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Ihr bestes Jahr

Mujinga Kambundji gönnt sich eine Auszeit in Nepal

Gold, Rekorde und nochmals Gold. Mit den Titeln Europa- und Weltmeisterin erklimmt Mujinga Kambundji diese Saison den Thron der Sprintkönigin. Vor der glamourösen Sport-Gala gönnte sich die Bernerin eine Auszeit in Nepal. Warum sie sich karitativ engagiert. Und wie sie Weihnachten verbringt.

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Mujinga Kambundji 2022 Mujinga Kambundji  ©Thomas Buchwalder

Mujinga Kambundji ist Europa- und Weltmeisterin.

Thomas Buchwalder
Mujinga Kambundji 2022 Mujinga Kambundji  ©Thomas Buchwalder

Für Mujinga Kambundji könnte es zurzeit nicht besser laufen.

Thomas Buchwalder

«Ich renne», antwortet Mujinga Kambundji auf die Frage von Dammar Bishurakarma, was sie arbeite. Der Reisbauer macht grosse Augen. Und so nimmt die Schweizer Besucherin ihr Handy und zeigt ihm ein Video von einem ihrer 100-Meter-Sprints. Noch immer verdutzt erzählt der Mann von einem seiner Bekannten. Dieser renne ebenfalls – als Sherpa auf die einheimischen Achttausender. «Das wäre nichts für mich», sagt die schnellste Schweizerin und lacht. «Da würde mir rasch der Schnauf ausgehen.»

SRK Projektbesuche in Nepal im Distrikt Dang Deukhuri. September 2022 Die Familie von Dammar Bishwakarma 36 und seiner Frau Mina 32 sind an der Wasserversorgung angeschlossen. SRK Botschafterin Munjinga Kambundji. Bild © Remo Naegeli

In Dhanauri hilft die Bernerin dem Bauern Dammar Bishurakarma beim Schweinefüttern. Auch auf dem Hof ihres Grosis im Bernbiet packt
sie gern an.

Remo Nägeli

32 Grad, tropische Feuchtigkeit, auf dem nahen Reisfeld zieht ein Ochs einen Holzpflug. Mujinga Kambundji (30) steht im Schweinestall von Dammar Bishurakarma (35). Als Botschafterin des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) ist die Bernerin in das bitterarme Land am Himalaja gereist, um Projekte des Hilfswerks zu besuchen. Es ist Ende September, kurz nach Ende von Kambundjis Saison. Hier im Bauerndorf Dhanauri im flachen Süden des Landes haben Einheimische auch mit Spendengeldern aus der Schweiz eine Quellfassung, einen 100'000 Liter fassenden Wasserturm und ein Leitungssystem gebaut. Nun haben 750 Haushalte von je etwa fünf Menschen fliessendes Wasser.

Auch für Familie Bishurakarma gibts jetzt sauberes Trinkwasser ab dem Hahnen. «Woher hattet ihr das Wasser früher?», will Kambundji von Bishurakarmas Frau Durga wissen. «Ich ging es im nächsten Fluss holen, eine halbe Stunde zu Fuss. Doch es war oft dreckig.» Dank dem sauberen Wasser kommen oft tödliche Durchfallerkrankungen kaum mehr vor. «Deswegen haben wir nun ein besseres Leben», sagt die Bäuerin.

SRK Projektbesuche in Nepal im Distrikt Dang Deukhuri. Das SRK unterstuetzt und foerdert die Muettergruppen und Entbindungsstationen. September 2022 Bild © Remo Naegeli

Mit Videos erklärt die SRK-Botschafterin Krankenschwestern der Geburtsklinik in Baisa ihren Beruf.

Remo Nägeli

Kaum ist das Auto zum nächsten Projektbesuch losgefahren, schläft Kambundji tief und fest, trotz unzähliger Schlaglöcher. Die Müdigkeit ihrer eben zu Ende gegangenen Saison umfängt sie. «Ich bin froh, nun fünf Wochen Ferien zu haben», sagt sie bei der nächsten Rast. «Es war eine strenge Saison, meine bisher beste.» An der Hallen-WM in Belgrad holte Kambundji Gold über 60 Meter, mit der Jahresbestzeit von 6,96 Sekunden. Auch an der EM in München im August
liess sie die Schweiz jubeln: Gold über 200 Meter, Silber über 100 Meter (10,99 s)! Sportministerin Viola Amherd war eine der Ersten, welche die neue Europameisterin vor Ort beglückwünschte. «Das war sehr speziell für mich, mega cool!»

Und was passierte mit den Pflanzensetzlingen, die sie bei den Siegerehrungen bekam? Ein Säckli schenkte sie ihrem Grosi Hanni (88). Die anderen Setzlinge pflanzte sie in ihrem Gärtli – auf der Dachterrasse der Wohnung, die Kambundji mit ihrem Freund, Trainer und Manager Florian Clivaz, in Wabern BE bewohnt. Der 28-jährige Walliser war früher selber Sprinter.

«Ich bin ein Reisefüdli. Und ich liebe es, fremde Kulturen kennenzulernen»

SRK Projektbesuche in Nepal im Distrikt Dang Deukhuri. SRK Botschafterin Munjinga Kambundji besucht die Sehenswuerdikeiten in der Hautstadt Kathmandu. September 2022 Bild © Remo Naegeli

Nicht nur am Start von Sprints fokussiert: Kambundji bei einem Tempel auf dem Durbar Square in Kathmandu.

Remo Nägeli

Nächster Halt: eine vom SRK unterstützte Geburtsklinik im Dorf Baisa. Nach dem Rundgang erklärt die Sprinterin auch hier ihren Beruf. Unter anderem mit einem Video aus ihrem Training: Kniebeugen mit Langhantel auf dem Nacken. «Wie schwer sind die Gewichte?», fragt eine Krankenschwester. – «158 Kilo.» – «Wie viele Goldmedaillen haben Sie gewonnen?» – «Ich weiss es nicht.» Die einheimischen Frauen stimmen einen nepalesischen Popsong an,
Mujinga tanzt mit, eine Pflegerin filmt, stellt dasVideo auf Tiktok. Eine ihrer Kolleginnen erzählt, dass es in der hiesigen Sprache ein ähnlich klingendes Wort wie Mujinga gibt: Murchunga – Maultrommel. Alle lachen. Auch an diesem Abend sendet sie im Whatsapp-Kanal der Familie Kambundji Bilder eines weiteren erlebnisreichen Tags.

SRK Projektbesuche in Nepal im Distrikt Dang Deukhuri. SRK Botschafterin Munjinga Kambundji besucht die Sehenswuerdikeiten in der Hautstadt Kathmandu. September 2022 Bild © Remo Naegeli

Bei einem buddhistischen Tempel in Nepals Hauptstadt Kathmandu dreht Kambundji Gebetsmühlen. Das soll Glück bringen.

Remo Nägeli

Nach zwei Tagen Projektbesuchen gehts zurück in die Hauptstadt Kathmandu. Dort ist in der Zwischenzeit ihre Mutter Ruth (60) eingetroffen. Die SBB-Kundenbegleiterin hat ein paar Tage frei: «Um endlich mal wieder Ferien mit Mujinga machen zu können. Ich bin stolz auf sie und ihre drei Schwestern!» Zehn Tage reisen die beiden im Land herum.

SRK Projektbesuche in Nepal im Distrikt Dang Deukhuri. September 2022 Die Familie von Dammar Bishwakarma 36 und seiner Frau Mina 32 sind an der Wasserversorgung angeschlossen. SRK Botschafterin Munjinga Kambundji. Bild © Remo Naegeli

Durga Bishurakarma in Dhanauri beim Bewässern ihres Chilifelds. Hinten der mit Schweizer Spendengeldern erbaute Wasserturm.

Remo Nägeli

Mitte Dezember. Gute zwei Monate sind seit dem Aufenthalt in Nepal vergangen. Mitte Oktober ist bei Mujinga Kambundji wieder der Alltag eingekehrt. Sechs Trainings pro Woche, in einem Lauftunnel und einem Kraftraum im Wankdorf Bern sowie im Letzigrund Zürich. Kambundji feilt vor allem an der Technik in der zweiten Hälfte der 100 Meter.

«Im Moment mache ich meinen Motor grösser, gehe noch nicht voll Speed.» Anfang Januar geht es ins Trainingscamp auf Teneriffa, im April ist Training in der Türkei angesagt. An der WM im nächsten August und an den Olympischen Spielen 2024 will sie noch schneller sein.Doch zuerst freut sich Mujinga auf Weihnachten. Am 24. die Feier bei den Eltern, am 25. auf dem Bauernbetrieb von Grosi Hanni in Noflen BE, im Kreis der grossen Familie. Dort bäckt Mujinga Vanillekipferl, ihre Lieblingsguetsli, am Abend werden Weihnachtslieder gesungen, unter dem geschmückten Christbaum liegen Wichtelgeschenke. «Die Tage in Nepal haben mir gezeigt, wie gut wir es in der Schweiz haben. Dafür bin ich dankbar.»

SRK Projektbesuche in Nepal im Distrikt Dang Deukhuri. SRK Botschafterin Munjinga Kambundji mit ihrer Mutter Ruth Kambunji in der Hauptstadt Kathmandu. September 2022 Bild © Remo Naegeli

Freudiges Wiedersehen! Mujinga mit ihrer Mutter Ruth beim nächtlichen Spaziergang in der Hauptstadt.

Remo Nägeli
Thomas Kutschera
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Von Thomas Kutschera am 16. Dezember 2022 - 15:11 Uhr