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Lorenz Keisers letzte Vorstellung

«Ich sah immer klarer, dass es zu Ende geht»

Ohne grosses Tamtam ist Lorenz Keiser vor einer Woche von der Bühne zurückgetreten. Der ­Kabarettist fühlt sich «genug alt, um aufzuhören, aber noch genug jung, um was Neues anzufangen». Schon im Herbst wandert der Zürcher aus.

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Kabarettist Lorenz Keiser macht nach 32 Jahren auf der Bühne Schluss. «Ich will was Neues aufbauen. Ich weiss zwar noch nicht was, aber das ist toll.»

Remo Neuhaus

«Wobisch?!» Das Programm von Lorenz Keiser, 61, lockt viele der Besucher erstmals seit Langem wieder an einen kulturellen Abend. 90 Minuten lang ohne Pause unterhält der Kabarettist im Kantiforum Wohlen AG mit seinen gesellschaftspolitischen Pointen das Publikum – um zum Schluss einen grossen Dämpfer zu liefern. «Das heute war der letzte Auftritt des Programms, der Saison und überhaupt», sagt Keiser. «Ich fühle mich genug alt, um aufzuhören. Aber noch genug jung, um etwas Neues anzufangen.» Die Leute im Saal reagieren ungläubig: «O nei, nei, nei!» – «Genau, ich gehe dann, wenns den Leuten ‹no nöd rächt isch›!»

So überraschend Lorenz Keiser seinen Rücktritt verkündet – er selbst weiss es seit seinem vorgängigen Stück «Matterhorn Mojito». «Der Entscheid fiel damals während der Tour», sagt er. «Ich schaute wie durch eine vereiste Scheibe, deren Eisstückli vorzu wegfielen. So sah ich immer klarer, dass es zu Ende geht.» Nicht aus Müdigkeit oder Resignation – «doch mit dem Älterwerden merkte ich, wie ich bei jedem Programm mehr Mühe und vermehrt das Gefühl hatte, bei mir selber abzuschreiben».

«Es war mein Traum, dass ich an einem neuen Ort etwas Neues anfange»

Lorenz Keiser

32 Jahre stand Lorenz Keiser auf der Bühne, mit elf Solostücken. Für sein Debüt «Zug verpasst» erhält er 1989 den Salzburger Stier. Das vierte – «Schär, Holder & Meierhofer» – besuchen allein in Zürich 35 000 Leute. «Ich hatte glücklicherweise nie einen Misserfolg», sagt der Sohn von César Keiser (†81) und Margrit Läubli, 93. Seine Mutter wusste von seinem Plan, sah sich «Wobisch?!» mehrfach in Zürich an. «Sie hat die faszinierende Qualität, dass sie eigentlich alles akzeptiert, was man macht», sagt Keiser. «Auch wenn sie meinen Rücktritt schade findet.»

Dafür erhält sie bald seine Preise zur Untermiete: Keiser wandert aus. «Es war mein Traum, dass ich an einem neuen Ort etwas Neues anfange.» Zwar dachte er zuerst an Italien, die zweite Heimat seiner beiden erwachsenen Kinder. Doch als er 2019 zwei Monate alleine durch Asien reist, ändert sich dies. Fünf Tage vor der Rückreise hört er in der indonesischen Hauptstadt Jakarta im Café Batavia einer Band zu, genauer Sängerin Anis, 37. Die zwei verlieben sich, wagen eine Fernbeziehung.

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Im Herbst wandert Lorenz Keiser nach Indonesien, in die Heimat seiner Freundin aus.

Remo Neuhaus

«Nach den anfänglichen Unsicherheiten sind wir seit einem Jahr überzeugt, dass wir ein gemeinsames Leben in Bali beginnen wollen.» So verbringt Lorenz Keiser die Corona-bedingte Auftrittspause in der Heimat von Anis, um mit ihr nach einem neuen Daheim zu suchen. Aktuell weilt Anis mit ihrer Tochter Putri, 4, für einen Monat in der Schweiz. «Es war schön, Lorenz noch in seinem Bühnenberuf erleben zu können», sagt Anis, «auch wenn ich nicht viel verstanden habe.» Keiser selbst freut sich nun, ihr die Schweiz zu zeigen, bevor er sich ab Juli um die Bürokratie kümmern muss. «Es ist ein Spinnennetz aus AHV, Strassenverkehrsamt und weiteren Ämtern. Die Schweiz zu verlassen, ist kompliziert.»

Mit Standing Ovations verabschiedet das Publikum Lorenz Keiser. «Es war nun doch etwas emotional, auch wenn es für mich so stimmt.» 1989 startete er in Zug vor 75 Personen seine Bühnenkarriere. Zum Abschied in Wohlen waren es nun wegen Corona knapp 100. «Besser wirds nicht mehr!», sagt Keiser lachend.

 

Von Aurelia Robles am 21. Juni 2021 - 06:09 Uhr