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Vom Kämpfer zum Hitparadenstürmer

Loco Escrito: Zwei Frauen sind stets an seiner Seite

Sommerhit-Garant Loco Escrito mischt die Hitparade auf wie kaum ein anderer. Dies nach jahrelangem Kampf und einem schweren Töffunfall. Zwei Frauen sind dabei stets an seiner Seite.

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Loco Escrito und Mutter Isabelle

Loco Escritos liebster Sozius: Mama Isabelle. «Sie war die Einzige, die nie sagte, ich solle mit dem Töfffahren aufhören.»

Joseph Khakshouri

Eine Mutter sorgt sich immer um ihr Kind. Und wenn der schlimmste Albtraum wahr wird, spielt es keine Rolle, ob dieses schon erwachsen ist. Dieser Anruf: «Ihr Sohn hatte einen Unfall. Es sieht nicht so gut aus.»

«Isabelle Herzig, 62, erinnert sich an jede Minute dieses Tages. «Ich war allein bei der Arbeit und konnte nicht weg.» Vier Jahre ist es her, seit Nicolas Herzig, 29, mit seinem Motorrad frontal mit einem Auto zusammenkracht. Just zu einem Zeitpunkt, als endlich alles aufzugehen scheint. Jahrelang hat Nicolas alias Loco Escrito versucht, einen Platz in der Musikszene zu ergattern. 2014 ein erster Lichtblick: Die CD «Mi vida es mía» schafft es in die Top 30 der Hitparade. Kurz darauf wird seine damalige Freundin schwanger. Und dann diese Tragödie.

 Loco Escrito mit Mutter Isabelle und Schwester Joanna

«Weisch no?»: Joanna, Nicolas und Isabelle Herzig (v. l.) schwelgen in Isabelles Stube in Wetzikon in Erinnerungen.

Joseph Khakshouri

Isabelle Herzig setzt sich zwischen ihren Sohn und Tochter Joanna, 31, aufs Sofa in ihrem Wohnzimmer in Wetzikon ZH. Sie nimmt ein Kinderfoto der beiden in die Hand, schüttelt lachend den Kopf. «Hätte mir damals jemand gesagt, was da noch kommt, ich hätte es nicht geglaubt!»

Loco Escrito wird zum grössten Latin-Pop-Star der Schweiz. Der Hit «Adiós» von 2018 erreicht doppelten Platin-Status. 31 Wochen hält er sich in der Hitparade.

Im Februar 2019 gibts einen Swiss Music Award als besten Song des Jahres. «Verdammte Scheisse, danke!», sagt Loco Escrito, als er diesen entgegennimmt. Und: «Ich danke meiner Mutter und meiner Schwester. Sie haben alles mitgemacht und mich unterstützt.»

Loco Escrito, Kinderbilder privat

La familia: Nico (r.) und Joanna mit ihren Eltern Fernando und Isabelle. Der Vater lebt heute in Kolumbien.

ZVG

«Ich wusste immer, was ich wollte. Geplant habe ich allerdings nie etwas.»

Als Sohn eines Kolumbianers und einer Schweizerin wird Nicolas in Medellín geboren. Mit den Geschwistern Joanna und Diego, 24, wächst er in Wetzikon auf. Neben der Liebe zu Motorrädern hat Nico bereits als Kind nur eine Passion: Musik. Mit gerade mal 14 Jahren tritt er der Rap-Combo LDDC bei. Dort wird ihm der Künstlername Loco Escrito («verrückt geschrieben») verpasst. «Wegen meines verrückten Flows beim Rappen», erklärt Nicolas. Die Handelsschule absolviert er eher halbherzig und setzt bald alles auf eine Karte. «Ich weiss, dass nur die Musik mich glücklich macht. Ich wusste immer, was ich wollte. Geplant habe ich allerdings nie etwas.»

Vertrautes Verhältnis

 Loco Escrito, Mutter Isabelle und Schwester Joanna

Nico mit Joanna und ihrem Labrador-Mischling Nela. «Mit Jo kann ich alles besprechen.»

Joseph Khakshouri

Im Gegensatz zu seiner Schwester. «Ich bin sehr pflichtbewusst. Da sind wir als Kinder ab und zu aneinandergeraten», sagt Joanna. Dass ihr Bruder für die Musik finanzielle Nöte und Schulden in Kauf nimmt, ist manchmal schwierig zu verstehen. «Aber ich habe immer an Nico geglaubt», sagt sie. Joanna, ausgebildete Erziehungswissenschaftlerin, ist heute in der Schuldenprävention tätig. Ein Zufall? Sie lacht und zuckt die Schultern.

 

Fluch und Leidenschaft

Loco Escrito, Kinderbilder privat

 Nicos Passion für Motorräder begann schon früh.

ZVG
Die grosse Töff-Tragödie

Isabelle Herzigs Blick fällt auf ein Foto. Der kleine Nico auf einem Kinder-Töff. Da sind sie wieder, diese Worte, die sie nie vergessen wird: «Ihr Sohn hatte einen Unfall. Es sieht nicht so gut aus.» Aber dass er ein Kämpfer ist, hat Loco Escrito ja schon jahrelang bewiesen. Nun kämpft er den wichtigsten Kampf seines Lebens. Und er siegt. Nach Monaten im Spital, in der Reha und im Rollstuhl schleppt er sich zur Geburt seiner Tochter Aisha, heute 3, an Krücken in den Kreisssaal. «Ich wollte das. Nein – ich musste!»

Die Beziehung zu Aishas Mutter geht in die Brüche. Das Sorgerecht für die Kleine teilt er mit seiner Ex-Freundin. Er sei ein strenger Vater, sagt Nicolas. «Gerade was Fernsehen, Handy und so angeht. Wenn meine Tochter bei mir ist, möchte ich sie nicht ruhig stellen, sondern Zeit mit ihr verbringen.» Aisha ist seine grosse Liebe. Er sei «seit einer Ewigkeit Single und ganz froh darüber», so Loco Escrito.

Entertaining-Talent

Loco Escrito, Kinderbilder privat

Musik im Blut: Loco Escrito (r.) und sein Bruder Diego sorgten als Knirpse für Action.

ZVG
Jetzt kommt er in Fahrt

Zumal seine Karriere jetzt so richtig in Fahrt kommt. Der Song «Punto» hält sich seit Wochen in der Hitparade, erreichte gerade Gold-Status und wird jetzt schon als Sommerhit 2019 gehandelt. Zudem steht bereits ein neuer Track am Start: «uiui» ist gerade erschienen. Und langsam, aber sicher wird die Schweiz zu klein für Loco Escrito. In Portugal, Spanien und ganz Südamerika werden seine Songs am Radio gespielt. Anfang Jahr tingelte er in seiner zweiten Heimat Kolumbien durch TV- und Radioshows, gab Interview um Interview. Und besuchte seinen Vater Fernando, der seit seiner Scheidung wieder in Medellín wohnt. Dorthin hat es auch den jüngeren Bruder Diego vor einem Jahr gezogen.

Im Gepäck hatte Nicolas den Swiss Music Award. Dieser steht nun bei Papa. «Es ist nicht der Preis an sich, auf den ich stolz bin, sondern die Anerkennung», sagt Loco Escrito. «Dass sich all die Arbeit gelohnt hat, freut mich extrem!» Dem können Isabelle und Joanna nur zustimmen.

 

 Loco Escrito, Mutter Isabelle und Schwester Joanna

«Nico und ich sind als Kinder ab und zu aneinandergeraten», sagt seine Schwester Joanna. Heute haben die Geschwister und die Mutter ein enges Verhältnis.

Joseph Khakshouri

Was sich mit dem Erfolg geändert hat? «Ausser dass ich keine Schulden mehr habe?», flachst Nico, «gar nicht so viel. Ich bin immer noch ich.» Und seine Mutter macht sich immer noch Sorgen. «Der Bub arbeitet viel zu viel», seufzt Isabelle Herzig. Er sollte zwischendurch mal Pause machen.» Mama bleibt eben Mama.

Familienbloggerin Sandra C.
Sandra CasaliniMehr erfahren
Von Sandra Casalini am 3. August 2019 - 15:39 Uhr