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  4. Landesmuseum Zürich: Historiker findet verlorenes Sisi-Gemälde
Royal-Ausstellung im Landesmuseum Zürich

Michael van Orsouw ist der Doktor für Sisi, die Queen & Co.

Gehts um blaues Blut und königliche Stories in der Schweiz, führt an Michael van Orsouw kein Weg vorbei. Für die Ausstellung «Royals zu Besuch» im Zürcher Landesmuseum half der Historiker sogar, einen verschollen geglaubten kaiserlichen Schatz zu heben.

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<p>Glamourös: ­Michael van ­Orsouw mit ­Kronenbrosche im Landesmuseum Zürich – neben ­einem Originalkleid von Kult-Kaiserin Sisi.</p>

Glamourös: Michael van Orsouw mit Kronenbrosche im Landesmuseum Zürich – neben einem Originalkleid von Kult-Kaiserin Sisi.

Roger Hofstetter

Michael van Orsouw (59) ist so etwas wie die fiktive Abenteurerfigur Indiana Jones aus den gleichnamigen Hollywood-Kultfilmen. Doch statt wie «Indy» einen Fedora als Erkennungszeichen auf dem Kopf trägt van Orsouw eine Kronenbrosche an der Brust. Jones ist Forscher und Archäologe, van Orsouw Historiker und Autor. Der eine jagt mystische Artefakte und Reliquien, der andere ist königlichen Geschichten auf der Spur und bringt längst verschollen geglaubte royale Schätze ans Licht. So abenteuerlich es in den Indiana-Jones-Filmen zugeht, so aufregend gestaltet sich das Arbeitsleben von Michael van Orsouw.

Für die aktuelle Ausstellung «Royals zu Besuch – von Sisi bis Queen Elizabeth» im Landesmuseum Zürich spürte der in der Schweiz geborene Historiker ein seit den 1960er-Jahren verschollen geglaubtes Gemälde von Sisi auf. Das einst vom Wiener Hofmaler Anton Einsle gemalte Bild der legendären Kaiserin Elisabeth von Österreich schenkte deren Ehemann Kaiser Franz Joseph I. 1860 bei einem Besuch dem Kloster Einsiedeln. Fast 100 Jahre schmückte Sisi den Fürstensaal – neben den Bildnissen von Äbten, Fürstäbten und Päpsten. In den 1960er-Jahren aber wurde die Kaiserin im Kloster abgehängt – und verschwand.

<p>Fasziniert von Sisi: Michael van Orsouw vor einer Büste und dem verschollen geglaubten Gemälde der legendären Kaiserin.</p>

Fasziniert von Sisi: Michael van Orsouw vor einer Büste und dem verschollen geglaubten Gemälde der legendären Kaiserin.

Roger Hofstetter

Sisi verstaubte auf dem Estrich

«Ich wollte das Bild sehen, fragte beim Klosterarchivar an, aber dieser wusste nicht, wo es ist», erinnert sich Michael van Orsouw. Er riet mir, bei einem älteren Pater nachzufragen, der ein grosser Sisi-Fan sei. Trotz einem sehr netten und langen E-Mail-Austausch mit dem Ordensmann, der das besagte Gemälde sogar noch mit eigenen Augen gesehen hatte und es sehr bedauerte, dass es abgehängt wurde, blieb es verschollen.

Eine letzte Chance, Sisi auf die Spur zu kommen, bot sich van Orsouw in der Person von Kunsthistoriker Markus Bamert. Er betreut die Kunstsammlung des Klosters Einsiedeln. «Wir kennen uns, also rief ich ihn einfach an. Er versprach mir nachzuschauen, doch als er zurückrief, bedauerte auch er, mir nicht weiterhelfen zu können.» Das Sisi-Gemälde, fast drei Meter hoch, blieb verschwunden. Historiker van Orsouw war geknickt. Bamert liess der Anruf seines Kollegen keine Ruhe. Er durchforstete das gesamte Kloster, wurde auf einem Estrich fündig. «Er rief mich direkt von dort an: ‹Heureka – ich habs gefunden!›» Obwohl über ein halbes Jahrhundert auf einem Dachboden verstaubt, hat sich Sisi erstaunlich gut gehalten, das Gemälde muss nicht restauriert werden, sondern wird für die Ausstellung im Landesmuseum nur auf einen neuen Rahmen aufgezogen.

So spannende Geschichten wie diese hat Michael van Orsouw einige aus der royalen Welt parat. Der Historiker und Schriftsteller mit niederländischen Wurzeln gilt hierzulande als Sisi-Kenner; er schrieb unter anderem Bücher wie «Sisis Zuflucht. Kaiserin Elisabeth und die Schweiz», «Luise und Leopold. Skandalträchtige Habsburger in der Schweiz», «Königliches Zug – Königliches aus dem Zugerland» oder «Blaues Blut. Royale Geschichten aus der Schweiz».

<p>Liiert mit Judith Stadlin: Mit seiner Frau betreibt der Historiker und Autor in der Zuger Altstadt die Lese­bühne Satz &amp; Pfeffer.</p>

Liiert mit Judith Stadlin: Mit seiner Frau betreibt der Historiker und Autor in der Zuger Altstadt die Lesebühne Satz & Pfeffer.

Roger Hofstetter

Adelshistoriker, kein Royal-Experte

Das aktuelle Geschehen in den Königshäusern interessiert van Orsouw kaum, viel lieber stöbert er in historischen Archiven nach royalen Trouvaillen. Ökonomisch gesehen sei das zwar ein «Himmelfahrtskommando», weil mit sehr grossem zeitlichen Aufwand verbunden, dafür fördert er mit Fleiss und Hartnäckigkeit oftmals Erstaunliches zutage.

«Mich interessieren bei Nachforschungen weniger die ‹Hauptstrassen› einer Geschichte, sondern mehr die ‹Nebensträsschen›, ja sogar noch eher die kleinen ‹Pflänzchen›, die da entlangwachsen», sagt van Orsouw. Am Sisi-Buch arbeitete er über zwei Jahre. Während unter Historikern die Faustformel gilt: 90 Prozent Recherche, 10 Prozent fürs Schreiben, ist das bei van Orsouw anders. «Ich nehme mir viel Zeit, um einen Stoff in Worte zu fassen, feile oft stundenlang an einzelnen Sätzen.»

Davon zeugen auch die Erklärtexte in der aktuellen Ausstellung des Landesmuseums. Die meisten stammen aus van Orsouws Feder, als Co-Kurator war er stark an der Konzeption der Ausstellung beteiligt. Sein Interesse für Historisches vertiefte der gebürtige Zuger einst als Student in den Fächern Geschichte, Politikwissenschaft und Literatur. Das Schreibhandwerk lernte er an der Ringier Journalistenschule. Als Royal-Experte möchte er sich trotz seiner fundierten fachlichen Expertise jedoch nicht bezeichnen. «Ich sehe mich eher als Adelshistoriker», sagt er verschmitzt.

Geschichtsforscher hin, Indiana Jones her: Queen Elizabeth II. (†96) und ihren Mann Prinz Philip (†99) hätte Michael van Orsouw zu deren Lebzeiten gern einmal persönlich getroffen. Die vor nunmehr bald drei Jahren verstorbene Monarchin ist ebenfalls Teil der aktuellen Ausstellung im Landesmuseum. Auch sie betreffend hat der Historiker Interessantes in den Archiven ausgegraben. Nur so viel sei vorab verraten: Es geht um die Sicherheit des royalen Staatsgastes im Jahr 1980, die damaligen Jugendunruhen – und mögliche Verbindungen zur RAF, die mit Bomben drohte …

«Royals zu Besuch – von Sisi bis Queen Elizabeth»

Obwohl die Schweiz keine royale Tradition hat, faszinieren Königshäuser auch hierzulande. Ob Kaiserin, König oder Prinzessin: Eines haben majestätische Besuche in der Schweiz gemeinsam, egal ob sie aus politischen, wirtschaftlichen oder privaten Gründen erfolgten. Sie begeistern damals wie heute. Das Landesmuseum Zürich zeigt bis 9. November Bilder, Filmaufnahmen und exklusive Objekte zum Thema.
Infos: landesmuseum.ch/royals

Queen Elizabeth in Basel

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Schweizerisches Nationalmuseum
Von René Haenig am 13. Juli 2025 - 12:00 Uhr