«Es war streng.» Sigi Michel (78) sitzt in seiner Stammbeiz, dem Restaurant Schiff, und lässt die letzten Tage Revue passieren. Vor Kurzem war er in Frankfurt am Main beim EM-Gruppenspiel der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft gegen Deutschland. Seit 1970 ist der Schaffhauser aus Stein am Rhein als «Trompete-Sigi» an beinahe jedem Spiel der Nati dabei. «Auf einem Ohr höre ich fast nichts mehr.»
Die Schweizer Fans waren dem 78-Jährigen ein wenig zu laut. Doch von Ruhe will der Musiker nichts wissen. Bei einem Spaziergang durch sein Städtchen wird klar: Sigi ist in seiner Heimat Stein am Rhein eine Berühmtheit. «Ich kann keine zehn Meter gehen, ohne dass ich angesprochen werde», sagt der gelernte Gipser.
Knapp eine Million Touristen kommen jedes Jahr nach Stein am Rhein. Besonders bei durchreisenden Velofahrerinnen und Velofahrern ist das Städtchen beliebt. Der Ortskern nimmt einen dank der gut erhaltenen Architektur mit auf einen Abstecher zurück ins Mittelalter. «Stein am Rhein hat viel zu bieten», sagt Sigi, steht auf und macht sich auf den Weg, die erste Sehenswürdigkeit des Ortes zu besichtigen.
Fakten
3750 Einwohnerinnen und Einwohner hat Stein am Rhein am 31. Dezember 2023
50 Vereine sorgen für die kulturelle Vielfalt des Dorfes
1803 Kantonswechsel: Seit über 220 Jahren gehört Stein am Rhein zum Kanton Schaff hausen und nicht mehr zu Zürich
Mehr als 800 Treppenstufen gilt es zu bezwingen, um zur Burg Hohenklingen zu kommen. Ein wenig erschöpft erreicht der Nati-Superfan sein Ziel. Belohnt wird er mit einer fantastischen Sicht auf das Städtchen, den Rhein und die Alpen. Wieder unten angekommen, gehts zum nächsten Highlight. Mitten in der Stadt ist das Museum Krippenwelt mit der grössten privaten Krippensammlung der Schweiz. Auf mehreren Stockwerken kann man Selbstgemachtes aus aller Welt bestaunen.
Gleich daneben eine weitere Sehenswürdigkeit: Die Bettlerstube entführt einen zurück in eine andere Zeit. Sie wurde früher als städtisches Asyl und Gefängnis genutzt. Heute ist die Bettlerstube anschaulich nachgebildet. «Stein am Rhein ist ein grosser Ort auf kleinem Raum», wie es Sigi Michel passend beschreibt. Für ihn sind es vor allem die Einheimischen, die den Ort so attraktiv machen. «Mir käme es nie in den Sinn wegzuziehen.» Schon zwölf Jahre lebt der Trompeter in Stein am Rhein.
Als Letztes kehrt Sigi im Restaurant zum Rothen Ochsen ein. Es ist einer der Lieblingsorte von ihm und seiner Frau Patricia (62). Die Weinstube ist eine der ältesten der Schweiz – ihre Geschichte geht bis ins Jahr 1446 zurück. «Nirgend-wo isst man so gut wie hier!»