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  4. Neues Album «Glöggelä»: Musiker Trauffer ist zurück – ohne Gölä

Trauffer ist zurück

«Meine Lieder sollen auch provozieren»

Trauffer ist zurück – ohne Gölä, dafür mit 16 Songs auf seinem neuen Album «Glöggelä». Die neue Ära läutet er mit einer selbst gemachten Glocke ein.

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19.10.2022 - MARC TRAUFFER BEIM GLOCKEN GIESSEN.

Trauffer holt seine frisch gegossene Glocke aus dem Formkasten. Nun fehlt nur noch der letzte Feinschliff.

Adrian Bretscher

Konzentriert presst Trauffer, 43, den Sand im Formkasten zusammen. So läuft der Guss, aus dem die Glocke entsteht, später nicht aus. «Mit etwas mehr Gefühl, bitte!», tadelt Giessermeister René Kern in seiner Werkstatt in Bärau BE im Emmental. Der Musiker seufzt: «Dabei war ich grad so froh, dass mir endlich niemand mehr rein- quatscht», meint er mit einem Augenzwinkern. «Glöggelä» heisst Trauffers erster Wurf nach der erfolgreichen Büetzer-Buebe-Zeit mit Gölä. Ihr gemeinsames Album wurde mit Platin ausge- zeichnet. Das Letzigrund-Stadion in Zürich haben sie zweimal gefüllt. «Jetzt muss ich wieder allein ran», sagt Trauffer, während er vorsichtig die Sandoberfläche glatt streicht. Dabei findet der Sänger richtig Gefallen am «Glöggelä»: «Das ist ja wie Gugelhopf backen und sändeln zugleich», sagt er lachend. Von Handwerk versteht Trauffer einiges. Als gelernter Maurer ist der Inhaber des Brienzer Holzspielwaren-Familienbetriebs nämlich nicht nur Unternehmer, sondern durchaus Büezer. Zu- dem betreibt er seit diesem Sommer mit seiner Frau Brigitte das eigene Bretterhotel bei Brienz. «Wie ich alles unter einen Hut bringe? Indem ich einen grossen Hut trage!», flachst Trauffer. «Tat- sächlich braucht es einfach viel Organisation und Planung.» Genau wie beim Glockengiessen.

19.10.2022 - MARC TRAUFFER BEIM GLOCKEN GIESSEN.

Nach einigen Stunden Arbeit hält Trauffer seine selbst gemachte Glocke in den Händen. Eingestanzt hat er das Berner Wappen, Edelweiss, «Trauffer» und das Wort «Alpentainer».

Adrian Bretscher
Es geht ans Dekorieren

Mit Metallstempeln zeichnet der «Alpentainer» Motive in die sandige Glocke. Für Trauffer hat die Giesserei Berger in Bärau extra ein Namensschild anfertigen lassen. «Das ist ja geil», sagt er begeistert. Gleichzeitig bereitet René Kern den Guss vor. Dafür bringt er Bronze zum Schmelzen. Bis sie heiss genug ist, dauert es. «Geduld ist nicht meine Stärke», so Trauffer. «Das Warten musste ich lernen wegen der Pandemie.» Die Zwangspause nutzte er pro- duktiv. In einem Chalet im Wallis komponierte er zwei Wochen lang Lieder. Dabei stand vor allem eins im Fokus: «Meine Musik soll lustig sein.» Trauffer schreibt selten über konkrete Personen Nach einigen Stunden Arbeit hält Trauffer seine selbst gemachte Glocke in den Händen. Eingestanzt hat er das Berner Wappen, Edelweiss, «Trauffer» und das Wort «Alpentainer». oder über Situationen aus seinem eigenen Leben. «Das ist wohl eine Art Selbstschutz.» Der eine oder andere persönliche Song schaffte es dennoch ins neue Album: Das Lied «Lawine» handelt von einem Schulschatz. «Für mich war das Gefühl von Verliebtsein immer sehr speziell», verrät Trauffer. Die Erfahrungen, wie er als Jugendlicher einem Schwarm auf der Achterbahn näherzukommen versuchte, seien für ihn extrem wichtig gewesen. «Andere Songs dienen der Provokation», gibt er zu. Zweideutigkeiten finden sich immer wieder in seiner Musik. Dabei liegen Songtexte wie der von «Holz vor der Hütte» im Auge des Betrach- ters, findet er: «Die Interpretation ist jedem selbst überlassen.» Der Bronzeguss ist nun bereit. «Pass auf! Die flüssige Bronze ist 1100 Grad heiss», warnt Kern. «Ich soll giessen?», fragt Trauffer bange. Zur Antwort drückt der Giessermeister ihm Schutz- kleidung in die Hand. Rund eine Stunde später ist die Glocke fixfertig. Trauffer ist stolz. Wie es sich anfühlt, nach langer Arbeit ein Endprodukt in den Händen zu halten, darf er bei der Platten- taufe gleich noch einmal erleben. «Aber das wol- len wir ja nicht an die grosse Glocke hängen.»

Von Vanessa Nyfeler am 29. Oktober 2022 - 08:04 Uhr