«Zum Glück hat es gestern an Silvester erst um Mitternacht geknallt», sagt Janika Sprunger. Sie sitzt mit Ehemann Henrik von Eckermann (41) in ihrer Stube, Sohn Noah, bald 2, krabbelt herum. Beim ersten Feuerwerk sei Henrik hinuntergegangen, um nach den Pferden zu schauen. Doch diese seien ruhig gewesen dank der Betreuung einer Pflegerin.
Janika Sprunger und Henrik von Eckermann wohnen mit Noah direkt über den Stallungen ihrer Reitanlage in der niederländischen Ortschaft Kessel. «Wir sind immer für unsere Rösser da, die Arbeit mit ihnen – das ist unsere Passion, unser Leben», sagt die 35-Jährige.
Im Eingangsbereich ihrer Reitanlage beobachten sie durch die Glaswand, wie in der Indoor-Halle Pferdepflegerinnen Pferde bewegen. «Das ist unser Pferdeland», sagt die Baselbieterin, ihre Augen leuchten. Auf dem Tisch steht ein Kistchen mit Teesorten und ein Bouquet Trockenblumen, alles fein arrangiert. In der Bar für Gäste hinten im Raum hat es erlesene Weine und Champagner, in zwei Glasvitrinen steht ein Teil der Pokale und Schärpen, die das Ehepaar gewonnen hat.
Lebenstraum erfüllt
Janika Sprunger ist eine der erfolgreichsten Schweizer Pferdetrainerinnen und Springreiterinnen: 2008 und 2012 wurde sie Schweizer Meisterin im Einzel, an der EM 2015 holte sie mit dem Team Bronze. Vater Hansueli (70) war zweifacher Schweizer Meister im Springreiten, Mutter Dominique Sprunger-Torsi (59) ist Reitlehrerin.
Janikas Mann, der gebürtige Schwede Henrik von Eckermann, hat sich sein Rüstzeug vor allem bei Springreitlegende Ludger Beerbaum geholt. Seine letzten Erfolge: Gold mit der Mannschaft an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio, WM-Titel im Einzel und mit der Mannschaft an der WM 2022 – auch dort mit seinem Spitzenpferd, dem zwölfjährigen belgischen Wallach King Edward. «Er beflügelt uns.»
Training und Läckerli
Die Anlage umfasst zwei Stallungen mit 26 Pferdeboxen, Indoor-Reithalle, drei Sattelkammern, Büro, Bar und Outdoor-Reitplatz. Eine Führanlage ist im Bau. In den sechs Wohnungen leben die Familie und fünf angestellte Pferdepflegerinnen, eine weitere ist für Sprungers Mutter.
In der kleineren Stallung stehen Pferde von Kunden, in der grösseren die zwölf Rösser die Sprunger und von Eckermann im Beritt haben. Sind die beiden nicht an einem Turnier, trainieren sie jeden Vormittag mit ihren Tieren. Danach erledigt Sprunger Administratives. «In der Ruhe liegt die Kraft, das haben mich die Pferde gelehrt.»
Am Nachmittag sind die Tiere auf der Weide oder gehen an der Hand spazieren. Danach macht Sprunger mit ihrem Sohn einen Besuch in den Stallungen: «Wir streicheln unsere Rössli, geben ihnen ein Läckerli.» «Ein Pferd ist nur so gut, wie du es hältst», betont ihr Mann. «Ziel des Trainings ist es, eins zu werden mit dem Pferd. Der Weg zum Er-folg ist spannender, als auf dem Podest zu stehen, er ist der wahre Gewinn.» Sprunger schmunzelt. Sie sei ehrgeizig und «triebig», sagt sie in Baselbieter Dialekt. «Doch Henrik ist noch eine andere Liga. Er inspiriert und motiviert mich.» Er wiederum sagt: «Sie ist mein Fels in der Brandung.»
«Ein Pferd ist nur so gut, wie du es hältst»
Olympiasieger Henrik von Eckermann
Magische Momente
Die meisten der zwölf Pferde in der grösseren Stallung sind nicht im Besitz des Ehepaars. King Edward zum Beispiel – Henrik nennt ihn «unseren Hauptmann» – gehört Georg Kähny. Der Pferdesport-Mäzen aus Riehen BS mit der Firma Dufour Stables ist ein Freund der Familie Sprunger und war schon Eigentümer von Palloubet d’Halong – neben King Edward ein weiteres Spitzenpferd, das Janika Sprunger als Profireiterin unter dem Sattel hatte und auf Weltklasseniveau brachte.
2013 verkaufte Kähny Pallou für elf Millionen Franken – bis dahin war für kein Pferd so viel bezahlt worden. «Die Trennung fiel mir schwer. Auf Pallous Rücken hatte ich magische Momente», erinnert sich Sprunger – sie und Pallou gehörten zu den weltweit besten Paaren.
Heute trainiert Sprunger vor allem Scarlett (8) und Orelie (9) – diese sind im Besitz von Tina Pol in Steinhausen ZG. «Zwei ganz tolle Nachwuchspferde!
In der zweiten Hälfte dieses Jahres wird Orelie so weit sein, dass ich mit ihr Fünf-Sterne-Turniere reiten kann.» Rund 20 Turniere bestreitet Sprunger pro Jahr. Ihr Mann ist doppelt so oft weg, immer an Fünf-Sterne-Wettkämpfen – die höchste Kategorie.
In den nächsten drei Monaten reisen er und King Edward nach Amsterdam, Bordeaux, Göteborg/S, Doha, Paris und Omaha/USA. Drei bis fünf Tage ist er dann jeweils nicht zu Hause. «Cyor Stables ist ideal gelegen», erklärt von Eckermann. Viele europäische Turniere sind von hier aus mit dem Pferdetransporter – das Paar hat deren zwei, mit Platz für je sieben Pferde – in weniger als zwölf Stunden erreichbar. Dauerts länger, werden die Tiere für sechs bis zehn Stunden eingestallt. «Früher wechselte ich mit meinem Papa ab», sagt Sprunger, «heute sitzt eine Pferdepflegerin am Steuer des LKW.»
«Pony reiten darf Noah erst, wenn er es selbst pflegen und satteln kann»
Janika Sprunger
Die Baselbieterin fühlt sich wohl in Holland. Das Einzige, was sie vermisst: gutes Schweizer Brot. Auch deshalb freut sich Sprunger, vom 12. bis zum
15. Januar wieder mal in alten Gefilden zu sein. Von Eckermann geht bei den Longines CHI Classics Basel an den Start, mit seinem Spitzenpferd. «Ein Sieg in Janikas Heimat wäre besonders schön», sagt der Weltranglisten-Erste. Und wenns dann laut wird – für King Edward kein Problem! Tosenden Applaus ist er gewohnt.