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Bellacher Traditionsunternehmen Kisag AG

In jeder Küche «erste Sahne»!

Ihre Produkte finden sich in jedem Haushalt: Seit 80 Jahren produziert die Kisag AG in Bellach SO Küchengeräte für Private und Gastrobetriebe. Begründet wurde die Erfolgsgeschichte des Unternehmens durch die Erfindung des legendären Rahmbläsers.

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Aber bitte mit Sahne: CEO Kaspar Kellerhals (r.) und Marketingchef ­Alexander Dischö haben bei der ­Traditionsfirma ­Kisag AG nicht nur den legendären Rahmbläser im Griff.

Aber bitte mit Sahne: CEO Kaspar Kellerhals (r.) und Marketingchef Alexander Dischö haben bei der Traditionsfirma Kisag AG nicht nur den legendären Rahmbläser im Griff.

Kurt Reichenbach

Schaumschläger sind Kaspar Kellerhals (61) und Alexander Dischö (48) beileibe nicht – ganz im Gegenteil. Dennoch sorgen sowohl der CEO der Kisag AG im solothurnischen Bellach als auch der Marketingchef des Traditionsunternehmens dafür, dass Hobbyköche, Hausfrauen und Gourmet-Koryphäen den perfekten Schaum auf Teller oder in Schüsseln bringen.

Dafür verantwortlich ist ein Kultprodukt der Kisag AG: der in den 1950er-Jahren patentierte Rahmbläser mit dem Kapselsystem. Mit ihm bekommt man nicht nur süsse Sahne für Desserts hin, sondern beispielsweise auch herzhaft cremige Espumas. Kunden des Unternehmens finden auf Youtube Rezeptideen und Anregungen, was der legendäre Rahmbläser, der inzwischen als «Whipper» firmiert, alles kann. Mehr als eine Dreiviertelmillion Abonnenten folgen der Kisag AG auf dem Videoportal; Kurzvideos wie «Omeletten mit Kirsch-Espuma-Füllung» oder «Das leckerste Weihnachtsdessert» erzielen dort 70 000 bis fast 100 000 Aufrufe.

Tradition und Social Media

«Wir möchten damit vor allem die jüngere Generation inspirieren und ihr zeigen, was man mit unseren Küchengeräten so alles machen kann», sagt Alexander Dischö. Auf Social-Media-Kanälen wie Youtube, Facebook, Instagram, Tiktok oder Pinterest präsent zu sein, ist selbst für ein mittelständisches Traditionsunternehmen wie die Kisag AG extrem wichtig, betont der Marketingchef.

«Jüngere kennen unseren Rahmbläser zwar oft noch aus dem Elternhaus oder von den Grosseltern, dass er aber nicht nur für Rahm, sondern auch für Suppen verwendet werden kann, müssen wir ihnen heutzutage oftmals erst vermitteln», pflichtet Kellerhals bei.

Der Rahmbläser beziehungsweise Whipper ist jedoch nur einer unter vielen Küchenhelfern aus dem Haus des Bellacher Unternehmens. «Insgesamt dürften es wohl um die 280 Produkte sein», schätzt Kellerhals, der vor knapp zwei Jahren das Ruder übernommen hat: von Sparschälern, Teigschabern, Backpinseln, Dosenöffnern und Knoblauchpressen über Bratwender, Feuerstäbe und Wokpfannen bis hin zu Fondue-Caquelons, Bunsenbrennern oder Grillplatten, um nur einige zu nennen.

Angefangen hat alles vor 80 Jahren mit Recycling: 1945 gründete Walter Kissling in Bellach SO eine Giesserei. Er hatte ein Verfahren entwickelt, um Aluminiumfolie zu rezyklieren und daraus Pfannen, Pommes-frites-Schneider, Dampfkochtöpfe, Fruchtpressen und Kartoffel-Schälmaschinen zu produzieren. Viele der von Kissling patentierten Neuentwicklungen prägten das Leben in Schweizer Haushalten nachhaltig, doch mit seiner Erfindung des Rahmbläsers in Form einer «Mondrakete» eroberte er Haushalte und Profiküchen in der ganzen Welt. Laut Patentschrift von 1958 sollte das Gerät «der Herstellung von Schlagrahm aus Rohsahne» dienen.

Detaillisten News Kisag

Damals: Auf einem Werbeplakat aus den 1970er-Jahren wird Werbung für den Kisag-Rahmbläser gemacht.

ZVG

Am Kisag-Standort Bellach arbeiten 26 Angestellte in Service, Montage, Vertrieb, Marketing und Entwicklung neuer Produkte. Dazu kommen 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die in den geschützten Werkstätten der Vebo Genossenschaft Solothurn beschäftigt sind. 2017 übernahm sie in einer Nachfolgeregelung die Bellacher Familienfirma. «Die Vebo lässt uns im Tagesgeschäft freie Hand, ihr ist wichtig, dass wir die Marke Kisag für die Zukunft fit machen», lobt Kellerhals.

Montiert wird alles in der Schweiz

Für ihre Produktpalette arbeitet die Kisag AG mit rund 100 Zulieferbetrieben aus der Schweiz, Europa sowie Fernost zusammen. Montiert werden die Einzelteile jedoch in Bellach und Umgebung, was entscheidend sei für die Qualitätssicherung. Hauptmarkt für die Kisag ist die Schweiz, wie der CEO betont. Auch wenn das Unternehmen jetzt, wo es einer Genossenschaft gehört, zu konkreten Umsatzzahlen schweigt, früheren Angaben zufolge bewegt er sich im unteren zweistelligen Millionenbereich.

Heute: Kaspar Kellerhals und Mitarbeiterin Eider Salmon bei der Endmontage von Fondue-Gasbrennern für Gastrobetriebe.

Heute: Kaspar Kellerhals und Mitarbeiterin Eider Salmon bei der Endmontage von Fondue-Gasbrennern für Gastrobetriebe.

Kurt Reichenbach

Grossen Wert legt das Unternehmen auf seinen Reparaturservice und den Kundendienst. Im «Beobachter» teilte kürzlich ein Ehepaar seine Erfahrung diesbezüglich: Nachdem die Dichtungen ihres älteren Rahmbläsers hart geworden waren, schickten sie die Teile ein und baten um Ersatz. Umgehend erhielten sie diese per Post gratis – und das, obwohl die Firma diese Dichtungen gar nicht mehr im Sortiment führte. Solches Lob freut Kellerhals besonders, zeigt es doch, dass die Kisag auch nach 80 Jahren «erste Sahne» ist. Bewahrt wurde auch der Erfindergeist des Firmengründers: Im Herbst kommt eine Neuheit in den Handel. Es geht um Fondue und Raclette – und darum, aus zwei eins zu machen.

Fakten

90

Beschäftigte

Zu 26 Festangestellten kommen zwischen 60 und 80 Mitarbeiter mit Beeinträchtigungen hinzu, die vor allem in der Montage tätig sind.

763000

Youtube-Abonnenten

So viele folgen der Kisag AG auf der Videoplattform. Beliebt sind dabei vor allem Rezeptideen des Bellacher Traditionsunternehmens.

1958

Erfindung Rahmbläser

Mit dem dazugehörigen Kapselsystem wurde die Schweizer Firma zeitweise sogar zum Weltmarktführer.

Von René Haenig vor 8 Stunden