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  4. TV-Moderatorin Sandra Studer ist in Sorge um Tonga und sammelt Spenden für die Insel

Sandra Studer in Sorge um Inselheimat

«Wir können viel von Tonga lernen»

Ein Vulkanausbruch hat Tonga weltweit in die Nachrichten katapultiert. Die Bilder haben Moderatorin Sandra Studer und Gatte Luka Müller erschüttert. Das Ehepaar hat Verwandte und Freunde im Inselstaat im Südpazifik.

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Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Um Tonga zu helfen, haben Sandra Studer und Gatte Luka Müller jetzt die Help Tonga Association gegründet. Tochter Lili unterstützt ihre Eltern.

Fabienne Buehler

Die Erleichterung ist enorm. Nach acht Tagen des Hoffens ist es Sandra Studer, 52, und Luka Müller, 57, geglückt, telefonischen Kontakt mit Verwandten auf Tonga aufzunehmen. Der submarine Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai hat mit seinem Ausbruch am 15. Januar den entlegenen Inselstaat im Südpazifik gänzlich von der Umwelt abgeschnitten. Einzig Satellitenbilder und Nachrichten von einem Tsunami und Ascheregen drangen nach draussen. «Unser Leben war in den vergangenen Tagen sehr bestimmt von Tonga», sagt die TV-Moderatorin. «Aber wir hatten immer das Vertrauen, dass es unseren Freunden und Verwandten gut geht.»

Vor 30 Jahren erscheint Tonga, das 2000 Kilometer nördlich von Neuseeland liegt, erstmals auf dem Radar von Sandra Studer. «Durch Luka. Ihn verbindet eine abenteuerliche Familiengeschichte mit dem Land.» Der Zuger stammt in der vierten Generation aus Tonga. Vor 130 Jahren wanderte sein Urgrossvater auf den Archipel aus und heiratete eine Einheimische. Müllers Grossvater und Vater wurden dort geboren. Noch heute leben viele Müllers im polynesischen Königreich.

Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Am 15. Januar bricht der Unterwasser-Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai aus und sorgt für einen Tsunami. Tonga belegt den dritten Platz im Weltrisikobericht 2021 der Länder mit dem weltweit höchsten Risiko, dass ein extremes Naturereignis zu einer Katastrophe wird.  

imago images/ZUMA Wire

Einer davon ist Coucousin Hans Müller, der via Telefon Sandra Studer und Luka Müller nun Eindrückliches wie auch Schreckliches erzählt. Nur Stunden vor dem Ausbruch sei eine Tsunami-Warnung aufgehoben worden. Deshalb wollte er mit dem Boot von seiner Insel Eua auf die Hauptinsel Tongatapu fahren. «Nach etwa einer Stunde habe es geknallt, wie er es noch nie gehört habe», gibt Luka Müller die Erzählungen wieder. «Er dachte erst, dass er einen Wal oder ein Riff gerammt habe.» Hans kehrt auf der wilden See um, doch der Ascheregen sorgt dafür, dass er nichts sieht. Zusätzlich stellt die Regierung zur Sicherheit den Strom auf den bewohnten Inseln ab: «Hans konnte sich in der Dunkelheit nicht mehr orientieren.» Erst als der Notgenerator des königlichen Palasts auf der Insel Eua angeht, findet Hans verletzt den Weg nach Hause.

König Tupou VI. höchstpersönlich hatte die Fischer draussen gesehen und als ausgebildeter Navy veranlasst, dass der Generator zu deren Orientierung eingeschaltet wird und jemand sie im zerstörten Hafen an Land holt, weiss Luka Müller aus erster Hand. Der König, mit dem ihn eine jahrzehntelange Freundschaft verbindet, hat ihm vergangenen Montag ebenfalls ein Lebenszeichen geschickt. «Ich habe noch nie ein so langes Mail von ihm bekommen, eine ganze A4-Seite.» Honorarkonsul Müller – 2019 hatte der König ihn bei seinem offiziellen Schweiz-Besuch ernannt – liess den Monarchen zuvor wissen, dass er sich um Hilfe kümmere.

Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Der Ascheregen hat den sehr fruchtbaren grünen Inselstaat schwarz gefärbt. 177 Inseln gehören zum Archipel. 172 sind benannt. Nuku’alofa ist die Hauptstadt.  

via REUTERS

«Friendly Islands» – Freundschaftsinseln – wird Tonga wegen seiner stets lächelnden Menschen genannt. Weder sie – und schon gar nicht der König – würden je um Hilfe bitten. «Das ist gegen ihre Natur. Dafür sind sie zu stolz», sagt Sandra Studer, die mit ihrem Mann und den vier Kindern zweimal deren tongaische Heimat besucht hat, zuletzt 2018. Sie ist voller Bewunderung für das Volk. «Wir würden ob all diesen Katastrophen zusammenbrechen. Doch sie leben mit der Natur, haben eine Resilienz, die uns hier in teuren Coachings beigebracht wird. Wir können sehr viel von ihnen lernen.»

 

Help Tonga Association

Gemeinsam mit David Vogelsanger, Ex-Botschafter Schweiz für Tonga und pazifischen Raum, haben Sandra Studer und Luka Müller den Verein Help Tonga Association gegründet. 

HO

Anfang Woche haben sie und ihr Mann mit dem ehemaligen Schweizer Botschafter des pazifischen Raums, David Vogelsanger, den Verein Help Tonga Association ins Leben gerufen. Auch wenn die Bevölkerung nicht aktiv um Hilfe bittet, wird diese dringend benötigt. Was nicht vom Tsunami flach gemacht wurde, ist mit Vulkanasche bedeckt, die auch das Wasser kontaminiert. Strom und Internet funktionieren nicht, zudem liegt Tonga geografisch so entlegen, dass Containerschiffe mehrere Tage bis zur Ankunft brauchen.

Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Die Familie 2014 vor ihrem Guesthouse in der Hauptstadt Nuku’alofa. Die Seaview Lodge wurde schwer getroffen. 105 000 Menschen leben auf den 36 bewohnten Inseln, sie werden Tongaer genannt. 

Sandra Studer Privat

«Es hat geknallt, wie es Hans noch nie gehört hat. Er dachte, er habe ­einen Wal gerammt»

Luka Müller
Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Luka Müllers Coucousin Hans Müller erklärt 2018 Lili für ihre Maturarbeit die Kavapflanze.

Sandra Studer Privat

Erschwerend kommt hinzu, dass Tonga wegen der Pandemie eine Einreisesperre hat, Hilfsgüter dürfen nur mit dem Kran an Land gehievt wer-den. «Die Menschen haben Angst, dass nun auch Covid-19 kommt», sagt Luka Müller. «Denn für schwere Fälle fehlt es ihnen an der nötigen medizinischen Versorgung.» Er hofft, dass die Sperre aufgehoben wird. «Von den Infrastrukturen der Militärschiffe könnten sie profitieren.»

Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Die Eruption, die bis in die Schweiz messbar war, hat Tongas Hauptinsel Tongatapu doppelt getroffen – mit Tsunami und Asche.

via REUTERS

Soeben hat Luka Müller ein Mail nach Auckland gesandt, um seine Leute vor Ort über die Gründung des Vereins zu informieren. In Auckland, Neuseeland, ist die Basis seiner Müller-Stiftung, mit der er seit 2005 verschiedene Projekte auf Tonga realisiert. So investierte er in fünf Solaranlagen – «vier haben die Katastrophe überlebt». Er unterstützt auch diverse Landwirtschaftsprojekte wie Kava- und Sandelholzplantagen, finanziert Ausbildungen und hilft der Familie. «Der neue Verein ist von der Müller-Stiftung unabhängig, denn um unsere Familie können wir uns selber kümmern», betont Müller. «Das Spendengeld, das die Help Tonga Association sammelt, kommt der Bevölkerung zugute – unsere Familie exklusive.» Doch der Verein kann vom Know-how der Stiftung profitieren. Effiziente Hilfskanäle bestehen, sind jahrelang erprobt. Noch wichtiger: Die Stiftung arbeitet seit Jahren mit denselben Vertrauenspersonen, stellt sicher, dass jede Hilfe am richtigen Ort ankommt.

Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Luka Müller koordiniert zwischen Schweiz, Neuseeland und Tonga die Soforthilfe. Auf Tonga fehlen noch Strom und Internet, dafür funktioniert eine Landlinie, um mit Coucousin Hans zu telefonieren.

Fabienne Buehler

Sandra Studer und Tochter Lili, 21, haben ihre Ämtli gefasst. Nun geht es darum, den Verein und die Soforthilfe für Tonga ins Rollen zu bringen. Lili kümmert sich um die Spendenbriefe, ihre Mutter um die Pressearbeit. Vereinsgründungsmitglied David Vogelsanger verfügt wiederum über die wichtigen diplomatischen Kontakte, Luka Müller ist die Koordinationsstelle zwischen Schweiz, Neuseeland und Tonga. Nun, da er direkten Kontakt zu Verwandten vor Ort hat, weiss er genau, was gebraucht wird, und kann reagieren. «Unsere Nothilfe ist komplementär zu all den Hilfsgütern aus Australien und Neuseeland. Es hilft nichts, wenn alle das Gleiche liefern.»

Tonga, Vulkanausbruch, Tsunami, 15. Januar 2022, Familie Sandra Studer, SI 04/2022

Freund und König Tupou VI. folgt 2019 der Einladung von Familie Müller-Studer ans Schwingfest und ernennt Luka Müller zum Honorarkonsul Tongas.

Joseph Khakshouri

Eine Bäckerei mit für Mehl geeigneten Lagerräumen, die dem feuch- ten Klima standhalten, trotzte dem Tsunami. Müller hat kurzerhand deren Produktion abgekauft. «900 Haushalte können wir so gratis mit Brot versorgen, und die Inhaber verdienen weiterhin ihr Geld.» Eine für die aktuelle Katastrophe glückliche Investition tätigte Luka Müller erst im November 2021. Für seine Kavaplantage besorgte er Wasserreinigungsgeräte, UV- und Wasserfilter, um die Pflanzen nach Vorschrift exportieren zu können. «Nun verwenden wir das Material für 100 000 Liter Frischwasser für die Bevölkerung.» Sobald die Insel von der Asche befreit ist, will die Help Tonga Association langfristig in weitere Solar- sowie Wasserentsalzungsanlagen und eine solarbetriebene Wasserpumpe investieren. Der König hatte mitgeteilt, dass eine hoch gelegene Quelle in sehr gutem Zustand dafür sei.

Luka Müller und Sandra Studer in Tonga

Sandra Studer und Gatte Luka Müller geniessen ein typisches tongaisches Boden-Buffet mit Soane, dem Koch des Guesthouses.

HO

Die Sorgen sind dem Tatendrang gewichen. «Es gibt mir so viel Energie, wenn ich sehe, wie toll es die Leute nehmen und sich gegenseitig helfen. Das ist echt berührend», sagt Sandra Studer. Auch Luka Müller ist froh, dass die Tongaer starke und positiv denkende Menschen sind. «Wenn man mit Leuten schnell wieder etwas aufbauen kann, dann mit ihnen.»

Spende Help Tonga Association (Verein zur Unterstützung von Tonga), UBS, 6300 Zug, IBAN: CH120027327318667101U www.helptonga.ch

 

 

 

Von Aurelia Robles am 29. Januar 2022 - 18:09 Uhr