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Farah Rumy

Sie ist die Stimme der Pflege

Es ist erst ihre zweite Session, doch SP-National­rätin Farah Rumy gehört bereits zu den Gefragtesten im Bundeshaus. Als Pflege­fachfrau kämpft sie für ihre Kolleginnen und Kollegen. «Klar spüre ich auch einen Druck.»

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Farah Rumy, Nationalraetin SP

Pflegefachfrau, Berufsschullehrerin, Nationalrätin: Farah Rumy zu Hause in Grenchen SO. Hier lebt sie alleine.

Kurt Reichenbach

Ein grosses Interview in der NZZ, unzählige Berichte in den Regionalzeitungen, ausführliche Porträts in Radio und TV. Mit ihrer überraschenden Wahl in den Nationalrat ist Farah Rumy (32) zum Medienstar geworden. «Mein Leben hat sich in den letzten Monaten ziemlich verändert», sagt die SP-Politikerin zu Hause in Grenchen SO.

2020 arbeitet Farah Rumy noch als Fachfrau interventionelle Kardiologie im Herzkatheterlabor des Bürgerspitals Solothurn. Hier behandelt sie Patienten mit Herzinfarkt. Häufig geht es um Leben und Tod, um schnelle Entscheidungen und rasches Handeln. Wenn ihr Pager piepst, heisst es: los! Auch wenn es mitten in der Nacht ist. «Ich arbeitete oft in Schichten von zwölf bis sechzehn Stunden. Aber die Arbeit empfand ich als sinnstiftend, weil wir Leben retten konnten.»

Mit der Ausbreitung der Pandemie ändert sich auch ihr Arbeitsalltag. «Der Aufwand wegen der Schutzmassnahmen wurde doppelt so gross. Und auch als ich selber an Covid erkrankte und es mir hundsmiserabel ging, wurde erwartet, dass ich arbeite.» Eines Nachts kündigt eine Kollegin, und Rumy findet: So gehts nicht weiter.

 

Farah Rumy, Nationalrätin SP

Mit Farah Rumy und Patrick Hässig sind letzten Oktober gleich zwei Pflegefachleute in den Nationalrat eingezogen.

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Wurzeln und Wünsche

Farah Rumy ist in Sri Lanka geboren. Ihr Vater fand in den 90er-Jahren in Grenchen eine Stelle in der Uhrenindustrie, sie kam als Sechsjährige mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in die Schweiz nach. Ihre Grosseltern in Colombo besucht Rumy wenn möglich alle zwei bis drei Jahre. «Ich bin stolz auf meine Wurzeln, wurde aber nicht deswegen gewählt», sagt sie.

Nach der Schule macht sie ein Praktikum im Spital und dann eine Lehre als Fachfrau Gesundheit bei der Spitex. Danach studiert sie an der Höheren Fachschule in Olten. Hier lernt sie Corinne Schmutz (32) kennen – noch heute eine ihrer besten Freundinnen. «Ich wusste von Anfang an, dass Farah nicht eine normale Pflegefachfrau ist, dass mehr aus ihr wird. Sie war schon immer sehr zielstrebig», sagt Schmutz.

Farah Rumy, Nationalrätin SP

Mit ihrer besten Freundin, Corinne Schmutz (r.), die noch immer im Spital arbeitet, tauscht sich die Politikerin regelmässig aus.

Kurt Reichenbach

«In die Politik wollte ich eigentlich nie», sagt Rumy. «Ich wollte mich nicht angreifbar machen.» Doch als sich die Situation im Gesundheitswesen so verschlechtert, setzt sie sich für die Pflegeinitiative ein und tritt der SP bei. Sie demonstriert, verteilt Flyer und hält Reden. «Die SP kam auf mich zu und fragte, ob ich für sie kandidieren würde.» Sie schafft überraschend den Sprung in den Kantonsrat von Solothurn und in den Gemeinde- und Bürgerrat von Grenchen. Letztes Jahr noch eine Überraschung: Sie rutscht bei den Nationalratswahlen für Franziska Roth nach. Mit ihr und dem Zürcher Patrick Hässig (45) ziehen gleich zwei Pflegefachleute nach Bundesbern.

Sie kämpft für ihre Kollegen

Als Neue hat sie keinen Sitz in ihrem Wunschgremium, der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit, bekommen. Sie ist dafür in der Aussenpolitischen Kommission. «Das ist auch sehr spannend.» Trotzdem setzt sie sich weiterhin für ihre Kolleginnen und Kollegen aus den Pflegeberufen ein: «Die Arbeitsbedingungen müssen sich ändern. Pausen und Arbeitszeiten sollten zwingend eingehalten werden und die Grundbelastung abnehmen.» Immer wieder bekommt sie Anrufe, Mails und Briefe. «Die Pflegefachleute haben mich gewählt, und sie haben nun auch Erwartungen an mich», sagt Rumy. «Klar ist das ein Druck. Aber den mache ich mir auch selber, weil ich will, dass sich etwas verändert.»

Die Pandemie hat Farah Rumy nicht nur zur Politikerin gemacht, sondern auch zur Kämpferin – obwohl sie das nie vorhatte.

SD
Silvana DegondaMehr erfahren
Von Silvana Degonda am 18. März 2024 - 06:00 Uhr