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Auftritt mit Ed Sheeran

Ilira aus Köniz singt in London vor 80'000 Menschen

In Bern als kleine Prinzessin aufgewachsen, in Berlin zur Queen des Bubblegum-Pops aufgestiegen. Nach ihrem Umzug nach London nun ihr grösster Erfolg: Sie stand im legendären Webley-Stadion vor 80'000 Fans auf der Bühne.

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Ilira Gashi vor ihrem Auftritt am Summertime Ball in London

Ilira Gashi vor ihrem grossen Auftritt am Summertime Ball in London

Redferns

Ein bis auf den letzten Platz ausverkauftes Wembley-Stadion mit 80'000 feiernden Menschen. Und auf der Bühne eine Frau aus Köniz BE. Für die Schweizer Musikerin Ilira Gashi (27) ging vergangenen Sonntag (12. Juni 2022) ein Traum in Erfüllung, als sie mit DJ Sigala ihren neusten Hit «Melody» performte. Grosse Bühnen ist sich die Tochter von kosovo-albanischen Eltern gewohnt, 2019 trat sie am Energey Air im Berner Wankdorf-Stadion vor 40'000 Fans auf. Trotz der doppelten Besucherzahl blieb Ilira in London cool. «Der Auftritt war sehr locker, ich dachte die ganze Zeit nur, dass ich das ganze geniessen und Spass haben soll», sagte sie nach dem Auftritt zu «Blick».

Nicht nur der Auftritt, auch die Begegnungen im Backstage wird Ilira so schnell nicht vergessen. Ed Sheeran lief ihr über den Weg («er ist extrem bodenständig und freundlich», sagt sie) und Harry Styles beeindruckte sie mit seinem Auftritt nachhaltig («er ist ein Rockstar: energetisch und charismatisch»). 

 

Besuch in der alten Heimat

Vor zwei Jahren traf die Schweizer Illustrierte Ilira Gashi bei einem Besuch in ihrer alten Heimat Bern. «Ich fühle mich wie in einer Zeitkapsel und schwelge in der Vergangenheit.»

Sie blickt vom Rosengarten über die Bundesstadt. «Die Aare ist mein absoluter Favorit.» Die neue Prinzessin des Bubblegum-Pops ist wieder ganz Berner Meitschi. Fern scheint der Hype seit ihrem Durchbruch 2018. Mit dem Musikproduzenten Alle Farben landet sie mit «Fading» einen internationalen Hit.

Ilira 2020

Auf den rechten Unterarm hat sich Ilira eine Bratz-Puppe tätowieren lassen.

Thomas Buchwalder
Viermal die Schule abgebrochen

Eine Prinzessin ist Ilira Gashi schon immer. Aufgewachsen in ihrem Heimatort Köniz und später in Niederwangen BE, trägt sie als Mädchen gern Röckchen und als Schülerin gern auf – und zwar Make-up. «Ich war nicht eine Tussi, sondern eher ein Paradiesvogel. Und nie vulgär oder freizügig», sagt sie. «Ein Lehrer meinte aber, ich soll die Zeit lieber ins Lernen statt ins Schminken investieren.» Dabei sucht sie doch nur den besten Musikunterricht, um sich kreativ auszudrücken. Vergeblich. Ilira bricht viermal die Schule ab. «Als Mutter war ich sehr gefordert und überfordert», sagt Iliras Mama Entela Gashi (53).

«Mein Gesetz der Anziehung war stets die Musik», sagt Ilira. Als sie als Sechsjährige ein Album von Britney Spears erhält, ist es um sie geschehen. Ilira will wissen, weshalb gewisse Texte zu gewissen Melodien verwendet werden – und umgekehrt. «Wir haben schon früh gemerkt, dass sie ihren eigenen Kopf hat», erinnert sich Vater Ismet Gashi, 55. Lieder schreiben gibt Ilira Selbstbewusstsein. «Wenn mich in der Schule jemand mobbte, wusste ich, dass ich immerhin eine krasse Songwriterin bin. Das machte mich nicht besser als die andern, aber hob mich zumindest von ihnen ab.»

«Mobbte mich jemand in der Schule, wusste ich immerhin: Ich bin eine krasse Songwriterin.»

Ilira Gashi
Ilira 2020

39 Millionen Klicks – aber wirklich zu Hause ist Ilira bei ihren Eltern in Niederwangen BE.

Thomas Buchwalder

Ende 2010 nimmt die damals 16-Jährige am Final der Schweizer Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest teil. Anna Rossinelli siegte, sie selber belegte den dritten Platz – und fällt in ein Loch. Gerade noch durfte sie Bühnenluft schnuppern und Autogramme geben, «und nun musste ich zurück in die Schule, die ich hasste».

Statt tröstender Worte gibts Schadenfreude der Mitschüler. Ilira verkriecht sich mit depressiven Symptomen in ihr Reich – ihr Zimmer, an dessen Wänden Porträts von Kurt Cobain und Marilyn Monroe hängen. Sie kauft mit der Kreditkarte ihrer Mutter für 500 Dollar Beats im Internet. Über die Rhythmen singt sie ihre eigenen Texte und stellt Ausschnitte der Songs auf ihr Instagram-Profil. «Ich hatte 200 Follower.»

Ilira 2020

Mangels Musik-Plattformen drückt sich Ilira schon früh durch kreatives Styling aus.

Thomas Buchwalder

Tatsächlich wird Ilira von einem Prinzen erhört – und befreit. «Der deutsche Rapper Prinz Pi schrieb mir, er wolle mich nach Berlin holen.» Die 20-Jährige wartet nicht lange und zieht in die deutsche Metropole. Ein Erwachen! «Hier war ich nicht mehr Paradiesvogel, sondern ein Vogel im Paradies.» Als Songwriterin kämpft sich die «kleine Schweizerin» mit Arbeitsmoral bis zum Plattenvertrag.

Als Kosovo-Albanerin fürchtet sie sich nicht, ihre Meinung zu sagen, hat keine Angst vor Konfrontationen und Diskussionen. «Ich habe selber entschieden, was ich von welcher Kultur will, und mir meinen Charakter kreiert», sagt sie. Und dann sind da noch die Worte ihre Mutter Entela, die selber alles in der Schweiz neu erarbeiten musste und heute selbstständige Psychiaterin ist. «Die Karriere verlässt dich nicht. Ein Mann, der finanzielle Macht über dich hat, kann dich als Individuum unterdrücken.»

«Do It Yourself» heisst denn auch ein Lied der Sängerin mit der Vier-Oktaven-Stimme – bewusst doppeldeutig. Ihre Texte, die sie mit ihrem Manager Jaro Omar schreibt, sind sehr direkt: «Get Off My D!ck» oder «Pay Me Back». Ilira Gashi macht klar: Für ihre Karriere braucht sie keinen Typen. Aber Freund Arber gibt ihr zumindest die nötige Energie dazu und behandelt sie in den richtigen Momenten wie eine Prinzessin. «Er ist mein tragbarer Charger – und lustigerweise angehender Lehrer.»

«Ich investiere in die Musik, nicht in weitere Gucci-Taschen.»

Ilira Gashi
Ilira 2020

Im Rosengarten liegt ihr Bern zu Füssen. Ilira will aber mit ihrer Musik die Welt erobern.

Thomas Buchwalder

Höher, besser, weiter – die 47 Millionen Views auf Youtube für das «Fading»-Video sind erst der Anfang, wenns nach Ilira geht. «Alles, was ich verdiene, stecke ich wieder in die Musik, nicht in weitere Gucci-Taschen.» Papa Ismet freuts: «Schön, wenn die Kinder als Erwachsene nicht träumen, sondern arbeiten.»

Aber mit dem Erfolg erhöht sich nun der Druck auf Ilira. Klick- und Follower-Zahlen sind in der Branche fast wichtiger als die Musik. Für die Zahlenlegasthenikerin bedeutet dies aktiv sein auf Facebook, Twitter, Instagram, Tik Tok, Youtube, Spotify und Apple TV. «Die sozialen Medien sind für mich Fluch und Segen, schliesslich wurde ich so entdeckt.»

Märchen sind ohnehin selten frei von Drama. Pop-Prinzessin Ilira sucht deshalb daheim in Bern bewusst die Realität. «Hier in meinem Elternhaus finde ich den Boden, auf dem das wahre Glück liegt.»

Von Aurelia Robles und lme am 14. Juni 2022 - 12:17 Uhr