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50 Jahre Frauenstimmrecht

«Wir wollen die Welt verändern!»

Durch eine eidgenössische Abstimmung wurde 1971 in der Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt. 50 Frauen blicken für die Schweizer Illustrierte zurück – und wagen einen Blick in die Zukunft. Heute: SP-Nationalrätin Tamara Funiciello.

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Tamara Funiciello, Chefin Jungsozialisten, Kolumne SI 07/2021

«Feminismus für die 99 Prozent»: Tamara Funiciello.

Remo Naegeli
Tamara Funiciello, Chefin Jungsozialisten, Kolumne SI 07/2021
Tamara Funiciello

50 Jahre Frauenstimmrecht sind eine gute Gelegenheit, um über den feministischen Kampf, seinen Sinn und seine Ausrichtung zu diskutieren. Feminist*innen sind nicht eine homogene Masse von Frauen, die alle das Gleiche wollen. Wir sind vielfältig, nicht nur Frauen, sondern auch Inter-, Trans- und nicht binäre Menschen und solidarische Männer. Feminismus kann unterschiedliche Positionen, unterschiedliche Strategien und auch unterschiedliche Ziele haben.

So gibt es Feministinnen, die nur wollen, dass in den Chefetagen von Unternehmen gleich viele Frauen wie Männer arbeiten können. Auf die Gefahr hin, jemanden vor den Kopf zu stossen: Mir ist das ein bisschen egal, wie viele weibliche CEOs es hat. Ich bin nicht gegen 50:50, aber ganz ehrlich: Was haben Herr und Frau Schweizer davon?

Genau darum vertrete ich eine andere Strömung im Feminismus. Einen Feminismus, der nicht einfach darauf abzielt, alle gleich, sondern alles besser zu machen.

Einen Feminismus für die 99 Prozent.

Tamara Funiciello, Chefin Jungsozialisten, Kolumne SI 07/2021
Tamara Funiciello Instagram
Zur Person

Die 30-jährige Bernerin wuchs die ersten Jahre in Italien auf. Ihre Politkarriere startete sie bei der Juso, die sie vier Jahre präsidierte. Seit Februar 2020 ist die Nationalrätin Co-Präsidentin der SP Frauen Schweiz. Funiciello ist «Feministin von Kopf bis Fuss», nahm am 14. Juni 2019 am Frauen*streik teil und setzt sich besonders für die Themen Gewalt an Frauen und Sexismus ein – auch gern medienwirksam wie 2017 mit entblösstem Oberkörper.

Dabei geht es darum, dass Menschen die Freiheit haben zu wählen, ob sie Hausmann sein wollen oder nicht. Es geht darum, dass Menschen (und es sind meistens Frauen), welche die wichtige Arbeit zu Hause machen wie putzen, kochen, Kinder grossziehen, Enkel hüten, Eltern pflegen, eine anständige Rente haben. Weil wir als Gesellschaft diese Arbeit brauchen, denn ohne sie gäbe es uns nicht.

Es geht darum, dass es gratis Kitas und gute Pflege gibt – sowie gute Arbeitsbedingungen für die Menschen, die dort arbeiten. Es geht um Mutterschutz, Elternurlaub, Mindestlöhne, Betreuungszulagen. Es geht darum, dass wir zahlen, was wirklich zählt. Darum müssen wir in Bildung, Pflege und Betreuung investieren statt in Boni und hohe Löhne für Manager*innen und Profite für Firmenbosse.

Es geht darum, dass wir ohne Angst nach Hause laufen können, Dickpics der Vergangenheit angehören und dass nur ein Ja ein Ja ist. Unser Feminismus wehrt sich gegen Gewalt und Unterdrückung und setzt sich ein für eine demokratische Gesellschaft.

Wir wollen nicht nur Gleichstellung – wir wollen die Welt verändern. Mit weniger geben wir uns nicht mehr zufrieden.

Von Tamara Funiciello am 19. Februar 2021 - 10:34 Uhr