseher sassen.

Mit 70 wird Zeit endlich. Wie gehst du mit diesen Gedanken um?

Für mich ist 70 nur eine Zahl auf dem Papier. Ich fühle mich noch mitten im Leben.

Von Susanne Walder am 2. Oktober 2020 - 10:54 Uhr, aktualisiert 6. Juli 2022 - 11:38 Uhr