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  4. Mann hinter den Marboro-Bildern: Fotograf Hannes Schmid zeigt seine Werke in Olten

Der Cowboy- Macher

«Marlboro-Mann» Hannes Schmid kommt mit Pferd in Ausstellung

Der Schweizer Fotograf Hannes Schmid hat mit seinen Marlboro-Bildern ein Symbol für den American Way of Life geschaffen. Er selber wurde zur Ikone – als Meister der Inszenierung. Jetzt auch in Olten SO.

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Hannes Schmid, Schweizer Fotograf und Fotokünstler, IPFO Vernissage Mythos & Ethos der Ausstellung von Hannes Schmid, 9. Juni 2022, Olten SO

Pferd Diamond, 3, posiert mit Hannes Schmid, 75, im Fotomuseum in Olten. Ein Bild ganz im Sinne des Meisters.

Fabienne Bühler

Eines war streng verboten: Das Hinterteil eines Pferdes durfte nie aufs Bild. Es gehört sich einfach nicht! «Das haben mir meine beiden Heroes Chuck und Billie klar zu verstehen gegeben», erzählt Hannes Schmid und zeigt auf die Porträts der beiden Cowboys im Haus der Fotografie in Olten SO. Schmids Ehefrau, die Künstlerin Hillary Huang, hat hier auf drei Stockwerken eine Ausstellung mit ikonografischen Bildern ihres Mannes kuratiert. Sie stammen aus seiner Zeit als «Developer», also Entwickler, der weltweiten Marlboro-Kampagnen.

Ausstellungen seien nicht sein Ding, meint der 75-Jährige, aber erzählen, ja, das tue er gerne. Und noch aus einem anderen Grund fühlt er sich an diesem Abend in der Altstadt von Olten wohl: Vor der Museumstür stehen in einem Pferch zwei Pferde. Der grosse braune Wallach Carlo und die kleinere weisse Stute Diamond vom Reitstall in Huttwil BE. Schon zweimal hätten sie an Ausstellungen gerne Pferde zur Vernissage gehabt, erklärt Hillary Huang, nie habe es geklappt. «Und hier haben sie es einfach organisiert, ohne dass ich ein Wort gesagt habe.»

«Jedes Bild musste ein Kunstwerk sein. Ich hatte alles zur Verfügung, grosse Budgets. Aber ich musste liefern»

Hannes Schmid

Schmid gesellt sich gleich zu den Vierbeinern – während mehr als zehn Jahren waren Pferde seine Gefährten. «Bis zu 600 Tiere wurden für eine Fotosession ans Set gebracht. Dazu Lastwagen voll Material, zahlreiche Helfer und Spezialistinnen, Gerätschaften aller Art – alles, wirklich alles war inszeniert.» Die Arbeit des gebürtigen Toggenburgers und Autodidakten hatte eine derart starke Ausstrahlung auf die Menschen, dass der Marlboro-Mann im Buch «Die 101 einflussreichsten Personen, die es nie gab» an erster Stelle steht (gefolgt von den Literaturfiguren Big Brother und König Artus).

Ob eines der Pferde reinkommen könne, fragt Hannes Schmid die Pferdetrainerin Alexandra Fehlmann. «Klar, kein Problem, Diamond macht das gern.» Am Halfter hilft sie dem Pferd die Stufen rauf, Kollege Carlos Wiehern ertönt beleidigt aus dem Pferch. Die Hufeisen klappern auf dem Museumsboden, und Hannes Schmid kommt schon wieder ins Erzählen. «Die Pferde für die Bilder trugen nie Hufeisen, sie mussten wild und frei aussehen. Deshalb legten wir eigens Wasserläufe mit weichem Boden und ohne Steine.» Wobei: «Das Wasser war sowieso nie dort, wo ich es wollte, Bäche oder Seen mussten also alleweil immer künstlich geschaffen werden.» Die Produktionsbudgets waren riesig, «aber dann musste ich auch liefern. Das ist der Unterschied zur Schweiz: Hier kann man einfach sagen, es hat nicht geklappt.»

Hannes Schmid, Schweizer Fotograf und Fotokünstler, IPFO Vernissage Mythos & Ethos der Ausstellung von Hannes Schmid, 9. Juni 2022, Olten SO

«Ich renne, renne, renne.» Hannes Schmid ist dauernd unterwegs, vor allem in Kambodscha für seinen Verein Smiling Gecko.

Fabienne Bühler

«Bis zu 600 Pferde waren am Set, Lastwagen voll Material. Und jeder Lassowurf, jede Pose der Cowboys sass!»

Hannes Schmid

Diamond hat sich nun in Stellung gebracht und steht ruhig vor Schmids Meisterwerken. Dieser schnappt sich Cowboyhut und Zügel und posiert – zum inszenierten Bild. Wann war er das letzte Mal im weiten Land, das er zum Sehnsuchtsort und das ihn zur Ikone gemacht hat? «Lange nicht mehr», brummt es aus der Ecke. Kambodscha ist heute das Land, für das sein Herz schlägt. Dort baut er mit seinem Verein Smiling Gecko seit 2014 eine kleine Stadt auf mit Schule, Spital, Arbeit. Sie soll sich selber finanzieren und organisieren, auch ohne seine Hilfe. «Ich renne, renne, renne.»

Zwei Herzinfarkte und kürzlich einen Hirnschlag hat er überstanden, er war noch 54 Kilo schwer. Heute hat er wieder 64 Kilo auf den Rippen, und jeden Tag motiviert ihn etwas, das unbedingt getan werden muss. Die Zeit, die er mit Menschen auf kambodschanischen Müllhalden verbracht hat, lässt ihn nicht mehr los. Sie sind es, die er heute auf eindrücklichen und farbstarken Bildern festhält und für die er seine ganze Kraft einsetzt. «Ich war immer so, immer vorwärts, immer voll dabei, immer Vollgas. Meine Frau hat sich daran gewöhnt», meint er. Sie meint: «Gewöhnt ist das falsche Wort. Ich lebe damit.»

In der Zwischenzeit hat sich Diamond – frei, wie Pferde eben sind – erleichtert. Das Museumspersonal putzt rasch den Boden. Schmid schmunzelt. Er weiss: Inszenierung und Timing sind alles.

Monique Ryser
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Von Monique Ryser am 19. Juni 2022 - 11:42 Uhr