Von 1989 bis 2019 liefen die Hörspiele um Privatdetektiv Philip Maloney höchst erfolgreich auf Radio DRS 3. Im Januar 2025 kommt «Maloney» nun als TV-Serie ins SRF-Programm. Und seit Donnerstag ist er in einer Kinofassung zu sehen. Die Hauptrolle spielt der Berner Marcus Signer (wird am 6. Dezember 60).
Herr Signer, hier haben sich zwei Kultfiguren getroffen: Kult-Ermittler und Kult-Schauspieler...
Marcus Signer: Wenn Sie das sagen, nehme ich es gerne an (lacht).
Im Ernst: Hatten Sie keine Angst, dieser ikonischen Figur, die bisher nur durch ihre Stimme bekannt ist, ein Gesicht zu geben?
Maloney ist ein Erbe mit viel Gewicht und ebenso vielen Fans mit grosser Erwartungshaltung. Wie muss Maloney optisch daherkommen, damit er glaubwürdig ist, fragte ich mich. Ich kam mir wie ein Anfänger vor, der sich sorgsam abtastet. Diese Aufgabe war in der Tat schwierig. Schiss hatte ich nicht, aber sehr viel Respekt. Doch mit jedem Tag lernte ich dieses «Kostüm» besser kennen. Es entstand keine Routine, aber ein gewisses Grundvertrauen. Nach ein paar Wochen kamen dann die ersten Muster und wir sahen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Waren Sie bei der Erstausstrahlung der Hörspiele am Sonntagmorgen jeweils vor dem Radio?
Nein, da habe ich lieber ausgeschlafen (lacht). Aber das war sicher ein Vorteil: Durch meine Unerfahrenheit hatte ich keine imprägnierte Erwartungshaltung, auch mir gegenüber, und konnte frei an die Sache herangehen.
Und den deutschen Schauspieler Michael Schacht, der den Maloney gesprochen hat und 2022 gestorben ist, haben Sie auch nicht gekannt? Er war ja in Bern am Stadttheater engagiert.
Nein, wir gingen offenbar aneinander vorbei. Vielleicht habe ich ihn schon gesehen, im «Ringgenberg» oder «Pyri», wo die Stadttheaterleute verkehrten, aber nicht gewusst, wer er war, auch Roger Graf, den Erfinder und Urheber, habe ich erst jetzt kennengelernt. Ein feiner Typ. Er gab uns Rückendeckung, was uns wiederum mehr Vertrauen gab. Ich habe im Vorfeld aber Dutzende von Hörspiel-Folgen gehört, um mich in Maloney hineinzufühlen.
Hatten Sie Einfluss auf die Dialoge?
Ja, ich habe geschaut, dass keine «verdeutschten» Ausdrücke zur Verwendung kommen und das alles wirklich Berndeutsch klingt. Fixe und bekannte Wendungen wie «Üble Sache, Maloney» und «ich tat, was ich in solchen Fällen immer tue» liessen wir natürlich stehen. Aber innerhalb der Dialoge wurde in den Original-Vorlagen oft vergessen, dass wir in der Schweiz sind. Dort machte ich meinen Einfluss als Berner geltend (lacht). Wir haben die Pilotfolge dann auf Hochdeutsch und in Dialektsprache gedreht, um zu schauen, was besser ankommt. Und wir merkten: Mundart geht viel mehr unter die Haut.
Und bei Ihnen hat man den Vorteil, dass Sie auch rein stimmlich funktionieren. Sie arbeiten selber auch viel als Sprecher. Deshalb sind Sie eine Traumbesetzung.
Was wollen Sie trinken (lacht)? Jedenfalls wurde scheinbar niemand anderes angefragt. Man fand wohl: entweder mit dem Signer oder mit dem Signer. Was mich sehr ehrt und freut. Mit mir konnten sie jedenfalls sicher sein, dass ein kräftiges Organ daherkommt. Aber das ist von der Natur gegeben, reines Glück. Wobei ich schon immer trainiert habe, schon als Bub habe ich immer herumgesungen und Radio-Improvisationen gemacht.
Die Berner haben Maloney nun gekapert. Stefan Kurt spielt Maloneys Widersacher, den Polizisten. Sie beide streiten sich im Film dauernd, eigentlich wirken Sie wie ein altes Ehepaar...
...ja, das hat etwas. Die bange Frage bei den Produzenten war: Können wir gemeinsam arbeiten? Wir kannten uns zwar vom Sehen, haben aber noch nie zusammen gedreht, was erstaunlich ist. Wir kreuzten uns immer nur an Preisverleihungen. Wir waren jeweils beide nominiert und dadurch eigentlich Konkurrenten. Aber diese Begegnungen waren immer witzig. Und es war ein Glück, dass wir uns von Anfang an gut riechen konnten auf dem Dreh. Ich hatte am Anfang den Spleen, dass Maloney einen englischen Akzent haben könnte (ahmt ihn nach). Wir amüsierten uns köstlich. Aber Stefan durfte nie wirklich lachen, weil es sonst seinen angeklebten Polizisten-Schnauz zerrissen hätte.
Früher verkörperten Sie gerne Gauner und Filou, seit kurzem lieber Gesetzhüter wie den Bundespolizisten Manfred Kägi in «Wilder» und nun einen Privatermittler.
Ich wollte tatsächlich schon länger mal einen Kommissar spielen. Vielleicht glaubt man jemandem, der Erfahrungen hat mit Schattenseiten und Abstürzen, als Schauspieler und Mensch, mehr, dass er weiss, was Sache ist, als jemandem, der immer nur auf der richtigen Seite stand. Der gar nie in eine andere Welt reinschauen konnte. Der zwar theoretisch weiss, wovon er spricht, aber nie Erfahrungen sammeln konnte. Das macht eine Figur viel interessanter und vielschichtiger, gerade im Kriminalbereich, Figuren, die mit allen Wassern gewaschen sind und sich in die Köpfe ihrer Gegner hineindenken können, weil ihnen diese Welten nicht fremd sind.
Und wir haben gestaunt: Am Schluss kommt im Film gar noch ein Schuss Erotik ins Spiel...
Das erwartet man wirklich nicht, wenn man die Hörspiele kennt und sich Maloney vorstellt. Dass der jetzt noch ein Liebesabenteuer hat, hätte man ihm zwar gewünscht, aber nicht zugetraut. Ganz ausgetrocknet wirkt Maloney zwar auch in den Hörspielen nicht. Doch es ist überraschend. Auch, dass er sogar tanzt. Er lässt sich endlich einmal gehen. Und es scheint ihm zu gefallen. Ausser, dass er am nächsten Tag Muskelkater in den Beinen hat.
Die Hörspiele hatten Retro-Charakter, der Film nun auch. Wieso sollen auch junge Leute für diesen Film ins Kino?
Weil die Geschichten stets einen völlig unerwarteten Verlauf nehmen. Sie sind sehr erfrischend. Und dieser Retro-Charakter hat grossen Charme. Man kann sich identifizieren mit den Figuren. «Maloney» heisst gute, zeitlose Unterhaltung, geile Ausstattung, schönes Licht, toller Sound. Man kann sich voll in eine andere Welt hineinfallen lassen. Und das ist schön. Obschon es Kriminalfälle sind und es Tote gibt. Das Ende ist immer hoffnungsvoll.