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Päpstliche Überraschung

So war die historische Vereidigung der Schweizergarde

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten schwören 27 Schweizergardisten dem Heiligen Vater persönlich Treue und Ehre. Ein Fest der Präzision und Hingabe. «Diese Männer zeigen Schweizer Werte ohne Worte», sagt der neue Präsident der Schweizergarde, Martin Candinas.

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<p>Ein Kadett legt den Eid ab. Das Altersfenster für eine Aufnahme in die Päpstliche Schweizergarde liegt zwischen 19 und 30 Jahren.</p>

Ein Kadett legt den Eid ab. Das Altersfenster für eine Aufnahme in die Päpstliche Schweizergarde liegt zwischen 19 und 30 Jahren.

Keystone

«So wahr mir Gott und unsere heiligen Patrone beistehen!» – die Stimme des jungen Mannes hallt über den Damasushof, schallt von den Mauern des Apostolischen Palastes wider. Ein Moment, in dem die Schweiz sichtbar wird: diszipliniert, stolz, präzise. Der Gardist senkt die Hand, hebt den Blick. Er würde sein Leben für den Papst geben.

Zum ersten Mal seit 57 Jahren ist das Oberhaupt der katholischen Kirche wieder persönlich bei einer Vereidigung der Schweizergarde zugegen. Als der weiss gewandete Papst Leo XIV. den Hof betritt, erheben sich alle 800 Gäste. Applaus, der 70-jährige Papa lächelt. «Das war gewaltig!», sagt Martin Candinas (45) Präsident der Stiftung Päpstliche Schweizergarde im Vatikan und Mitte-Nationalrat. «Das höchste Zeichen der Wertschätzung, das es geben kann.» Ursprünglich hätte das Fest im Mai stattfinden sollen – nach dem Tod von Papst Franziskus wurde es in den Herbst verschoben.

<p>Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter traf den Heiligen Vater bereits am Vortag zu einer Privataudienz.</p>

Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter traf den Heiligen Vater bereits am Vortag zu einer Privataudienz.

Vatican Pool/Getty Images

Eine Glocke schlägt fünfmal. Es ist 17 Uhr. In Zweierreihen ziehen die Schweizergardisten ein, Schritt für Schritt, von Osten her. 27 junge Männer verpflichten sich, dem Heiligen Vater «treu, redlich und ehrenhaft» zu dienen. Laut und klar sprechen sie ihren Eid – in Deutsch, Französisch und Italienisch. Nur Romanisch fehlt diesmal. «Das bedaure ich sehr», sagt der Bündner Candinas mit einem Augenzwinkern. «Ich hoffe, bald schwört wieder einer in unserer vierten Landessprache.»

<p>Martin Candinas begrüsst den Papst mit «Sua Santità» («Eure Heiligkeit»): «Natürlich auf Italienisch, unsere Landessprache», erklärt der Nationalrat.</p>

Martin Candinas begrüsst den Papst mit «Sua Santità» («Eure Heiligkeit»): «Natürlich auf Italienisch, unsere Landessprache», erklärt der Nationalrat.

Vatican Pool/Getty Images

Zwischen Trommelwirbeln und Fanfaren leuchten die Emotionen auf. Mütter und Väter wischen sich Tränen aus den Augen. Der Papst verfolgt das Geschehen mit ruhigem Blick, die Hände gefaltet im Schoss.

Auch Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) ist mit ihrem Ehemann Morten Keller (61) nach Rom gereist. Sie sitzen in der Mitte des Hofs, auf Stühlen mit rotem Kissen. Am Vortag hat sie der Papst in einer Privataudienz empfangen – 45 Minuten dauerte der Austausch. «Wir sprachen über Frieden, Verantwortung und Werte», erzählt sie später. «Es war ein tiefgründiges, bewegendes Gespräch.» Auf Englisch hätten sie sich unterhalten, er habe sie als «Madam President» begrüsst und sei über die Schweiz gut informiert gewesen. Auch Martin Candinas durfte den Heiligen Vater bereits am Freitag kurz treffen. «Ich spürte sofort, dass er die Schweizergarde sehr schätzt», erzählt er. Vom Papst erhielt er einen Rosenkranz und ein Medaillon – als Andenken an das Heilige Jahr 2025.

<p>Audienz für die neuen Gardisten und ihre Eltern in der Sala Clementina – mit den Kindern aller Garde-Angehöri­gen.</p>

Audienz für die neuen Gardisten und ihre Eltern in der Sala Clementina – mit den Kindern aller Garde-Angehörigen.

Keystone

Am Samstag begegnen sie sich wieder – diesmal unter freiem Himmel, zwischen Trompetenklang und Applaus. «Eine Freude für die Schweizergarde, die dieses Ereignis seit Jahrzehnten nicht mehr in Anwesenheit des Papstes feiern durfte», sagt Keller-Sutter. «Wenn man sieht, wie präzise und aufmerksam diese jungen Männer auftreten – jeder Griff, jeder Tritt sitzt», sagt Candinas nach der Vereidigung. «Das ist beste Werbung für unser Land. Das sind Schweizer Werte – ohne Worte.» Ob er selbst je Gardist hätte werden wollen? «Ich war untauglich – wegen meiner Sehschwäche», lacht er. «Darum motiviere ich jetzt einfach die anderen. Und wie gesagt, ich hoffe sehr, dass nächstes Jahr wieder jemand auf Romanisch schwört.»

<p>Die Schweizergarde präsentiert erstmals seit Jahrzehnten eine zusätzliche Uniform: die schwarze Mezza Gala, getragen bei Empfängen oder festlichen Abendessen.</p>

Die Schweizergarde präsentiert erstmals seit Jahrzehnten eine zusätzliche Uniform: die schwarze Mezza Gala, getragen bei Empfängen oder festlichen Abendessen.

KEYSTONE/Urs Flueeler

Die Zeremonie dauert 90 Minuten. Der Gastkanton Uri präsentiert sich in Tracht und mit Jodelgesang – eine Reminiszenz an den ersten Hauptmann der Garde, Kaspar von Silenen (1467–1517), der aus Uri stammte.

Nach der Vereidigung spielt die Musik der Schweizergarde eine Instrumentalversion des Mundarthits «Alperose» – und danach ein Stück der Rockband Toto: «Africa». Als der Papst am Ende die Hand erhebt, wird es still. In freier Rede spricht er: Die Eidesleistung sei «ein sehr wichtiges Zeugnis in der heutigen Welt». Und er schliesst mit einem Segen: «Gott segne Sie, segne Ihre Familien und begleite Sie allezeit.»

Silvana Degonda
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Von Silvana Degonda am 11. Oktober 2025 - 06:00 Uhr