Milan Milanski (35) weiss, wann es ernst wird: wenn seine serbische Mutter putzt. Sobald sie mit dem Lappen die Theke abwischt, beginnt das Verhör. «Milansche», imitiert der Comedian sie auf der Bühne und hebt die Augenbrauen. «Mami eppis fragen.» Stille. «Hast du eine?» – Und formt danach das Wort «Freund» lautlos mit den Lippen. Gelächter im Saal. «Ihr seht: Sie ist cool – aber noch nicht so cool, dass sie das Wort Freund über die Lippen bringt.»
Die Szene stammt aus Milanskis erstem Soloprogramm «Schwugo», das ihm eine Nominierung für den Swiss Comedy Award, der am 23. August stattfindet, einbrachte. Der gebürtige Basler ist schwul – und ein Jugo. «Ich finde die Wörter nicht beleidigend», sagt er beim Auspacken einer Umzugskiste. Gerade ist er von einer WG im Zürcher Kreis 4 in seine erste eigene Wohnung im Kreis 5 gezogen. «Im Gegenteil. Es wäre verschossenes Pulver gewesen, hätte ich die beiden Eigenschaften nicht zu meinem Erkennungsmerkmal gemacht.»
Der Nagel sitzt! Milan verschönert seine Wohnung mit einem Bild aus Amsterdam. «Mir hats gefallen, weil da Charlie Chaplin auf Kyrillisch steht.»
Geri BornEr kokettiert mit Herkunft und Identität. Doch das Coming-out mit 19 war alles andere als leicht. «Einige Familienmitglieder haben von meiner Homosexualität erfahren, dann sprach es sich herum. Für mich ist damals eine Welt zusammengebrochen», gesteht er. Einige Tage später, als die Eltern den ersten «Schock» verdaut hatten, sei zum Glück aber alles okay gewesen. «Es war ein Outing, das nicht so passierte, wie ich es wollte.» Deshalb hat Milan beschlossen, die Geschichte auf der Bühne umzuschreiben. «Mein Coming-out verdient ein Happy End.»
Die Familie lacht mit – meistens
Dass seine Familie Teil seiner Nummern ist, sei okay – solange er Grenzen wahre. Die Privatsphäre ist ihm wichtig, Milanski ist sein Künstlername, seinen richtigen Nachnamen verrät er nicht. «Und wenn ich Gags über meine Eltern bringe, frage ich zuerst meinen Bruder nach seiner Meinung», so der Single. Die Mutter habe seine Auftritte gesehen – nur einmal habe sie protestiert: «Wegen einem Witz übers Erben. Den fand sie nicht so cool.» Er lacht.
«Heiliger» Beistand: Der Comedian arbeitet an seinem neuen Bühnenprogramm – flankiert von Pop-Ikonen im Kerzenglas.
Geri BornAufgewachsen ist Milan im Basler Gundeli-Quartier. Seine Eltern, die heute meist in Serbien leben, die er aber mehrmals im Monat sieht, arbeiteten viel. Dutzende Nachmittage verbrachte er mit seiner besten Freundin Tulu (35). «Sie war die Erste, bei der ich mich geoutet habe», erzählt Milan. Auch an diesem Nachmittag ist die Grafikerin bei ihm, hört sich einen neuen Gag an. Milan: «Sie schaut, dass er für die Allgemeinheit verständlich ist.»
Testlauf auf dem Sofa: Der Basler trägt seiner besten Freundin Tulu einen neuen Gag über seinen Papa vor, mit Erfolg – Tulu kann nicht mehr vor Lachen.
Geri BornZur Bühne fand Milan über Umwege. In der Pubertät unterdrückte er vieles, was nicht männlich genug wirkte – darunter seine Liebe zu Theater und Musik. Jahre später, beim Rakija-Trinken an einem Strand, meinte ein Freund: «Du gehörst da rauf!» Heute moderiert Milan mit Comedy-Kollege Moritz Schädler das grösste «Open Mic» der Deutschschweiz, eine offene Bühne für Stand-up-Comedians, steht für die SRF-Show «Late Night Switzerland» vor der Kamera – und schreibt am nächsten Programm. Der Titel? Noch offen. Milan Milanski grinst: «Aber Stoff dafür habe ich mehr als genug.»