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50 Jahre Frauenstimmrecht

«Wenn wir Frauen laut werden, hat das einen Grund»

Durch eine eidgenössische Abstimmung wurde 1971 in der Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt. 50 Frauen blicken für die Schweizer Illustrierte zurück – und wagen einen Blick in die Zukunft. Heute: Influen­cerin und Autorin Morena Diaz.

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SI_Morena_Diaz

«Ich wünsche mir, dass diese Männer uns zuhören»: Autorin Morena Diaz.

Ellin Anderegg
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Morena Diaz

«Stopp!» Als Lehrpersonen bringen wir unseren Schülern bereits im Kindergartenalter bei, wie wichtig es ist, Nein zu sagen, wenn man das Verhalten des Gegenübers nicht mag. Viele Kinder lernen deshalb bereits sehr früh, für sich selbst einzustehen. Gelingen tut es aber nicht jedem Kind gleich gut, was unter anderem mit der Sozialisierung ausserhalb des schulischen Umfelds zu tun hat. Besonders Mädchen neigen in der Regel auch heute noch dazu, sich eher mal dem Frieden zuliebe anzupassen, und so kann es vorkommen, dass man dann öfter nachgibt, als einem lieb ist.

Dabei ist Selbstbestimmung ein wichtiges Instrument während der gesamten Lebenslaufbahn. Mit der Einführung des Frauenstimmrechts vor 50 Jahren durften die Frauen das erste Mal mitbestimmen. Seither ist einiges passiert in Sachen Gleichstellung, einiges aber noch nicht.

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Ellin Anderegg
Zur Person

2017 sorgte die Aargauer Primarlehrerin mit ihren Bikini-Bildern im Internet schweizweit für Schlagzeilen. Heute ist die 28-Jährige als Influencerin und Autorin erfolgreich. Ihr Buch «Love Your Body» ist ein Plädoyer für mehr Selbstliebe. 2020 machte Diaz publik, dass sie sexuell genötigt worden war. Diesen April kam der Fall vor Gericht – der Täter wurde verurteilt. Im Spätsommer erwarten Diaz und ihr Partner ihr erstes Kind.

Wir Frauen müssen, um eine Veränderung anzustreben, nach wie vor lange kämpfen und verschiedene Waffen auspacken. Dabei machen wir uns nicht selten verletzlich. Spätestens seit der #MeToo-Bewegung wissen wir, wie stark verbreitet sexualisierte Gewalt ist, auch in der Schweiz. Jeden Tag berühren uns Frauen mit ihren Geschichten dazu. Sie tun das nicht einfach aus einer Laune heraus. Wenn wir Frauen laut werden, hat es einen Grund. Wir möchten eine Veränderung. Wir möchten Gerechtigkeit. Vor allem möchten wir aber auf unser Recht der sexuellen Selbstbestimmung bestehen. In der Schweiz ist die Vergewaltigung in der Ehe erst seit 1992 strafbar und erst seit 2004 ein Offizialdelikt. Während wir also vor knapp 30 Jahren über das für uns heute Logischste der Welt kämpfen mussten, diskutieren wir seit geraumer Zeit erneut über die Revision unseres veralteten Sexualstrafrechts.

Die Mehrheit der Entscheidungsträger in dieser Debatte sind Männer. Ich wünsche mir, dass diese Männer uns zuhören, dass wir sexuelle Selbstbestimmung endlich im Gesetz fest verankern und dass wir zumindest in diesem Bereich nicht mehr kämpfen müssen. Auf dass es uns in 30 Jahren absurd erscheint, dass wir einmal darüber debattieren mussten.

Von Morena Diaz am 10. Juni 2021 - 14:47 Uhr