Pierre-Alain Regali (54) jongliert als Managing Director von AutoScout24 rund 80 Prozent aller Fahrzeuge – neue und Occasionen –, die in der Schweiz zum Verkauf stehen. Was ihn inspiriert, den digitalen Umbruch der Automobilbranche mit innovativen Lösungen zu begleiten, ist die Emotionalität des Automobils: «Die spürt man selbst in den kleinen Modellen», sagt Regali.
Die Autobranche klagt über Umsatzeinbrüche. Wie entwickelte sich AutoScout24 während der Pandemie?
Zu Beginn des sogenannten Lockdowns sanken die Userzahlen ab, haben sich aber bereits ab April wieder erholt. Jetzt sind sie sogar leicht höher als im letzten Jahr.
Wie haben Sie sich auf die neue Situation eingestellt?
Die Schwelle zur Nutzung digitaler Tools ist deutlich gesunken. Die Kontaktaufnahme per Whats-App wird häufiger genutzt; auch die Möglichkeit, sich ein Auto per Videotelefonie aus der Ferne im Showroom anschauen zu können. Wir haben diese Tools, und unsere User haben gelernt, sie zu nutzen. Wir werden das künftig noch ausbauen.
Ist noch Weiterentwicklung beim Marktplatz möglich?
Wir treiben sie jeden Tag voran. Von rund 100 Mitarbeitenden bei AutoScout24 arbeitet rund die Hälfte an der kontinuierlichen Verbesserung der Technik hinter der Suchmaske. Davon sieht man von aussen wenig, aber man merkt es an den immer besser auf die Kundenerwartungen zugeschnittenen Suchergebnissen.
Welche neuen Funktionen planen Sie?
Seit Juli kann man ein Auto unlimitiert auf der Webseite platzieren, bis es wirklich verkauft ist. Neu sind auch Videobesichtigung, Whats-App-Kontaktaufnahme oder optimierte Analyse-Tools für Händler. Zudem bieten wir Privatverkäufern mit dem Direktverkauf eine neue Möglichkeit, ihre Autos noch schneller und einfacher zu verkaufen.
Wird es auch komplett neue Angebote geben?
Wir haben Grosses vor mit unserem neuen Schwesterunternehmen FinanceScout24. Mit den integrierten Funktionen von FinanceScout24 können User auf AutoScout24 das beste Versicherungsangebot und die günstigste Möglichkeit zur Fahrzeugfinanzierung finden. Immer mehr Autos werden seit Corona im Leasing gekauft – aktuell sind es bei einigen Händlern bis zu 50 Prozent der Neuwagen. Ab kommendem Jahr wird man daher Leasingangebote auf unserer Webseite vergleichen können. Bald werden wir online eine Probefahrt-Buchung ermöglichen. Und wir bieten mit unserem Auto-Abo seit Sommer einen neuen Mobilitätsservice an.
Ist der Markt schon so gross, dass sich der Einstieg lohnt?
Mit dem Auto-Abo denken wir langfristig und wollen Appetit machen auf eine neue Form von Mobilität. Viele Junge wollen ihr Auto nicht mehr kaufen. Kauf, Leasing, Abo – wir möchten diese Möglichkeiten in Zukunft gleichwertig anbieten können. Darauf müssen wir uns jetzt vorbereiten und Erfahrungen sammeln, um jederzeit durchstarten zu können.
Welche Vorteile bringt ein Abo?
Erstens Flexibilität. Ich kann einen SUV für 6 Monate buchen. Ändert sich meine Lebenssituation, steige ich für 6 oder 12 Monate um auf ein anderes Modell, das besser passt. Zweiter Vorteil ist die einfache Kontrolle des Budgets. In Autokauf und -unterhalt stecken versteckte Kosten. Beim Abo ist es transparent, wie viel das Auto monatlich kostet.
Wer ist Ansprechpartner für den Kunden?
Unser Kerngeschäft ist die Verbindung von Verkäufer und Käufer – so funktioniert auch das Abo-Modell. Die Garagisten kümmern sich um Abwicklung, Pneuwechsel oder Service.
Hilft dabei die Marktposition von AutoScout24?
AutoScout24 generiert die grösste Nachfrage für Autos in der Schweiz. Seit 2016 sind unsere Userzahlen um rund 30 Prozent gestiegen und wachsen weiter. Auch im wegen Covid-19 umkämpften 2020 sind die Besuche auf AutoScout24 von Juni bis August im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent gestiegen. Von dieser Reichweite profitieren unsere Geschäftskunden. Wir arbeiten mit rund 90 Prozent der Schweizer Garagisten zusammen. Sie kennen uns, haben gute Erfahrungen mit uns gemacht und wissen, dass Qualität und Kundennutzen stimmen, wenn wir ein neues Produkt lancieren.
Ist die Schweiz schon reif fürs Auto-Abo?
Abo-Kunden denken anders als klassische Autokäufer – sonst würden sie kaufen, statt zu abonnieren. Nutzen statt besitzen, heisst die Devise. Vor allem junge Kunden können per Abo ausprobieren, ob ein Modell zu ihnen passt, und es später vielleicht kaufen. Für die Garagisten eine grosse Chance auf neue Kunden.
«Wir arbeiten mit rund 90% der Schweizer Garagisten zusammen.»
Pierre-Alain Regali
Niemand kennt die Schweizer Autofahrer besser als AutoScout24. Welche Trends erwarten Sie?
Wir werden einen starken Umbruch hin zur Elektromobilität erleben. In drei Jahren erwarten wir, dass ein Drittel aller Suchen auf der Webseite sich auf Steckerfahrzeuge beziehen werden.
Sehen Sie diesen Wandel im Kaufverhalten schon?
Derzeit richten sich etwa 15 Prozent aller Suchen auf elektrifizierte Modelle. Die Nachfrage ist gegenüber 2019 deutlich gestiegen.
Was wird der nächste grosse Schritt sein?
Der Online-Verkauf von Autos. Tesla macht es vor – die Marke setzt Hunderte Autos am Tag online ab. Aber wir wollen dabei wie immer die Händler einbeziehen.
Spüren Sie den Druck neuer Start-ups?
Der Wandel der Autobranche vollzieht sich rasant, und wir müssen nicht nur Schritt halten, sondern sogar voraus denken. Sind wir nicht innovativ, werden uns andere überholen.
Bei aller Digitalisierung: Was bleibt auf jeden Fall analog?
Die Emotionen beim Auto! Sie lassen sich nur analog erleben.