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  4. Vom Bau zur Bühne: Renato Rocchinottis musikalische Reise
Der singende Baumeister

Renato Rocchinotti hat den Blues im Blut

Auf dem Bau packt er an, auf der Bühne rockt er ab: Renato Rocchinotti führt in der vierten Generation den Familien-Baubetrieb. Seine Leidenschaft aber gehört der Musik. Auf seinem jüngsten Album widmet er sich statt der Büez voll und ganz dem Blues.

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<p>Männerhöhle: Direkt neben ­seinem Zuhause in Zufikon AG liegt Renato Rocchi­nottis V8 Eventclub. Hier tritt er selbst regelmässig auf.</p>

Männerhöhle: Direkt neben seinem Zuhause in Zufikon AG liegt Renato Rocchinottis V8 Eventclub. Hier tritt er selbst regelmässig auf.

Joseph Khakhsouri

Der Mann hat zupackende Hände und eine fesselnde Stimme: Renato Rocchinotti (65). Wenn er singt, erinnert er an die 2014 verstorbene britische Rock- und Blues-Legende Joe Cocker. Doch den Blues hat der Bauunternehmer aus dem aargauischen Zufikon erst spät für sich entdeckt.

25 Jahre war Rocchinotti Leadsänger der Countryband Howdy, die auf vielen Festivals in der Schweiz spielte und auch im Ausland auftrat, etwa beim bekannten Donauinselfest in Wien. Die Arbeit als Bauunternehmer war immer sein Beruf, die Musik aber seine wahre Berufung. Er hätte sich nie vorstellen können, Berufsmusiker zu sein, sagt Rocchinotti. «Musik war mir seit je zu wichtig, um sie als Beruf zu verschwenden. Das Leben wäre für mich so zur Routine geworden. Die Musik ist eine Herzensangelegenheit.»

<p>Männertraum: 25 Jahre machte er Countrymusik, jetzt singt er Blues – und legt ein sehr persön­­­li­ches Album vor.</p>

Männertraum: 25 Jahre machte er Countrymusik, jetzt singt er Blues – und legt ein sehr persönliches Album vor.

Joseph Khakhsouri

Schon früh begann Renato Rocchinottis Herz für die Musik zu schlagen. Als Elfjähriger wünscht er sich eine Gitarre – und bekommt sie von seinem Vater auch geschenkt. Allerdings ist daran eine Bedingung geknüpft: «In der Schule musste ich Leistung bringen. Stets stand die Drohung im Raum, dass ich mein Instrument sonst wieder abgeben müsse.» Die Ibanez von damals hat er heute noch, sie ziert inzwischen eine Wand in Rocchinottis eigenem Eventlokal V8, das direkt neben seinem Zuhause liegt.

Ein Meister des Blues

In der Männerhöhle, wie er den Rückzugsort scherzhaft nennt, stellte er kürzlich sein erstes Soloalbum vor: «Black Shadows in the Dark» heisst das Werk mit zehn Songs. «Die Texte sind das Persönlichste, was ich je geschrieben habe», sagt Rocchinotti. So verarbeitet er in «Peter’s Blues» den Tod eines guten Freundes. «Es ist ein Abschiedslied, ich schrieb es, als ich erfuhr, dass er im Sterben liegt.» Rocchinottis Reibeisenstimme geht unter die Haut und trifft direkt ins Herz. Dass er das Album mit Klaus Bittner, einem der gefragtesten Gitarristen Deutschlands, aufnehmen konnte, lässt sein eigenes Herz etwas schneller schlagen.

<p>Männerspielzeug: Rocchinotti auf ­seiner mint-­beigen 1994er ­Harley-Davidson Fat Boy. «Ein Buben­traum von mir.»</p>

Männerspielzeug: Rocchinotti auf seiner mint-beigen 1994er Harley-Davidson Fat Boy. «Ein Bubentraum von mir.»

Joseph Khakhsouri

Rocchinotti hat das Musikalische nicht in die Wiege gelegt bekommen. Abgesehen von seinem Vater, der in jungen Jahren einen kurzen Ausflug in die Blasmusik-Sparte wagte, ist Renato der einzige Musikverrückte in der Familie. Das zeichnete sich früh ab: «Schon als Siebenjähriger sang ich meinen Tanten im Auto die Ohren voll, wenn sie mit unserer Grossfamilie ins Tessin fuhren.»

Auch seine Frau und die gemeinsamen Kinder, zwei Söhne sowie eine Tochter, überlassen das Singen allein ihm. Ob einer der beiden Enkel dem Grossvater dereinst nacheifert, wird sich erst noch zeigen. «Man sollte seine Kinder nie zu etwas zwingen», lautet die Devise des singenden Baumeisters. «Wobei das mit dem Baumeister ja so nicht ganz stimmt», merkt Rocchinotti bescheiden an. Schliesslich habe er nie irgendeine Meisterprüfung auf dem Bau abgelegt.

Ob Meister oder Büezer – auf jeden Fall hat er den Blues im Blut.

René Haerig, Ringier
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Von René Haenig vor 4 Stunden