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Der Emmentaler Cellist «Jodok Cello» erobert die Welt mit seinen Musik-Videos. Auf Social Media erreicht der Bauernsohn mit seiner Mischung aus Pop und Klassik Millionen User. Im Video zeigt der Musiker seine Wohnung in Luzern, inklusive seiner Cello-Sammlung und seines Video-Equipments, und verrät den Geheimtipp seiner viralen Hits. Sina Albisetti
Vi ral mit vier Saiten

Wie Cellist Jodok Cello die digitale Welt im Sturm eroberte

13 Millionen Follower, ein Einkommen weit über seinem früheren Lehrerlohn. Jodok Vuille alias Jodok Cello spielt sich mit Videos vor spektakulärer Kulisse an die Weltspitze – und bleibt doch der Bauernsohn von einst.

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Ein Fingerwisch, ein Stirnrunzeln, ein Grinsen. Jeden Tag, meist gegen Abend, lädt Jodok Vuille ein neues Video hoch. Nur eines – aber es muss sitzen. Danach checkt der 36-Jährige die Zahlen. «Ich bin ein Nerd. Ich liebe Statistiken. Aber ich muss aufpassen, dass sie mich nicht auffressen.» Das klingt nach einem Vollblut-Influencer – und ist doch nur die halbe Wahrheit.

Jodok Cello Zuhause

In seiner Dachwohnung in Kriens LU: Mit Celli und Drohnen gelingen Jodok Cello seine viralen Social-Media-Videos.

Joseph Khakshouri

Jodok ist Musiker. Das Cello ist sein Leben. Und wie der Emmentaler dieses Instrument auf Tiktok, Youtube & Co. in Szene setzt, ist einzigartig. Über 13 Millionen Menschen folgen dem Zentralschweizer plattformübergreifend. Seine Videos wurden Hunderte Millionen Male angeschaut. Darin steht er mit seinem Cello auf Gletschern, in Wäldern oder am Ufer des Oeschinensees. Die Kameradrohnen fliegt er selbst, den Schnitt übernimmt er auch. «Was ich videotechnisch kann, habe ich mir auf Youtube beigebracht.»

Dass er heute in Luxusresorts spielt, mit Weltstars wie Matteo Bocelli (dem Sohn von Andrea Bocelli) oder dem US-amerikanischen Sänger Teddy Swims kooperiert und Konzerte in Dubai oder Singapur spielt, hätte sich der Bauernsohn früher nicht träumen lassen. «Ich wollte Bäcker oder Gärtner werden», erinnert er sich.

<p>Jodok Cello mit Klassik-Legende Andrea Bocelli (r.): Im italienischen Lajatico holte Bocellis Sohn Matteo den jungen Cellisten für einen gemeinsamen Auftritt auf die Bühne.</p>

Jodok Cello mit Klassik-Legende Andrea Bocelli (r.): Im italienischen Lajatico holte Bocellis Sohn Matteo den jungen Cellisten für einen gemeinsamen Auftritt auf die Bühne.

Instaram

Es kam anders: Jodok entdeckte das Cello für sich, studierte an der Hochschule Luzern Musik und lernte zu dieser Zeit in der Cafeteria des Konservatoriums seine langjährige Partnerin Stefanie Burgener (32) heute bekannt unter dem Künstlernamen Stefanie Siano, kennen. «Sie ist mir sofort aufgefallen», erinnert er sich.

<p>Jodok Cello und Stefanie Siano ­geniessen die ­Zweisamkeit auf dem Balkon. Blick auf den ­Pilatus inklusive.</p>

Jodok Cello und Stefanie Siano geniessen die Zweisamkeit auf dem Balkon. Blick auf den Pilatus inklusive.

Joseph Khakshouri

Beide unterrichteten später an Musikschulen – er in Hergiswil, sie an einem Luzerner Gymnasium. Mit der Coronapandemie fiel alles weg: Auftritte, Schüler, Struktur. «Einfach rumsitzen? Kam für mich nicht infrage.» Er nahm sein Cello, suchte sich besondere Orte und filmte, wie er dort spielte. Dann lud er die Videos auf Youtube. Die Aufnahmen kamen gut an. Doch dann gaben ihm seine Schüler einen entscheidenden Tipp. «Sie sagten: Herr Vuille, Sie müssen auf Tiktok. Da geht was.» Sie sollten recht behalten.

Was besonders gut funktioniert: Celloversionen von Pophits. «Ich liebe klassische Musik», sagt Vuille. «Aber wenn ich Coldplay oder Hans Zimmer spiele, erreiche ich ein breiteres Publikum.» Deshalb komponiert er derzeit noch keine eigenen Stücke – obwohl er Lust dazu hätte. «Vielleicht später. Wenn ich eine Fanbase habe, die mich nicht nur wegen Covers hört, sondern wegen mir.»

Konzertsaal statt Schulzimmer

2022 teilte James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan ein Video von Jodok Cello. Von da an explodierten die Followerzahlen. An einem Tag kamen 83 000 neue da-zu. Im Mai 2025 wurde er in Cannes mit dem World Influencer Award in der Kategorie Musik ausgezeichnet. Mit dem Erfolg kamen auch die Einnahmen: In guten Monaten verdient er bis 18 000 Franken allein über Social Media. Dazu kommen Sponsoren und lukrative Gigs im Ausland. Seine höchste Gage: ein halber Jahreslohn für eine halbe Stunde Spielzeit. Als Lehrer arbeitet er inzwischen nicht mehr. «Jetzt kann ich ganz von meiner Kunst leben.»

Vuille spielt auf vier verschiedenen Celli. Das älteste ist 300 Jahre alt und kostete ihn 60 000 Franken. Wieso er das Instrument so liebt? Das Cello, sagt er, sei dem Klang der menschlichen Stimme am nächsten. «Könnte ich singen, würde ich es tun. Aber so lasse ich halt das Cello für mich singen.»

Dopaminrausch und Disziplin

Trotz allen Erfolgen bleibt er bodenständig. «Ich lebe bewusst schlicht in einer kleinen Wohnung. Ich will nicht so werden wie viele Influencer, die sich vom Luxus blenden lassen.» Seine Wohnung ist einfach, sein Alltag streng organisiert. Videos nimmt er am Wochenende im Akkord auf. Er produziert sie selbst, schneidet, plant, schreibt Brands an. «Ich bin nicht nur Musiker. Ich bin auch Unternehmer.» Seine grösste Motivation? Der Moment, wenn alles zusammenkommt: Licht, Musik, Kulisse – und ein viraler Hit. «Es ist wie eine Droge. Kein Witz. Das Dopamin, das mir ein virales Video gibt, macht süchtig.»

<p>Das Paar schneidet am Laptop das neuste Video, das es gemeinsam aufgenommen hat. «Unstimmigkeiten? Gehören dazu!»</p>

Das Paar schneidet am Laptop das neuste Video, das es gemeinsam aufgenommen hat. «Unstimmigkeiten? Gehören dazu!»

Joseph Khakshouri

Hinter dem Perfektionisten steckt auch ein Romantiker. Wenn Stefanie ihn bei Konzerten begleitet, freut er sich. «Sie steht für sich, ist unabhängig. Aber sie ist auch mein Kompass. Ohne sie wäre ich wohl längst ausgebrannt.» Stefanie Siano begleitet Jodoks Weg mit Stolz und Staunen. Gemeinsam träumen sie von einer Zukunft, in der Musik und Liebe sich weiter verzahnen.

<p>Als Duo auf der Bühne: Sie bringt Gesang ein und ­Klavier, er das Cello. Geprobt wird im eigenen Wohnzimmer.</p>

Als Duo auf der Bühne: Sie bringt Gesang ein und Klavier, er das Cello. Geprobt wird im eigenen Wohnzimmer.

Joseph Khakshouri

«Ich glaube an den Satz: Wenn du schnell gehen willst, geh allein. Wenn du weit gehen willst, geh mit guten Leuten», so Vuille. Letzteres ist es, was auf ihn zutrifft. 2026 tourt er durch Nord- und Südamerika und durch den arabischen Raum. «Ich will die Menschen vom Bildschirm zurück in den Konzertsaal holen.» Der Wunsch dahinter geht tiefer: «Mein Ziel ist, dass man mich nicht nur als Influencer kennt. Sondern als jemand, der mit Musik etwas bewegt hat.»

Von Vanessa Nyfeler am 3. August 2025 - 12:00 Uhr