Monika Walser, Sie haben den Veuve Clicquot Business Woman Award gewonnen. Was ist das für ein Gefühl?
Das ist ein super lässiges Gefühl. Diese Auszeichnung erfüllt mich mit Stolz, weil sie eine Ehre und Wertschätzung an das ganze Team von de Sede ist. Alle unsere Mitarbeitenden tragen zum Erfolg von unserem Brand bei und daher gehört dieser Preis uns allen.
Olga Dubey hat den Veuve Clicquot New Generation Award gewonnen. Was bewundern Sie an ihr?
Ihr Herzblut, ihre Überzeugung und ihre Energie. Dass sie als junge Frau den Mut und die Leidenschaft hat, etwas auf den Markt zu bringen, was ihr persönlich wichtig ist. Leider haben viele Schweizerinnen aus Angst vor dem Scheitern nicht den Mut dazu. Aber man muss mutig sein und Fehler machen, um später grossen Erfolg zu haben.
Welcher Frau würden Sie gerne einen Award verleihen und weshalb?
Diese Frage lässt sich nicht mit einem Namen beantworten. Ich würde allen Frauen einen Award geben, die für das einstehen, woran sie glauben und mit Leidenschaft darauf hinarbeiten. Für mich ist es ein grosses Geschenk, wenn man das machen kann.
Sie leiten seit dem 2. April 2014 als Teilhaberin die Manufaktur de Sede AG. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Ein Team um mich zu haben, das mir vertraut ist. Bei de Sede AG haben wir untereinander ein sehr enges Verhältnis und reden schonungslos und direkt über Positives wie Negatives. Wenn man zum Beispiel einsparen muss, muss man die Dinge beim Namen nennen. Damit solche Diskussionen gelingen, braucht es gegenseitig sehr viel Vertrauen. Ein Team, mit dem man durch dick und dünn geht, ist für mich der Schlüssel zum Erfolg.
Sie haben in der Vergangenheit verschiedenste Unternehmen gegründet. Was haben Sie für einen Rat an junge, angehende Unternehmerinnen?
Authentisch sein und sich selbst immer treu bleiben. Nicht probieren, in eine Männerrolle zu schlüpfen. Wir Frauen sind nicht gleich wie Männer und das ist gut so. Wir haben andere aber gleichsam erfolgsversprechende Herangehensweisen. Was ich aber noch anmerken möchte: Es ist nicht jede Person die geborene Unternehmerin. Es braucht Mut herauszufinden, ob man der Unternehmer-Typ ist oder nicht.
«Ich hatte nie die Vision, eines Tages viel Geld verdienen zu wollen»
Was war ganz zu Beginn Ihre Motivation, sich selbstständig zu machen?
Ich hatte nie die Vision, eines Tages viel Geld verdienen zu wollen. Bei mir waren es einfach immer spontane Gedanken, wie «Wow, das ist es, was ich aufbauen will». Der Reiz liegt für mich im Weg zum Erfolg. Aus diesem Grund habe ich schon zahlreiche Firmen gegründet und auch wieder verkauft.
Sich selbstständig zu machen und Neues zu wagen, erfordert viel Mut und das Überwinden von Ängsten. Welches war die grösste Hürde, die Sie bei de Sede überwinden mussten?
Das war 2014, in dem Jahr als ich zum Unternehmen dazu gestossen bin. Im Dezember wehte ein rauer Wind. Wir konnten die Löhne nicht mehr zahlen und der 13. Monatslohn stand ebenfalls an. Ich sah nur noch eine Lösung: Ich muss meine Komfortzone verlassen und nach China – in eine mir unbekannte Kultur – zu einem unserer wichtigsten Vertreter fliegen. Ich bezahlte mein Flugticket mit meinem eigenen Geld. Obschon ich innerlich mit den Nerven am Ende war, musste ich die strahlende Business-Frau verkörpern. Ich verhandelte hart und pokerte, um den Vertreter dazu zu bringen, sein versprochenes Auftragsvolumen jetzt sofort bei uns zu bestellen. In der Not gaukelte ich vor, ich hätte sonst einen anderen Vertreter. In Wahrheit war da niemand anders. Ich verspreche in der Regel nie etwas, was nicht stimmt. Aber es war meine einzige Chance, die Löhne zahlen zu können. Wenn ich ohne diesen Scheck nach Hause gekommen wäre, wäre es fertig gewesen. Als ich mit dem Scheck im Flugzeug sass, weinte ich wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Monika Walser leitet als Teilhaberin seit dem 2. April 2014 die Manufaktur de Sede AG. Sie startete 1982 die Ausbildung als Haute-Couture Damenschneiderin. Nach zahlreichen Weiterbildungen begann ihre Karriere in Führungspositionen. Walser war Geschäftsführerin, CCO und HR-Verantwortliche in verschiedenen internationalen und nationalen Unternehmen.
Ausserdem gründete die gebürtige Aargauerin gemeinsam mit zwei weiteren Partnern im Jahr 2009 die WAEGA-Group AG in Zürich. Die Mandate der Sanitas Krankenversicherung AG, Orior AG und des Zoo Zürichs wickelt sie heute noch innerhalb dieser Unternehmung ab.
Es heisst, Frauen müssen mehr für Ihre Karriere kämpfen. Was haben Sie für Erfahrungen gemacht?
Ich habe meine Karriere nie geplant. Ich hatte einfach immer das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ich habe immer den Job bekommen, der gerade zu mir passte. In der Vergangenheit war ich in der Strom- und auch in der Telekom-Branche tätig, das sind männerdominierte Branchen. Ich hatte nie das Gefühl, härter kämpfen zu müssen als meine männlichen Kollegen. Im Gegenteil: In dieser Zeit wurde ich von Männern stark gefördert. Meine Vorgesetzten vertrauten in meine Fähigkeiten und übertrugen mir schnell Verantwortung. Aber klar, performen muss man wie ein Mann.
Wie wichtig ist Networking im Jahr 2019 und was tun Sie konkret dafür?
Das ist sehr wichtig. Vor allem für einen Brand wie de Sede. Auch wenn man 100 Ausschreibungen macht, ist vieles letztendlich People-Business. Es ist für mich einfacher, Business zu machen, wenn ich mein Gegenüber bereits kenne und einzuschätzen weiss. In Sachen Networking unterstütze ich als Mentorin gewisse Start-Ups, ich bin Mitglied im Rotary Club und auch noch in anderen Vereinen. Allgemein networke ich nur mit Personen, die ich auch gerne auf ein Glas Wein treffen würde.
«Wenn das Produkt nicht halten kann, was es verspricht, erleidet das Unternehmen kurz- oder langfristig grosse Schäden»
Was ist Ihrer Meinung nach die Essenz für Wachstum?
Verlässlichkeit. Das, was man sagt, immer einhalten. Wenn das Produkt nicht halten kann, was es verspricht, erleidet das Unternehmen kurz- oder langfristig grosse Schäden, weil die Kunden enttäuscht sind.
Welche Eigenschaften muss eine Frau mitbringen, um erfolgreiche Unternehmerin zu sein?
Mut. Leidenschaft. Durchhaltevermögen. Seine eigenen Fähigkeiten und Risiken richtig einschätzen können. Manchmal lohnt es sich gar nicht, Risiken einzugehen und dann braucht es den Mut, Nein sagen zu können. Und ganz wichtig: Niemandem etwas beweisen wollen, sondern seinen eigenen Weg gehen.
Was tun Sie konkret für Ihre Work-Life-Balance?
Viel. Ich habe ein super cooles und friedliches Privatleben. Im Sommer segle ich Regatten, gehe aufs Trampolin oder Joggen. Im Winter fahre ich gerne Ski. Ausserdem meditiere ich sehr viel und geniesse den Moment. Heute ist zum Beispiel schönes Wetter und das beflügelt mich auf meiner Fahrt von Klingnau nach Baden.
Wie schützen Sie sich vor einem digitalen Burnout?
Natürlich habe ich Whatsapp und alles, aber bei mir gibt es klare Phasen, wo ich das Handy ausgeschaltet habe. In den Ferien und am Wochenende schaue ich morgens und abends meine E-Mails an und beantworte sie. Das ist mir wohler, als zehn Tage nix zu checken und dann bei der Rückkehr eine Flut an E-Mails zu haben. Weil ich mir erlaube, mich abzugrenzen, hatte ich nie Angst, in ein digitales Burnout zu laufen. Ich war noch nie in meinem Leben auch nur einen Tag krank. Nicht mal als Kind. Klar, ich habe eine super Konstitution und generell sehr viel Energie, aber die Tatsache, dass ich mir selber immer treu bleibe, trägt sicher viel zu meinem Wohlbefinden und meiner Gesundheit bei.
Was brauchen Sie, um kreativ zu sein?
Ein harmonisches Umfeld. Ich kann unter Druck nicht kreativ sein. Nachdem ich erste Entwürfe abgefasst habe, benötige ich oft einen Gegenspieler, der eine Meinung dazu abgibt und mich mit seinen Anregungen, Fragen oder auch Kritik herausfordert. So ein Gedankenaustausch inspiriert mich ungemein.
Was ist wichtiger – zufriedene Mitarbeiter oder zufriedene Kunden?
Das eine ist das andere. Wenn ich intern zufriedene Mitarbeiter habe, habe ich auch zufriedene Kunden. Es mag seltsam klingen, aber ich bin überzeugt davon, dass interne Unzufriedenheit extern spürbar ist. Denn die wichtigsten Botschafter eines Unternehmens sind die Mitarbeitenden und deshalb muss die Zufriedenheit der Mitarbeiter an erster Stelle stehen.