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So ticken die Königsanwärter

Die Favoriten am ESAF: Armon Orlik über seine Gegner

Die jungen, durchtrainierten Athleten haben im Schwingsport das Zepter übernommen! Vor dem Eidgenössischen in Zug erklärt Sieganwärter Armon Olik seine Gegner – und verrät sein Erfolgsgeheimnis.

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armon orlik

Dem Sennenschinger sind Traditionen wichtig.

Sven Germann

Unberechenbar: Ein Schwätzer ist Armon Orlik nicht. Der 24-Jährige braucht lieber seinen Kopf als seinen Mund. Dass er das Gymnasium absolviert hat und heute neben dem Sport Bauingenieur studiert, macht ihn zu einer Ausnahmeerscheinung im Schwingermetier. Seit er 2016 zu einem grossen Siegeslauf gestartet ist, der in der Schlussgang-Teilnahme am Eidgenössischen 2016 gipfelt, gilt Orlik bei jedem seiner Starts als «homme à battre». Heuer vielleicht mehr denn je.

Bereits steht er 2019 wieder bei sechs Festsiegen, wovon vier Kranzfeste. 16 sind es inzwischen seit der Premiere beim Zürcher Kantonalen 2015. Der erneut starke Auftakt in die Saison 2019 erstaunt ihn wenig: «Ich bin ein Frühstarter, nach dem Winter jeweils richtig versessen auf Wettkämpfe.» Trotzdem geniesst es Orlik, dessen Bruder Curdin bei den Bernern schwingt, auch, in der Winterzeit ohne Druck an der Technik feilen zu können. Einen intellektuelleren, analytischeren Zugang zu seiner Sportart, nur weil er Student ist, sieht er bei sich dennoch nicht. «Meine Motivation ist einzig, vielseitig schwingen zu können, um unberechenbar zu bleiben für die Gegner.»

Armon Orlik: Der Stille

Grösse / Gewicht / Schuhgrösse 1,90 m / 110 kg / 46

Geboren am 26. 5. 1995

Verband NOSV

Kränze 41 (17 Siege)

Im Netz armonorlik.ch, Facebook: @orlikarmon

Partner Schenker Storen, Invias AG, IP-Suisse, Micarna, Training & Diagnostics, Galaxy Malans

Seine Vorliebe für das Sypoba-Training auf dem Wackelbrett zahlt sich in einer sehr grossen Balance und Rumpfstabilität aus. Für die Gegner des Bündners aus Maienfeld muss es beängstigend sein, wenn Orlik sagt: «Im Vergleich zu 2016 spüre ich meinen Körper noch etwas besser. Ich erkenne, was das Training mit mir macht, und kann darauf reagieren. Ja, ich bin ein anderer, besserer Schwinger als in Estavayer.» Allerdings sagt der stille Athlet auch, das Schwingen habe sich generell weiterentwickelt.

Eine Spitze, breit wie noch nie, würde sich gegenseitig hochpushen. «Es ist mir bewusst, dass die Erwartungen der Öffentlichkeit an mich nochmals gestiegen sind. Aber ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen, wenn es einmal eine schwächere Phase gibt. Ich bin ohne Einschränkung zuversichtlich für das eidgenössische Jahr.»

Der Thurgauer Samuel Giger, unten, gewinnt den Schlussgang gegen den Buendner Armon Orlik, oben, am Sonntag, 18. Juni 2017, beim Nordostschweizerischen Schwingfest - NOS - in der Davoser Eishalle. (KEYSTONE/Eddy Risch)

Gigantentreffen: Beim NOS 2017 in Davos versucht Armon Orlik, Verbandskollege Sämi Giger rücklings ins Sägemehl zu werfen.

Keystone
Das Interview mit Armon Orlik

Ihre Erinnerungen ans ESAF 2016 in Estavayer auf einen prägnanten Moment reduziert – was fällt Ihnen spontan ein?
Der Sieg im ersten Gang gegen Kilian Wenger. Es war der ausschlaggebende Moment für mein gutes Fest, er ebnete mir den Weg, weil mir ein Riesenstein vom Herzen fiel.

Ihr bevorzugter Schwung?
Der Kurz, weil ich damit erfolgreich bin. Ich habe ihn schon als Bub intensiv geübt.

Die Änderungen an Ihrem Arbeits- und Sport-Umfeld im Hinblick auf Zug?
Keine. Seit ich vor drei Jahren das Studium begonnen habe, war der Aufwand immer gleich, und ich wohne weiterhin bei meinen Eltern in Maienfeld.

Welchen Verband erwarten Sie am ESAF 2019 als Dominator?
Keinen. Ich glaube, dass diesmal der NOSV, der BSV und der ISV auf Augenhöhe sein werden. Das war in Estavayer noch ziemlich anders, da wurden die Berner auf die Nordostschweizer und die Innerschweizer aufgeteilt, aber es gab nur wenige Paarungen zwischen NOSV- und ISV-Athleten. Inwiefern die ausgeglichenere Kräfteverteilung in Zug auf die Einteilungen Einfluss hat, ist schwer abzuschätzen.

«Bei Ritualen und Glücksbringern bleib ich zurückhaltend»

Für die Medien sind Sie mit Giger, Reichmuth und Wicki zusammen Favorit auf den Titel 2019. Was löst das bei Ihnen aus?
Das gefällt mir eigentlich, es ist gewiss nicht nachteilig. Aber das ist eine Momentaufnahme, es kann bis zum ESAF noch viel passieren, was die Rollenverteilung beeinflusst.

Was ist die jeweils grösste Stärke und Schwäche Ihrer drei Mitfavoriten?
Sämi Gigers Stärke ist seine Grösse, die ihm vorzügliche Hebel verschafft. Mit dem Kurz hat er einen sehr starken Angriffsschwung, und er ist sehr konsequent in seiner Taktik. Wenn man allerdings seine Offensive abfangen kann und geduldig auf die eigenen Chancen wartet, ist er verwundbar. Joel Wicki ist kräftig und hat einen starken Griff, zudem sind seine Hebel vor allem am Boden vorteilhaft, und auch bei ihm ist der Kurz ein sehr erfolgversprechender Angriffsschwung. Andererseits ist er defensiv nicht ganz so stark wie in der Offensive. Pirmin Reichmuth ist vielseitig und technisch sehr beschlagen. Mit seiner Grösse besitzt er eine enorme Grundschnelligkeit. Die Kurz- und Übersprungkombination ist seine grosse Stärke. Seine Bodenarbeit hinkt seiner Standarbeit leicht hintennach.

Auf wen aus der «zweiten Garde» sollte man in Zug ein Auge werfen?
Ich empfehle, die Kämpfe und Resultate von Aeschbacher Matthias gut zu verfolgen.

Ihr Glücksbringer oder Ritual für Zug?
Da bin ich zurückhaltend. Es kann ja sein, dass man genau an einem wichtigen Fest die Möglichkeit nicht hat, ein bestimmtes Ritual zu pflegen. Das wäre dann schlecht, wenn man sich darauf verlässt.

armon orlik

Armon Orlik: Mehr als nur ein Muskelpacket.

Sven Germann

Wenn Sie als Zuschauer statt als Aktiver in Zug wären, was würden Sie sich auf keinen Fall entgehen lassen?
Die Nationalhymne am Samstagmorgen würde ich nicht verpassen wollen. Ein Gänsehautmoment! Ich singe die Hymne mit. Die erste Strophe kann ich bestens. (lacht)

Der geilste Preis, den Sie je von einem Schwingfest nach Hause mitgenommen haben? Und was würde mit dem Muni passieren, wenn Sie gewännen?
Aus Estavayer habe ich das Bett mit nach Hause genommen, in dem ich seither bestens schlafe. Den Siegermuni würde ich verkaufen. Es hat mir bis jetzt noch kein Kollege Gastrecht für den Muni angeboten.(lacht)

Der Schwingheld Ihrer Jugendtage?
Sempach Matthias. Ein Modellathlet, sehr schnell, mit vielen Schwüngen, die ich auch liebe, Übersprünge. Aber eigentlich war mein erster Held Sergei Aschwanden. Ich komme ja ursprünglich aus dem Judosport. Zu meinen Juniorentagen leitete er einmal einen Tag lang das Klubtraining bei uns.

Welchem Athleten aus einem anderen Teilverband stehen Sie besonders nahe?
Das ist natürlich mein Bruder Curdin, der ja nun im BSV schwingt. Wegen ihm habe ich mit Schwingen begonnen. Es war eindrücklich, wie er mich mit etwa 16 Jahren, als ich, der jüngere Bruder, ihn leistungsmässig überflügelt hatte, unterstützte und an die Feste begleitet hat.

Wer wird Schwingerkönig 2019 in Zug?
Stand jetzt, im Frühjahr 19: Joel Wicki. 

Von Iso Niedermann am 19. Juli 2019 - 08:39 Uhr