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Nach schmerzhaftem WM-Aus

Beachvolleyball-Star Joana Heidrich über Schulter-OP

Nach ihrem schmerzhaften WM-Aus in Rom kann Beachvolleyball-Star Joana Heidrich wieder lächeln. Ihr Verlobter Stefan Mäder muntert die Zürcherin nicht nur auf und übernimmt im Alltag viele Handgriffe – der Eishockey-Profi macht seiner Liebsten auch die Haare schön.

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Joana Heidrich; Beachvolleyballerin+ Stephan Mäder, Eishockeyprofi

Unter den Pflastern verbergen sich die Narben der Schulter-OP.

Kurt Reichenbach

In Sachen Geduld kann sich Beachvolleyball-Star Joana Heidrich (30) eine Scheibe bei ihrem Verlobten Stefan Mäder (32) abschneiden. 22 (!) Monate liess sie den Eishockey-Profi vom EHC Visp einst zappeln, ehe sie ihm antwortete. Aktuell muss Heidrich selbst grosse Geduld aufbringen. «Keine Stärke von mir!» Nach dem bitteren Aus Mitte Juni an der WM in Rom und der darauffolgenden Schulter-OP fiel sie in ein Loch. Minutenlang waren damals ihre Schmerzensschreie am TV zu hören, nachdem sie sich die Schulter ausgekugelt hatte und die Helfer vor Ort mit der Situation heillos überfordert waren. Den auf die physische Verletzung folgenden psychischen Leidensdruck bekam kaum einer mit. Inzwischen ist Joana in der Verfassung, sich sogar die Matches ihrer Partnerin Anouk Vergé-Dépré (30) am Fernseher anzugucken. Die Bernerin spielt interimistisch mit Menia Bentele, 20, weiter, während Heidrich als ihre angestammte Blockspielerin zum Nichtstun verdammt ist. «Anfangs, als ich das realisierte, tat es mir weh. Anouk und ich sind mehr als nur Partnerinnen.»

Muller/Tillmann vs Heidrich/Verge-Depre, A. during the Beach volleyball, Beachvolleyball World Championships finals on 19th June 2022 at the Foro Italico in Rome, Italy. PUBLICATIONxNOTxINxITA Copyright: xDomenicoxCippitellix/xipa-agencyx/xx 0

Heidrich sinkt im Juni an der WM in den Armen ihrer Partnerin Anouk Vergé-Dépré im Sand zusammen.

imago/Independent Photo Agency

Das seelische Tief ist überwunden

«Es geht fürschi.» Das bestätigt auch ihr Freund Stefan. Joana: «Zu Beginn war ich extrem hilflos und auf andere angewiesen.» Auch weil sie für jeden kleinen Handgriff ihren Verlobten nötig hatte, fühlte sie sich schlecht. «Zigmal pro Tag rief ich: ‹Schatz, kannst du mir bitte …›» Mit Mühe, einer Hand und Zähnen habe sie immerhin den Deckel von Joghurtbechern runterreissen können. Das Gefühl, «nur zu fordern, jedoch nichts zurückgeben zu können», setzte ihr heftig zu. Ihr Liebster sieht es entspannter. «Joana konnte nichts alleine tun, ausser aufs WC zu gehen», sagt er lachend. Die erste Zeit nach ihrer Rückkehr aus dem Spital war anstrengend. «Schauen, dass Essen im Kühlschrank ist, Koffer auspacken, Wäsche waschen, Joana duschen – und ihre Haare zurechtmachen.» Letzteres kriegt er unterdessen zur vollen Zufriedenheit seiner Freundin hin. An einem Tag, als Stefan frühmorgens aus dem Haus musste, blieb Joana aber nichts anderes übrig, als beim Zahnarzt im Haus nachzufragen, ob man ihr dort nicht die Haare zum Rossschwanz zusammenbinden könne.

Joana Heidrich; Beachvolleyballerin+ Stephan Mäder, Eishockeyprofi

Den Pferdeschwanz bekommt Stefan inzwischen zur vollen Zufriedenheit von Joana hin.

Kurt Reichenbach

«Ich komme auch nach dieser Verletzung noch stärker zurück»

Seit elf Monaten lebt das Paar zusammen. Bis vor ihrer Verletzung teilten sie und Stefan sich die Arbeit im Haushalt jeweils spontan auf. «Wer was und wie oft macht, das wird bei uns nicht aufgerechnet», betonen beide. In der Küche hat Stefan das Sagen. «Er kocht sehr gut», schwärmt Joana. Bei seinen Burgern und Cordons bleus laufe ihr das Wasser im Munde zusammen. Stefan, ursprünglich gelernter Metzger, wuchs quasi in der Küche auf, die Eltern führten 30 Jahre ein Restaurant in Trubschachen BE. «Vater stand am Herd, Mutter arbeitete im Service – und ich half früh beim Gemüserüsten mit.» Während seine Kochkunst ihm das Lob seiner Verlobten einbringt, hat die Tatsache, dass er die Küche nach der Brutzelei blitzblank hinterlässt, bei seiner künftigen Schwiegermutter einen tiefen Eindruck hinterlassen. Seit über einem Jahr sind Joana und Stefan nun verlobt. «Wir hängten das nicht an die grosse Glocke.» Ganz klassisch sei er vor ihr auf die Knie gegangen, und zwar unspektakulär daheim. Dabei hatte Stefan zwei spezielle Orte gewählt: «Aber an der Aare in Bern herrschte Hochwasser, auf dem Gurten ging es wegen eines Hangrutsches nicht.» Ein Hochzeitsdatum hat das Paar noch nicht festgelegt.

Joana Heidrich; Beachvolleyballerin+ Stephan Mäder, Eishockeyprofi

Joana Heidrich und Stefan Mäder daheim in Thun. Ihr Verlobter half ihr aus dem seelischen Tief.

Kurt Reichenbach

Dass Joana dafür die Geduld von Stefan so strapaziert wie zu Beginn ihres Kennenlernens, ist nicht zu befürchten. 2017 schickte er der Beachvolleyballerin – nachdem sie ihm auf Facebook vorgeschlagen worden war – erst eine Freundschaftsanfrage und eine Nachricht hinterher. Im Frühjahr 2019, fast zwei Jahre später, schrieb Joana zurück. «Mir war nicht bewusst, dass so viel Zeit vergangen war», versucht sich Joana lachend herauszureden. Dass sie sich dann so schnell wie möglich mit Stefan verabreden wollte, brachte wiederum ihn in die Bredouille. «Joana pressierte es, weil sie anderthalb Wochen später für einen Wettkampf nach Brasilien reiste. Ich hatte aber an dem Termin, der ihr passte, lange zuvor mit meinen Eltern abgemacht. Also sagte ich ihr ab.» Trotzdem fanden beide Zeit fürs erste Date – und damit zueinander. Drei Dinge braucht Joana jetzt für ihr Comeback: «Geduld, Gelassenheit und das richtige Umfeld – vor allem, wenn ich mal wieder einen miesen Tag habe.» Mit Stefan an der Seite habe sie «das beste Umfeld. Ich bin ihm unglaublich dankbar, sehe das, was er tut, nicht als Selbstverständlichkeit an.» Nun versucht sie, mit Physiotherapie ihre Schulter und den Arm fit zu bekommen. Nächstes Jahr will Heidrich wieder im Sand stehen, erste Spiele absolvieren. Grösster Wunsch? Mit ihrer Beachvolleyball-Partnerin Anouk dort weitermachen, wo sie im Juni durch ihre Verletzung jäh gestoppt wurde. Joana ist überzeugt: «Ich komme noch stärker zurück.» Das hat sie schon einmal bewiesen: 2018 – nach ihrer Rückenverletzung. Und da hatte sie Stefan noch gar nicht an ihrer Seite.

Von René Haenig am 2. Oktober 2022 - 11:56 Uhr