Der sechste SI-Stammtisch steigt auf Weltklasse-Niveau. Auf der Tartanbahn messen sich am UBS Kids Cup 500 Kids von ursprünglich 125000 Teilnehmenden. Sabine Keller-Busse, Chefin der UBS Schweiz, verteilt Preise: «Ich bin begeistert von der Stimmung, der Leidenschaft und Freude der Jungen.» Währenddessen trifft sich im Letzigrund-Stadion eine illustre Runde. Die Berner Sprinterin Mujinga Kambundji, 29, WM-Bronzemedaillengewinnerin über 200 Meter und über 100 Meter im Letzigrund in neuer persönlicher Bestzeit (10,94) gestoppt, ihre Thurgauer Kollegin, 400-Meter-Hürdenläuferin Yasmin Giger, 21, der Zürcher UBS-Regionaldirektor Stephan Stotz, 51, sowie SI-Leserin Claudia Rebsamen, 43, Psychologin aus Hochfelden ZH, und -Leser Stephan Zulauf, 62, Coiffeurmeister aus Schinznach Dorf AG. Er gewann 2015 über 400 Meter den EM-Titel in seiner Alterskategorie.
Welches Sportpensum haben Sie heute schon absolviert?
Mujinga Kambundji: Ich bin soeben eine lockere Warm-up-Runde gejoggt.
Yasmin Giger: Und ich bin von der Tiefgarage hier raufgekommen. Weltklasse Zürich liegt ja erst zwei Tage zurück. Und morgen steht bereits der nächste Wettkampf bevor. Deshalb gönne ich mir heute eine Pause.
Stephan Stotz: Ich war diese Woche während Weltklasse Zürich und heute beim UBS Kids Cup vor allem Passivsportler. Aber heute war ich am Greifensee joggen.
Claudia Rebsamen: Und ich war mit der Tochter beim Shopping. Das ist Hochleistungssport (lacht).
Stephan Zulauf: Ich nehme es momentan noch locker. Aber am nächsten Wochenende finden die Schweizer Meisterschaften in Bellinzona statt. Da starte ich über 200 und 400 Meter.
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem UBS Kids Cup?
Kambundji: Es ist schon eine Zeit her, dass ich hier gestartet bin. Aber ich bin seit Jahren als Botschafterin dabei – und das ist eine Aufgabe, die mir sehr am Herzen liegt. Früher begleitete ich auch meine Schwester Ditaji an diesen Wettkampf, durfte ihr sogar die Medaille übergeben. Und nun starte ich mit ihr zusammen bei Weltklasse Zürich – ein grossartiges Gefühl und auch eine wunderbare Referenz für den UBS Kids Cup. Denn viele der Schweizer Top-Leichtathletinnen und -Leichtathleten starteten früher hier.
Giger: Als ich vorhin auf der Bahn bei den Juniorinnen war, wäre ich am liebsten selber auch wieder gestartet. Man sieht bei den Kindern und Jugendlichen die leuchtenden Augen. Ich habe selber hier viermal gewonnen. Es ist ein ganz spezieller Anlass, bei dem vieles abläuft wie bei den Grossen: Callroom, Aufruf, Start, Rennen. Viele der jungen Sportler erhalten hier einen ersten Eindruck von einem echten Wettkampf. Früher war ich es, die den Profis die Fragen stellte. Heute darf ich die Antworten liefern. Das macht mich schon etwas stolz.
Kambundji: Ich nehme meine Aufgabe hier extrem ernst. Wenn man die begeisterten Kinder sieht, erinnert man sich automatisch an die eigene Jugend. Deshalb will ich ein Vorbild sein und versuchen, den Juniorinnen zu vermitteln, dass sie den Weg gehen können, den ich gemacht habe.
Stotz: Man braucht Vorbilder – im Sport wie im Beruf. Am Schluss ist es immer schön, wenn jemand nach seinen Vorstellungen seinen Weg gehen kann. An der Leichtathletik beeindruckt mich vor allem das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Beteiligten. Für die UBS ist es wichtig, sich gesellschaftlich zu engagieren und allen Kindern, unabhängig von ihren schulischen oder sportlichen Talenten, den spielerischen Zugang zur Leichtathletik zu ermöglichen. Auch intern ist der UBS Kids Cup für uns eine ganz wichtige Sache. Wir stellen hier während des ganzen Jahres bis zu 800 Freiwillige, die für die Begleitung der Jugendlichen verantwortlich sind. Die Mitarbeitenden identifizieren sich in einem hohen Masse mit der Veranstaltung, die es in dieser Form nun schon seit zehn Jahren gibt.
Kambundji: Es ist wichtig, dass die Jungen hier eine Startmöglichkeit unter fast schon professionellen Bedingungen erhalten. Gleichzeitig kann man aber auch sagen: Die Leichtathletik ist ein Sport, bei dem auch Quereinsteigerinnen und Spätzünder noch eine Chance haben. Das gefällt mir. Im Gegensatz zu anderen Sportarten muss man nicht schon im Alter von 15 Jahren Weltklasse sein.
Zulauf: Ich habe erst mit 22 Jahren begonnen – und merkte, dass ich ein Talent fürs Laufen mitbringe. Über 400 Meter schaffte ich es einmal so-gar in die nationale Serie bei Weltklasse Zürich. Das war ein schwer beeindruckendes Erlebnis. Man getraut sich fast nicht auf die vollen Tribünen zu blicken.
Rebsamen: Als Eltern freut man sich, wenn die eigenen Kinder Sport treiben. Meine Tochter ist eine begeisterte Unihockeyspielerin. Irgendwann muss man sich als Eltern entscheiden, ob man sich stärker engagieren und in die Karriere der Kinder investieren will.
Giger: Ich bin ein extremer Familienmensch. Wenn meine Familie an den Wettkämpfen dabei ist, fühle ich mich automatisch wohler und sicherer. Schliesslich war es auch mein älterer Bruder, der mich zum Sport brachte. Ich war von seiner Geschwindigkeit schwer beeindruckt – und wollte so schnell sein wie er.
Stotz: Auch ich wurde von meiner Familie geprägt. Mein Vater arbeitete ebenfalls bei der UBS. Aber ich wollte eigentlich keine Bankkarriere machen – und wäre lieber in die Beratung eingestiegen. Doch mittlerweile arbeite ich seit 23 Jahren bei der UBS. Im Bankenwesen ist es ähnlich wie im Sport. Es geht darum, Verantwortung für das eigenen Handeln zu übernehmen und Resultate zu bringen. Ganz wichtig ist ausserdem, Zusammenarbeit zu leben und stets den Nachwuchs zu fördern.
Rebsamen: Im Sport ist der Grat zwischen Fördern und Überfordern aber schmal. Je nach Sportart sind die Eltern enorm wichtig. Und es ist das Schönste, wenn man als Eltern das Kind begleiten kann.
Kambundji: Ich lief immer aus Spass. Meine Eltern haben mich nie unter Druck gesetzt, es war auch lange nicht mein Ziel, Profi zu werden. Der Druck kam von mir selber. Als für die EM 2016 meine Eltern und zwei meiner Schwestern nach Amsterdam reisten, überkam mich plötzlich ein schlechtes Gewissen, dass sie die Reise nur für mich gemacht hatten. Damals entstand ein gewisser Druck. Aber mit dem Gewinn der Bronzemedaille ging ja letztlich alles bestens auf.
Meine Eltern haben mich nie unter Druck gesetzt – ich lief immer aus Spass
Mujinga Kambundji
Zulauf: Der Druck wächst parallel mit der Leistung.
Giger: Wenn die ganze Familie zu einem Wettkampf anreist, will man die beste Leistung bringen. Wichtig ist dann, dass man sich auf etwas Positives konzentriert. In einer stressigen Situation kann es helfen, wenn man sich in Erinnerung ruft, weshalb man Leichtathletin geworden ist – weil es ein wunderbarer Sport ist und man Spass mit Kolleginnen haben kann.
Stotz: Wichtig ist, dass man sich nicht verkrampft, sondern mit Freude an der Sache ist und keine übertriebenen Erwartungen erzeugt. Das gilt für Beruf wie Sport. Letztlich muss man hüben wie drüben Lösungen präsentieren und den Jungen zeigen, was sie erreichen können.
Giger: Das ist eine schöne Sichtweise.
Stotz: Meine Söhne sind 11 und 13 alt. Der Ältere wäre der geborene Läufer – aber er spielt Fussball bei den C-Junioren des FC Maur.
Kambundji: Ich begann mit sieben Jahren mit der Leichtathletik – und wurde dann immer schneller. Ich machte Erfahrungen und wuchs an der Aufgabe.
Stotz: Ich sehe den Sport auch als Lebensschule. Man lernt, mit Siegen und Niederlagen umzugehen. Und man muss den Mumm haben, etwas zu riskieren, auch wenn es nicht perfekt wird. Dies ist im Geschäftsleben auch wichtig. Denn Fehler gehören dazu.
Rebsamen: Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht immer alle gewinnen können. Deshalb ist für eine Sportlerin sehr wichtig, sich als Persönlichkeit zu entwickeln.
Kambundji: Wenn ich Sport und Studium vergleiche, gibt es einen grossen Unterschied. Beim Sport muss man auf den Punkt bereit sein – und das im Training erarbeitete Potenzial innerhalb von Sekunden explosiv abrufen. Das ist oft auch eine Sache der Tagesform und der Nerven. Auf eine schulische Prüfung dagegen bereitet man sich vor – und kann dann das Gelernte einbringen – oder eben nicht. Intuition und Spontanität spielen da eine weit weniger grosse Rolle als im Sport.
Giger: Es gibt für alle Athletinnen immer schwächere Phasen. Aber die muss man als Herausforderung nehmen. Im Sport lernt man, Lösungen zu finden.
Stotz: Da stimme ich völlig zu. Gerade Herausforderungen können die Würze im Leben ausmachen.
Zulauf: Das kann ich aus erster Hand bestätigen. Im Sport lernt man, nach Niederlagen wieder aufzustehen.
Wie war es, im Letzigrund wieder vor Zuschauern zu laufen?
Kambundji: Ein überwältigendes Gefühl – das haben mir alle Athletinnen und Athleten bestätigt. Wir haben das Publikum vermisst, und das Publikum hat uns vermisst.
Die Saison neigt sich dem Ende zu. Was sind Ihre nächsten Pläne?
Kambundji: Ich gönne mir eine Pause, in der ich Dinge erledigen kann, für die ich während der Saison keine Zeit fand. Und ich möchte in den Ferien etwas ganz anderes machen – an einem anderen Ort. Was und wo, weiss ich noch nicht. Aber ein radikaler Tapetenwechsel ist die beste Erholung.
Giger: Auf mich warten noch drei Wettkämpfe. Dann möchte ich die Saison Revue passieren lassen. Es ist nicht so, dass der Körper unbedingt eine Pause nötig hätte – aber der Kopf. Auch ich freue mich sehr auf die Fe-rien. Dann werde ich gleich viel essen wie jetzt – aber ohne schlechtes Gewissen. Und ich werde backen. Das mache ich sehr gern. Und ich werde alles probieren, bevor ich es meiner Familie serviere.
Im Rahmen des SI-Stammtisches beleuchtet der UBS Kantonaler Wettbewerbsindikator jeweils kurz jeden Kanton, den wir besuchen.
Der Kanton Zürich weist ein hervorragendes langfristiges Wachstumspotenzial auf. Dazu tragen die sehr gute Wirtschaftsstruktur bei sowie ein hohes Bildungsniveau der Arbeitskräfte. Das Einzugsgebiet, das Arbeitskräftepotenzial sowie die Absatzmärkte für Unterneh-men sind dank der zentralen Lage schweizweit am grössten. Doch selbst im top platzierten Kanton gibt es regionale Unterschiede: So bleiben das Zürcher Unter- und Oberland sowie das Weinland klar hinter dem Gesamtkanton zurück. Mit der Entfernung zur Stadt Zürich nimmt auch die Innovationskraft ab. Wettbewerbsfähigkeit hat neben Infrastruktur und geografischer Lage auch eine politische Dimension. So gehören die Unternehmenssteuern im Kanton Zürich zu den höchsten der Schweiz, was – zusammen mit überdurchschnittlichen Lohnniveaus und Büromieten – den Standort als teures Pflaster für Unternehmen untermauert. Auch im Bereich Staatsfinanzen befindet man sich lediglich im Mittelfeld. Demnach verfügt sogar der Kanton Zürich noch über Steigerungspotenzial.
Der SI-Stammtisch im Letzigrund wurde unter Einhaltung der Covid-Richtlinien des BAG durchgeführt.