Gäste und Interviews stehen auf dem Tagesplan, ständig klingelt in der Bergkäserei Vorderfultigen BE das Telefon. Im 10-Minuten-Takt fahren Autos zum Selbstbedienungs-Kühlschrank, um sich Fonduemischungen oder Raclettekäse zu sichern. Der Ansturm ist riesig und vom Weltmeisterkäse ist beinahe nichts mehr übrig.
Dass er sein Handwerk meisterhaft beherrscht, bewies Pius Hitz (44) vor wenigen Tagen: In Bern wurde er an den World Cheese Awards zum Weltmeister gekürt. Sein «Gruyère AOP Spezial mehr als 18 Monate» überzeugte die 250-köpfige Jury. Mit dem Bergkäse Fultiger erreichte er zusätzlich den starken 4. Rang. Erfolg total! Den Siegerpokal hat er noch nicht definitiv erhalten – man munkelt, er sei vor der Gravur verschollen. Doch der Käser nimmt es sportlich. Dafür habe er nun Anfragen aus der ganzen Welt: «Die Tage nach dem Sieg waren turbulent, 300 Mails sind eingegangen, wir überlegen uns ernsthaft, einen Onlineshop zu eröffnen», so der Käsermeister.
Der frühe Käsemeister gewinnt den Award
Sein Arbeitstag beginnt früh: Um halb fünf steht er auf, eine Stunde später wird die Milch geliefert. Sie stammt von Rotfleckkühen, die im Umkreis von einem Kilometer grasen und von sieben Bauern angeliefert werden. Diese bilden auch die Genossenschaft, der die Käserei gehört.
Innerhalb von nur zwölf Stunden wird die Milch entrahmt und weiterverarbeitet. Bereits 2022 erhielt die Käserei unter Führung seines Vorgängers den Weltmeistertitel. «Es ist die Milchqualität und sofortige Verarbeitung der Rohmilch», erklärt Hitz die Spitzenleistungen.
Er selbst wuchs als Sohn eines Milchbauern auf. «Ich hatte es aber immer mehr mit der Technik als mit Tieren. Könnte man Kühe mit dem Traktor melken, wäre ich Milchbauer geworden», witzelt Hitz. Sein Arbeitsweg in die Käserei ist denkbar kurz: Im oberen Teil des Hauses lebt er mit seiner Familie, im Erdgeschoss wird produziert, im Keller reifen die Käselaibe zu Titelträgern heran. Vier Angestellte helfen tatkräftig im Betrieb mit, im Tagesgeschäft sind sie meist zu dritt.

Aline macht den Clown: Pius Hitz mit Ehefrau Mirjam, Tochter Aline und Junior Lionel vor der Käserei Vorderfultigen in Hinterfultigen BE.
Monika FlueckigerSeine grössten Kritikerinnen sind seine Mutter und seine Frau. «Als ich meine ersten Versuche mit Raclettekäse wagte, meinte meine Mutter trocken: Bleib lieber beim Greyerzer!» Mittlerweile sei aber auch dieser harmonisch, bestätigt Ehefrau Mirjam (41), die sich vollumfänglich der Kindererziehung widmet. Auch der Nachwuchs hat eine klare Meinung. Lionel (5) schwärmt vom Käse seines Vaters: «Der beste Käse der Welt», meint er – und hat damit objektiv gesehen natürlich recht.
Alina, 8, hingegen ist unbeeindruckt, sie mag keinen Käse. Vater Pius nimmts gelassen: «Ich kenne auch Käser, die Käse nicht gern haben. Meine Frau hätte ich auch geheiratet, wenn sie ihn nicht mögen würde, und Aline isst ja immerhin Fondue.» Er selbst liebt den «Crémeux» am meisten. Das Tüfteln an neuen Varianten ist die Leidenschaft von Pius Hitz. Gerade versucht er sich mit einem guten Freund an Schimmelkäse, wobei sein Kollege dabei eher der strategische Drahtzieher ist.
Fünf bis neun Kilo pro Woche
Apropos: Das «geschmolzene Gold», also Fondue oder Raclette, gehört bei Familie Hitz traditionell einmal pro Woche auf den Tisch. Gesamthaft verbrauchen sie und ihre Mitarbeiter wöchentlich zwischen fünf und neun Kilo. Beim familiären Betrieb ist Tradition, dass sich morgens alle zusammen für ein gemeinsames Frühstück in der Wohnung an den Tisch setzen.
Der grosse Traum von Pius Hitz ist es, der Käserei neuen Glanz zu verleihen. Und an Technik aufzustocken. Den Weltmeisterkäse hat er bereits im Dezember 2023 hergestellt, seitdem hat er ihn während 23 Monaten unzählige Male von Hand gesalzen. «Ein Schmierroboter wäre noch praktisch», meint er bescheiden. Und nimmt einen kleinen Brocken des würzigen Gewinnerkäses, den er sich für den privaten Genuss im heimischen Kühlschrank zur Seite legen konnte.
