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Kurt Aeschbacher über Influencer

«Likes korrumpieren auch mich emotional»

Im Podcast «Content.Talk.» von Fabio Zahnd spricht Kurt Aeschbacher über Social Media. Der Moderator denkt, dass es, um Influencer zu sein, vor allem eine «relativ hohe Meinung von sich selber» und «eine geringe Bildung» braucht. Wir haben nachgefragt, was die TV-Legende an dem Business anders machen würde.

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Kurt Aeschbacher, TV Moderator, ZA Zürich, 2018

Mach sich kritische Gedanken über die Mechanismen von Social Media: TV-Legende Kurt Aeschbacher (74).

Geri Born

Kurt Aeschbacher, woher kommt Ihr Ärger gegenüber den Influencern?
Es gibt weder einen Ärger noch einen Groll gegenüber Influencerinnen und Influencern. Ich versuchte in meinen Aussagen in diesem Blog einzig die Fragwürdigkeit einer Tätigkeit zu thematisieren, die auf dem Vertrauen anderer Menschen basiert, ohne klar offen zu legen, dass es sich dabei um Werbung handelt. Als «Beeinflusser», so ist diese Arbeit ja zu übersetzen, besteht das Ziel dieser inszenierten Beiträge über die sozialen Medien, sein Ansehen und das Vertrauensverhältnis bei möglichst vielen Followern dazu einzusetzen, Produkte zu verkaufen oder einen bestimmten Lebensstil zu imitieren und sich in der Regel dafür bezahlen zu lassen. Dabei bilden die geposteten Beiträge selten das echte Leben ab. Trotzdem haben die Bilder und Aussagen einen starken Einfluss auf die Ansichten und das Verhalten der Follower. Diesen Mechanismen sollte man sich als Konsument solcher Nachrichten kritisch bewusst sein. Und auch der Tatsache, dass sich in dieser Welt der Maximierung von Aufmerksamkeit auf die eigene Person, likes auch kaufen lassen und man als erfolgreicher Influencer nur dann Geld verdient, wenn die Follower wie auch immer bei der Stange bleiben.

Könnte man, vereinfacht und bisschen provokativ gesagt, Influencer einfach als überflüssige, geldgeile Menschen bezeichnen?
Jeder Mensch wählt seinen Lebensinhalt aufgrund seiner persönlichen Zielsetzungen. Es ist jedoch naheliegend, dass man mit der Inszenierung von Beauty, Mode oder Lifestyle auch schon ohne grosse intellektuelle Anstrengung seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Dies nachzuahmen ist gerade für junge Menschen mindestens verführerisch. Und vielleicht auch eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Ich finde, man sollte sich über solche Zusammenhänge und Hintergründe wenn immer möglich auch Gedanken machen.

Ist das auch eine Generationenfrage, also dass man ab einem gewissen Alter einfach abhängt und die Mechanismen dahinter nicht mehr versteht?
Ich muss es Ihnen überlassen, mich in Ansätzen als senil zu empfinden oder zumindest als unfähig, Veränderungen unserer Zivilisation noch zu verstehen.
 

 

Kurt Aeschbacher, TV Moderator, Kunstsammler, 70 Jahre Geburtstag, Ausstellung Hohlstrasse Zuerich, Private Kunst von Kurt Aeschbacher, Ai WeiWei Stuehle, Zuerich, 2018, (c) Geri Born

«Es gibt weder einen Ärger noch einen Groll gegenüber Influencern»: Kurt Aeschbacher, hier in einer Aufnahme von 2018.

Geri Born

Sind sie eine Konkurrenz für Sie und kaufen sie Ihnen den Rang ab?
Ich stehe in keinem Beliebtheits-Wettbewerb irgendwelcher Art. Weder mit Influencern noch mit anderen Journalisten. Ich möchte einfach meine Meinung zu Fragen unserer Zeit äussern können, ohne mich dafür rechtfertigen zu müssen. Ob man meine Meinung teilt, ist nebensächlich. Aber wenigstens einen Denkprozess anzustossen, wäre bereits wertvoll.

Finden Sie Social Media oberflächlich?
Sie dienen sicherlich nicht der differenzierten, intellektuellen Auseinandersetzung mit philosophischen Fragestellungen...

Wie sollte das Geschäft denn Ihrer Meinung nach laufen?
Ohne Schleichwerbung und mit klaren Aussagen, mit welchen Abhängigkeiten die Beiträge entstehen. 

Sie waren selbst aktiv in den Sozialen Medien, warum jetzt nicht mehr?
Zum einen weil ich nicht mehr am Bildschirm tätig bin und hauptsächlich weil ich eingesehen habe, dass Likes auch mich emotional korrumpieren.

Konsumieren Sie selbst Social Media?
Nein, nicht mehr.

Was haben Sie selbst gerade für aktuelle Projekte?
Gemeinsam mit Phil Dankner realisieren wir im Kleintheater Luzern und im Häbse Theater in Basel regelmässige Sonntagsmatinées. Dabei führe ich mit spannenden Zeitgenossen ausführliche Gespräche über das Leben. 
 

Von Simon Beeli am 1. Februar 2023 - 06:00 Uhr