Als feststand, dass ich für die «Schweizer Illustrierte» an die Olympischen Winterspiele reisen werde, hatte ich nicht unbedingt damit gerechnet, in Südkorea eine Schweizer Eiskunstläuferin zu interviewen. Umso erfreuter bin ich, dass Alexia Paganini acht Jahre nach meinem letzten Olympia-Auftritt in Vancouver 2010 sozusagen in meine Fussstapfen tritt.
Paganini hat eine spezielle Geschichte zu erzählen: Bis vor einem Jahr bedeutete die Schweiz für sie, mit ihren Grosseltern dort zu wandern und in schönen Bergrestaurants zu essen. Und nun vertritt die schweizerisch-amerikanische Doppelbürgerin, deren Vater aus Brusio GR stammt, unser Land bei den Spielen 2018. «Ein Kindheitstraum! Ich bin stolz, so nahe an meinen Wurzeln zu sein», sagt Alexia – auf Englisch.
Alexia Paganini ist die jüngste Schweizer Athletin in Pyeongchang
Die 16-Jährige – das Küken der Schweizer Delegation – ist in den USA aufgewachsen, trainiert in New Jersey und wohnt mit ihrer Familie im Bundesstaat New York. Zwar hat sie eine deutsche Schule besucht, aber die letzten zwei Jahre, seit sie «homeschooling» macht, hat sie die Sprache kaum mehr gesprochen. «Das werde ich jetzt wieder auffrischen.»
Nun treffe ich Alexia in Pyeongchang zum ersten Mal. Eine zurückhaltende junge Frau, die ehrlich erfreut wirkt über unsere Begegnung. Während des Gesprächs taut sie auf, und anschliessend laden sie und ihr Trainer mich zum Raclette ein. «Da sollen die Leute noch sagen, wir Eiskunstläuferinnen würden nichts essen», sagt sie und nimmt gleich noch eine Portion. Ihren Trainer kannte ich bereits, da ich früher auch einige Sommer im Trainingszentrum «Ice House» in Hackensack, New Jersey, trainiert habe. Ob ich damals auch Alexia beobachtet hatte – als Kleinkind?
«Über Mittag lerne ich für die Schule und esse dabei etwas»
Heute verbringt die US-Schweizerin unter der Woche den ganzen Tag in der Eishalle: Tagwache ist um 6.30 Uhr, dann fährt ihre Mutter sie hin. Frühstück gibts auf der stündigen Fahrt – «meistens etwas aus dem Starbucks». Nach dem Warm-up folgen zwei Stunden Eistraining. «Über Mittag lerne ich für die Schule und esse dabei etwas.»
Danach gehts nochmals aufs Eis, bevor am späten Nachmittag noch ein Kraft-, Konditions- oder Tanztraining ansteht. Wow, ganz schön viel!, denke ich. In meiner Teeniezeit habe ich viel weniger professionell trainiert.
Paganini kann einen ähnlichen Rang erreichen wie Meier damals bei Olympia 2002
Und was ist nun bei Olympia möglich für Alexia? Vor allem wünsche ich ihr, dass sie ihren ersten Auftritt hier in Südkorea geniessen kann. Ich selbst denke heute noch oft an meine ersten Spiele in Salt Lake City zurück – unvergesslich! Ich wurde damals 13. Einen ähnlichen Rang traue ich ihr auch zu. Doch am wichtigsten ist: Alexia Paganini soll ihren eigenen Weg gehen. Glücksbringer Luca wird ihr dabei sicher helfen. Der Stoff-Steinbock aus dem Heidiland ist ihr Begleiter aus der «anderen Heimat».