1. Home
  2. People
  3. Swiss Stars
  4. Kameramann Martin Schaer: Vor seiner Linse standen Julia Roberts, Brad Pitt und Co.
Zu Besuch bei Kameramann Martin Schaer

Vor seiner Linse standen Julia Roberts, Brad Pitt und Co.

Als Kameramann bekam Martin Schaer die grössten Stars vor die Linse. Zu Hause in Montana blickt der Berner auf eine wilde Karriere zurück und erzählt, wie er und seine Partnerin Kim mit der Krise in Hollywood umgehen.

Artikel teilen

<p>Ein Haus voller Erinnerungen. Martin Schaer sass bei Jodie Fosters Regiedebüt «Little Man Tate» hinter der Kamera – und kam mit ihr in die Klatschpresse.</p>

Ein Haus voller Erinnerungen. Martin Schaer sass bei Jodie Fosters Regiedebüt «Little Man Tate» hinter der Kamera – und kam mit ihr in die Klatschpresse.

Jonas Mohr

An der Haustür hängt das Berner Wappen, aus der Küche strömt der Duft einer frisch gebackenen Züpfe: Obwohl der Kameramann Martin Schaer (71) schon seit vielen Jahren in den USA lebt und arbeitet, haben seine Schweizer Wurzeln auch in Polson, Montana, ein Zuhause gefunden – neben der Wolldecke, die er von Julia Roberts nach dem Dreh von «Dying Young» bekommen hat, und den Schnappschüssen im digitalen Wechselrahmen mit den Crews von Hollywoods grössten Filmen. Bewegte Bilder – das war immer seine Leidenschaft: «Schon mit der Fotokamera nahm ich meistens mehrmals das gleiche Sujet auf, was dann eine Serie und Bewegung ins Ganze gab», erklärt er in gemütlichem Berndeutsch.

Goodbye, Holly- wood? Das Ferien- haus in Montana im Westen der USA ist für Martin Schaer und seine Partnerin Kim Tillman derzeit Hauptwohnsitz.

Goodbye, Hollywood? Das Ferienhaus in Montana im Westen der USA ist für Martin Schaer und seine Partnerin Kim Tillman derzeit Hauptwohnsitz.

Jonas Mohr

Als Sohn eines Ingenieurs und einer Swissair-«Hostess» im Wallis geboren und in Bern aufgewachsen, wollte Schaer erst Schauspieler werden, trat am Stadttheater und in «James Bond 007 – Im Geheimdienst Ihrer Majestät» als Statist auf. «Ich war der Schüler mit dem Riesenpickel», erinnert er sich an den Kurzauftritt im Berner Oberland lachend. Mit 15 durfte er für die Pfadi einen Western drehen. Beim Laden der Kamera ging aber etwas schief, und von den 40 Filmrollen kamen nur sieben richtig belichtet zurück. Eine Katastrophe! Er schwor sich, so etwas passiere ihm nie mehr, und machte eine Lehre als Filmtechniker im Filmlabor Schwarz in Ostermundigen BE: «Da konnte ich auch Sportanlässe fürs Fernsehen filmen und lernte Kameraleute aus ganz Europa kennen.»

Im Labor gingen auch internationale Stars ein und aus, und so hütete Schaer einmal den kleinen Kiefer Sutherland (heute 58), als dessen Vater Donald im Labor einen Termin hatte. «Darüber schmunzelten wir beide Jahre später, als Kiefer mit Julia Roberts (57) verlobt war und sie wie ich auch an den Wochenenden jeweils in ihr Ferienhaus nach Montana flogen.»

<p>Zum ersten Mal kam Martin Schaer für einen Filmdreh nach Montana. Dann schlug er hier Wurzeln: «Die Landschaft erinnerte mich an die Schweiz.»</p>

Zum ersten Mal kam Martin Schaer für einen Filmdreh nach Montana. Dann schlug er hier Wurzeln: «Die Landschaft erinnerte mich an die Schweiz.»

Jonas Mohr

Fulminanter Start in Hollywood

Es folgten Fotojobs im Nahen Osten und die Geburt von Tochter Sarah, die heute mit ihrer Familie in Bern lebt, wo Schaer sie regelmässig besucht. Am Art Institute in San Francisco lernte er einen erfolgreichen Künstler kennen, dessen Frank-Gehry-Haus er nach Studienabschluss verwaltete. Als Julie Andrews (89) und ihr Mann Blake Edwards das Architekturjuwel für den Film «The Man Who Loved Women» nutzten, nahm ihr Kameramann Haskell Wexler den Schweizer unter seine Fittiche. Nun waren die Türen in Hollywood offen: Schaer filmte an die 100 Musikvideos (u. a. mit Janet Jackson und Madonna) und sorgt mit Filmresten aus seinem privaten Lager dafür, dass Wim Wenders seinen Klassiker «Paris, Texas» nach Wunsch fertig drehen kann.

<p>«Als Kameramann muss man dafür sorgen, dass sich die Schauspieler wohlfühlen»: Schaer (l.) mit Brad Pitt bei «The Mexican».</p>

«Als Kameramann muss man dafür sorgen, dass sich die Schauspieler wohlfühlen»: Schaer (l.) mit Brad Pitt bei «The Mexican».

ZVG

Züpfe als Herzensöffner

Martins Schaers Partnerin Kim Tillman (60) setzt sich mit einer Tasse Tee zu ihm aufs Sofa. Die beiden lernten sich vor über 25 Jahren via gemeinsame Freunde und eine Züpfe kennen: «Er verpasste wegen eines Jobs eine Party, versprach aber, vorher ein Brot vorbeizubringen», erinnert sich die Kostümdesignerin. «Es war fein säuberlich in Alufolie verpackt, und ein Zettel gab die Anweisung, es vor dem Verzehr kurz aufzuwärmen. Das fand ich speziell aufmerksam. Und die Züpfe war ein Hit!»

<p>Das Züpfebacken hat der Berner von seiner Grossmutter gelernt – eine Tradition, die das Herz seiner Partnerin eroberte.</p>

Das Züpfebacken hat der Berner von seiner Grossmutter gelernt – eine Tradition, die das Herz seiner Partnerin eroberte.

Jonas Mohr

Wenn auf Filmsets Herzen höherschlagen, bekommt Martin Schaer das schnell mit. Zum Beispiel, als Johnny Depp (62) sich bei «The Rum Diary» in Amber Heard (39) verknallte, die beim Kamerateam nicht sehr beliebt war: «Sie stritt schon zu Beginn der Dreharbeiten mit ihrer Noch-Freundin. Und sie schien mehr an Geld als am Film interessiert», verrät der Berner. Mit Julia Roberts habe er sich dafür sofort gut verstanden. «Wir waren uns einfach sympathisch, sprachen irgendwie die gleiche Sprache.» Bei «The Mexican» stellte er ihr seinen Assistenten Danny Moder vor. Nach einer intensiven Drehwoche und einer Party im Kamerawagen erschien Moder am folgenden Tag nicht zur Arbeit. «Da wusste ich gleich, was lief, und musste kurzfristig einen Ersatz finden. Moder hat sich dann entschuldigt und konnte den Job behalten. Es wurde ja eine seriöse Beziehung, die bis heute hält.» Einmal machte Schaer selber Schlagzeilen: Ein Paparazzo fotografierte ihn beim Spazieren mit der schwangeren Jodie Foster (62), mit der er «Little Man Tate» drehte: «Die Klatschpresse mutmasste irrtümlich, ich sei der Vater ihres Kindes!»

Ein Leben voller Anekdoten

Zu seinen beruflichen Highlights zählt Martin Schaer die Zusammenarbeit und Freundschaft mit den Regisseuren Tony Scott («Spy Game») und Gore Verbinski, mit dem er die «Pirates of the Caribbean»-Filme drehte. «Das waren wilde und harte Zeiten: Im zweiten Film wurde ich zweieinhalb Tage im sich drehenden Mühlrad befestigt, weil wir diese inzwischen legendäre Szene nicht mit Computergrafik machen wollten. ‹Wenn Martin das macht, mache ich es auch›, sagte Johnny. Und so war es dann.»

<p>Marathonjob für Hartgesottene: Für Johnny Depp stach Schaer bei allen fünf «Pirates of the Caribbean»-Filmen in See.</p>

Marathonjob für Hartgesottene: Für Johnny Depp stach Schaer bei allen fünf «Pirates of the Caribbean»-Filmen in See.

ZVG

Das Wasser hier am Flathead Lake ist bedeutend ruhiger als in der Karibik. Martin und Kim üben derzeit, wie der Ruhestand aussehen könnte: «Ich möchte schon noch arbeiten, aber es gibt keine Jobs», bedauert Kim. «Nach Corona und den Streiks gingen die Regisseure nach Europa und heuerten ihre Crews da an. In L. A. zu drehen, ist zu teuer.» Bei der Umsetzung wird ebenso gespart wie bei den Löhnen: «Nach 43 Jahren im Filmbusiness und rund 50 Filmen muss ich mir das nicht mehr antun», findet Martin. Dazu leidet er an Rückenbeschwerden, die ihm die Arbeit nun erschweren. Er möchte daher vermehrt an der Universität von Montana unterrichten und sein Wissen weitergeben. «Und wer weiss: Vielleicht schreibe ich eines Tages noch meine Memoiren!»

<p>Gemeinsam auf dem Flathead Lake: «Es ist uns aber beiden wichtig, dass wir unsere Identität auch unabhängig voneinander bewahren», so Schaer.</p>

Gemeinsam auf dem Flathead Lake: «Es ist uns aber beiden wichtig, dass wir unsere Identität auch unabhängig voneinander bewahren», so Schaer.

Jonas Mohr
Von Marlène von Arx am 20. Juli 2025 - 12:00 Uhr