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König Lauwiner, der Schla(u)winer

Zu Besuch bei Jonas Lauwiner, dem selbst ernannten König der Schweiz

Er polarisiert mit der Jagd nach «herrenlosen» Grundstücken und provozierte auch schon im Panzer vor dem Bundeshaus. Jonas Lauwiner inszeniert sich gern als Monarch eines Fantasiereichs – und politisiert zugleich als Stadtrat von Burgdorf BE.

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In Uniform und Königsmantel in der alten Farbenfabrik: Jonas Lauwiner residiert in Oberburg bei Burgdorf BE.

In Uniform und Königsmantel in der alten Farbenfabrik: Jonas Lauwiner residiert in Oberburg bei Burgdorf BE.

Geri Born

Manche halten ihn für verrückt, andere für einen Träumer. Er wird als Spinner beschimpft, als Exzentriker belächelt und als Fantast verhöhnt. Doch das alles prallt an Jonas Lauwiner (30) ab. «Es gibt auch viele Bewunderer, wie bei Trump.» Lauwiner sieht sich als «König der Schweiz»: «Nur weil ich nicht als Sohn eines Königs geboren wurde, heisst das nicht, dass ich kein König bin. Es gab immer einen Ersten. Ich bin der erste König der Schweiz und habe es am schwersten. Die Nachkommen sind automatisch akzeptiert.»

Man mag schmunzeln ob dieser Logik. Taucht Jonas Lauwiner alias «HRH Jonas I of Lauwiner» – das HRH steht für His Royal Highness (Seine Königliche Hoheit) – in Schweizer Grundbuchämtern auf, ist den Beamten nicht nach Lachen zumute. Steht Lauwiner vor der Tür, ist er auf Eroberungsfeldzug – und verleibt sich sogenannte herrenlose Grundstücke in sein wachsendes Reich ein. Taktisch, trickreich, amtlich bewilligt und gesetzlich zulässig.

Wie beim Brettspiel «Monopoly» erwirbt Lauwiner die Besitzrechte an Wegen, Wiesen oder Wäldern. Dafür sucht er schon mal nächtelang in online zugänglichen Grundbüchern nach Land ohne rechtmässige Eigentümer. Wird er fündig, reicht er beim Kanton eine Aneignungserklärung ein, zahlt 150 bis 500 Franken für Eintragungs- und Administrationskosten und «erobert» so ganz legal neuen Besitz. 2021 eignete sich Lauwiner auf diese Art und Weise in nur drei Monaten über 50 Parzellen an. «Mein erster Feldzug», nennt er es. Der Lauwiner als Schlauwiner.

In Feldherrenpose vor seiner «Schatzkammer»: Die Krone von König Lauwiner lagert in der Schrankwand hinter ihm.

In Feldherrenpose vor seiner «Schatzkammer»: Die Krone von König Lauwiner lagert in der Schrankwand hinter ihm.

Geri Born

Nebulöse Kindheit und Jugend

Zur Welt kommt Jonas Lauwiner am 15. September 1994 in Unterseen bei Interlaken BE als Sohn eines Schweizers und einer Marokkanerin. Er ist fünf, als sich seine Eltern scheiden lassen, wächst fortan bei der Mutter auf, besucht jedes zweite Wochenende den Vater, der aus dem Wallis stammt. «Meine Vorfahren hatten dort ihre eigene Gemeinde», erzählt er stolz. Lauwiner hat zwei Halbschwestern, besucht die Primarschule in Interlaken, gilt als aufgeweckt und landet irgendwann am Institut Beatenberg, einer Privatschule. Dort lernt er eine andere Welt als die seines Elternhauses kennen: «Eine Welt des Luxus, in der Kinder alles bekamen, was sie sich wünschten.» Sein Taschengeld muss er sich selbst verdienen, übernimmt dafür daheim kleine Ämtli.

Das Kämpferische, sagt Lauwiner, habe er von seiner Mutter. Als sie in die Schweiz kam, habe sie nur marokkanisches Arabisch und Französisch gesprochen, als Service-Hilfskraft begonnen und sich zur Sozialversicherungsfachfrau hochgearbeitet. «Sie lehrte mich, nie aufzugeben, nach dem Motto: ‹Was dich nicht umbringt, macht dich nur härter›.» Sein grosses Vorbild aber sei sein vor drei Jahren verstorbener Grossvater. «Er konnte alles, war auch ein bisschen wie ich.»

Eigene Zeitrechnung: Tagsüber arbeitet der 30-Jährige als IT-Projektleiter für einen US-Pharmakonzern, nach Feierabend inszeniert er sich als Feldherr und König.

Eigene Zeitrechnung: Tagsüber arbeitet der 30-Jährige als IT-Projektleiter für einen US-Pharmakonzern, nach Feierabend inszeniert er sich als Feldherr und König.

Geri Born

Filetstück ist eine Industriebrache

Dass Lauwiner Grundstücke sammelt wie andere Briefmarken, schreibt er seinem Vater zu. Der schenkte Jonas zum 20. Geburtstag eine 800-Quadratmeter-Wiese, die er selbst einst ersteigerte. «Das erste eigene Grundstück – ein geiles Gefühl!» Damit ist Lauwiners «Expansionsgeist» geweckt. Er will wissen, wem das Land neben der Wiese gehört, stösst so erstmals auf ein «herrenloses» Grundstück, staunt, zweifelt, liest sich ein, wälzt Gesetzestexte, entdeckt eine Lücke im System – und für sich eine Taktik zur Landgewinnung.

Als Filetstück seines «Lauwiner Empire» sieht er sein 5800 Quadratmeter grosses Wohn- und Gewerbeareal am Lochbach 18 in Oberburg BE. «Es ist fast zwei Millionen Franken wert», sagt er. Bekommen hat er es auf seine Art. Der Boden ist mit Schwermetallen belastet. Würde Lauwiner darauf bauen wollen, müsste er es zuerst für Millionen sanieren. Die Brache ist Sitz seines «Imperiums», wie er es nennt. Krönen liess er sich in der Berner Nydeggkirche – Bekannte und Schauspieler dienten als Statisten. Schon in der Schule habe er sich für Geschichte interessiert, sagt Lauwiner. Heute erzählt er lieber seine eigene Geschichte.

Stolzer Schweizer: Lauwiner distanziert sich klar von Reichsbürgern und Peter Fitzeks Königreich Deutschland.

Stolzer Schweizer: Lauwiner distanziert sich klar von Reichsbürgern und Peter Fitzeks Königreich Deutschland.

Geri Born

Mit Reichsbürgern nichts am Hut

Lauwiner betont, dass er weder mit dem Extremisten Peter Fitzek und dessen Fantasiestaat «Königreich Deutschland» noch mit der Reichsbürgerszene etwas am Hut habe. Das ist ihm wichtig bei all dem Gerede um «Imperium», «Königreich», «Legion», «Eroberung» und «Feldzug». Trotzdem eckt er an. So zum Beispiel in zwei Luzerner Gemeinden, wo er Wege besitzt und den Anwohnern nun die Unterhaltskosten verrechnen will. Er sei «ein stolzer Schweizer», bezahle Steuern – und halte sich ansonsten an die demokratische Ordnung.

Monarch mit Sozialismusrelikt: Sein Amphibienpanzer BRDM-2 gehörte früher zur Nationalen Volksarmee der DDR.

Monarch mit Sozialismusrelikt: Sein Amphibienpanzer BRDM-2 gehörte früher zur Nationalen Volksarmee der DDR.

Geri Born

Seit Anfang Jahr ist er im Gemeindeparlament von Burgdorf als «König Jonas Lauwiner im Dienst für die Burgdorfer». Er kämpft gegen Sozialsystemmissbrauch und für tiefere Strompreise. Bei der Wahl zum Stadtpräsidenten allerdings musste sich der «König» dem SP-Mann Stefan Berger (56) geschlagen geben.

Der amtierende Stapi nimmt König Lauwiner seit dessen Einzug ins Stadtparlament «als engagierten und motivierten Stadtrat wahr», der an Themen interessiert sei und sich an Diskussionen beteilige. Als Politneuling müsse sich Lauwiner zunächst mit gewissen Abläufen und Strukturen im Stadtrat vertraut machen. «Aber er ist dran, sich in den Ratsbetrieb einzuleben», so sein Fazit. Dezidierter äussert sich der Burgdorfer Mitte-Gemeinderat Francesco Rappa (59). Lauwiner melde sich spontan und knallhart zu Wort. Rappa findet das «mutig, aber man merkt, dass ihm die Erfahrung fehlt sowie das Wissen, wie der Politbetrieb funktioniert».

In Geuensee LU und Mauensee LU steht Jonas Lauwiner in Konflikt mit Anwohnern eines Wegs.

In Geuensee LU und Mauensee LU steht Jonas Lauwiner in Konflikt mit Anwohnern eines Wegs.

Geri Born

Lauwiner polarisiert. Ob als König oder Eroberer, Kleingrundbesitzer oder Behördenschreck, Politiker oder Provokateur. Er erscheint als ein Paradiesvogel. «Diesen Vergleich finde ich lustig. Denn: Das ist ein schöner Vogel!»

Fakten

148

Grundstücke
So viele Parzellen in neun Kantonen quer durch die Schweiz – vom Wallis bis Uri – nennt Lauwiner aktuell sein Eigen.

11'4061

Quadratmeter
Zusammengerechnet ergeben die einzelnen Grundstücke eine Gesamtfläche von 11,4 Hektaren. Das entspricht circa 16 Fussballfeldern.

82

Strassen
Damit besitzt er fast mehr Wege als eine kleine Gemeinde. Auch Wiesen und Wälder finden sich in Lauwiners Ländereien-Portfolio.

Von René Haenig am 15. Juni 2025 - 12:00 Uhr