Hinter der Küchenwand schaut neugierig ein flauschiges Köpfchen hervor. «Das ist Chili, sie hat mich gerade etwas hässig gemacht», sagt Eliane Müller. Das dreimonatige Büsi sei seit zwei Wochen Familienmitglied und noch dabei, die Hausregeln zu lernen, «wie eben nicht auf die Küchenablage zu springen». Chili ist – neben Elianes Album «Reset» – die aktuellste Neuerung im Leben der Luzerner Sängerin. In den vergangenen zwei Jahren hat sich bei der Siegerin von «Die grössten Schweizer Talente» 2012 beinahe alles verändert: Beruf, Beziehung, Bleibe – bis hin zum Büsi. «Dabei hatte ich 2020 klar einen Plan vor mir», sagt die 32-Jährige: «Ich sah mich bald mit einer eigenen Familie.»
Es ist alles anders gekommen. Gegen Ende 2020 beginnt ihre langjährige Beziehung zu kriseln, die Vorstellungen und Pläne von ihr stimmen nicht mehr mit jenen ihres Partners überein. Eliane steht vor der Entscheidung: «Will ich an einer Beziehung festhalten, die nicht mehr stimmt? Oder ins kalte Wasser springen und eventuell den Entscheid bereuen?» Anfang 2021 wagt sie den Absprung, wie ihr Lied «Cold Water» verrät. «Zu bleiben wäre klar die bequemere Lösung gewesen», sagt sie nachdenklich. «Die Komfortzone zu verlassen, ist nie einfach.» Doch Eliane zieht aus – und als Single nach Luzern.
Gleichzeitig mit dem Liebes-Aus gerät auch ihre Leidenschaft zur Musik ins Stocken. Geplant ist zwar eine Live-Tour zu ihrem Album «Eliane». Doch Corona macht ihr wie vielen anderen einen Strich durch die Rechnung. «Wir mussten erst alles verschieben, dann neu planen. Und kaum übten wir erneut für die Tournee, mussten wir wieder alles absagen», erzählt sie. «Üben, ohne dass die Leute die Musik je hören? Ich sah darin den Sinn nicht mehr. Musik wurde für mich zur verlorenen Energie, zur verlorenen Zeit.» Eliane setzt sich damals nicht mehr ans Piano, empfindet alles im Zusammenhang mit Musik als demotivierend. Weil zudem wegen der fehlenden Auftritte kein Geld mehr reinkommt, erhöht sie ihr 20-Prozent-Pensum als Kommunikatorin in einer Versicherungsgesellschaft auf 80. «Das fühlte sich easy an. Und ich musste mir keine finanziellen Sorgen mehr machen …»
Liebesbeziehung und Leidenschaft – beides futsch! Das Fehlen von zwei wichtigen Säulen im Leben hinterlässt eine tiefe Melancholie. «Das war gut», sagt sie rückblickend. «Denn diese Erfahrung war nötig, um zu merken, dass ich die Musik brauche!» Ihre Gefühle beginnt Eliane im Frühling 2021 in neuen Songs zu verarbeiten. Und siehe da: «Ich verliebte mich neu und mehr denn je – in die Musik.»
«Nein, Chili, da darfst du nicht rauf!» Eliane scheucht das Büsi vom schwarzen Flügel. Dies ist ihr alleiniger Bereich! Hier verbringt sie inzwischen täglich Stunden, komponiert und übt. «Am liebsten abends, und am liebsten bin ich dann alleine», sagt sie. «Darum ist es perfekt, dass Sascha abends oft arbeiten muss.» SRF-Sportmoderator Sascha Ruefer, 50, ist ihre neue Liebe! Zwar hatten sie vor Jahren schon einmal beruflich miteinander zu tun, aber als sie sich im Sommer 2021 erneut begegnen, merken beide: «Das passt eigentlich noch», erinnert sich Eliane. «Und dann haben wir uns immer wieder gesehen.»
Ihr Partner beflügelt sie nicht nur privat, sondern auch musikalisch. «Sascha hat mich ermutigt, meinen lang gehegten Traum zu verwirklichen und den Flügel zu kaufen», sagt sie. «Als ich hier bei ihm einzog, meinte er, dass ich mir doch überlegen könnte, einen Flügel zu haben.» Eliane lacht. «Aber er machte auch gleich klar, dass dieser zum Spielen und nicht fürs schöner Wohnen sei.»
Als Sascha Ruefer beruflich am 5. Februar an die Winter-Olympiade nach Peking fliegt, zieht am folgenden Tag der Flügel ein! In ihrer neuen kleinen Welt – mit neuer Liebe, neuem Daheim und der wiedergewonnenen Leidenschaft für die Musik – schreibt sie am Flügel als Erstes den Song «Small World». Ihr Plan: das Album «Eliane» mit ein paar neuen Liedern zu veröffentlichen. Doch ausgerechnet ihr Partner findet dies keine gute Idee, als sie ihm davon auf dem Weg zu ihren Eltern in Hochdorf LU erzählt. «Sascha meinte klar, dass ein Fan nach drei Jahren von einer CD mehr erwartet. Sie denkt über den Einwand nach und kommt nach zwei Nächten zur Erkenntnis: «Oje, er hat recht. Ich muss neue Songs schreiben.»
Meinung ja, Einmischen nein – so die Devise von Sascha Ruefer, wenn es um die Karriere seiner Partnerin geht. «Das wäre sonst der Anfang vom Ende. Aber manchmal sieht Eliane eine Klippe und weiss nicht, wie sie diese überwinden kann. Dann sage ich ihr meine Meinung.» Zudem stärkt er sie, erinnert daran, was sie bereits alles erreicht hat. So besteht er darauf, ihre Gold-Auszeichnungen an die Wand hinter dem Flügel zu hängen. Und heuer feiert Eliane zehn Jahre Erfolg als Berufsmusikerin! «Eliane hat Disziplin und Power, ist eine Macherin. Sie hat ‹Spoiz im Füdli›», wie Ruefer sagt. «Als Mensch ist sie wirklich eine Bereicherung.» «Manchmal muss man einfach alles wieder auf null setzen, um zu wissen, was man möchte», sagt Eliane. «Re-set» – «zurücksetzen» – heisst denn auch ihr sechstes, soeben erschienenes Album, in dem sie all die privaten Veränderungen musikalisch verarbeitet. Der Sprung ins kalte Wasser hat sich für sie gelohnt. «Ganz ehrlich, ich bin froh, dass ich aktuell keine eigenen Kinder habe. So habe ich viel Zeit für die Musik.» Dank ihren Gotti-Kindern und Sascha Ruefers Sohn – «mit einem Kind zu leben, ist wunderschön» – hat sie sowieso ständig Kleine um sich. «Klar ist mein Kinderwunsch noch da. Aber im Moment möchte ich an keinem anderen Punkt in meinem Leben stehen.»