1. Home
  2. People
  3. Swiss Stars
  4. Maya Onken über Marianne Cathomens Auswanderungspläne nach Florida

Maya Onken

«Cathomen hat vernünftig entschieden»

Der Beitrag der «Schweizer Illustrierten» über Marianne Cathomen, die ohne ihre Kinder mit ihrem Partner Markus Siegler nach Florida auswandert, hat bei den Leserinnen eine Welle der Empörung ausgelöst. Unbegründet, findet Frauenrechtlerin Maya Onken. Sie selbst ist verheiratet und hat zwei Töchter im Alter von 9 und 13 Jahren.

Artikel teilen

«Marianne Cathomens Kinder sind junge Erwachsene – und sie sind ja nicht auf der Strasse, sondern bei ihrem Vater», sagt Maya Onken.
ZVG

SI online: Frau Onken, viele Leserinnen haben sich empört darüber, dass die Schlagersängerin Marianne Cathomen mit ihrem Partner Markus Siegler nach Florida auswandert, obwohl Tochter Carina erst 16 ist und ihr Sohn Nico 19.  Finden Sie das auch egoistisch?
Maya Onken: Es ist ein vernünftiger Entscheid, die Prioritäten in der zweiten Lebenshälfte anders zu setzen. Der Sohn ist ja schon im Militär, die Tochter in der Lehre. Das sind keine Kinder mehr, sondern junge Erwachsene. Die wollen in die Welt hinaus! Gerade der 19-Jährige ist wahrscheinlich ganz froh, seine Mutter nicht mehr so oft zu sehen (lacht). Und die beiden sind jetzt ja bei ihrem Vater, nicht auf der Strasse! Frau Cathomen hat das sicher nicht leichtfertig entschieden, sondern gut besprochen mit ihnen.



Sie sind selber Mutter. Kann Frau Cathomen ihren Kindern auch aus der Ferne gerecht werden?
Die 16-Jährige braucht wohl noch etwas mehr Rückhalt, aber wenn das der Vater gut macht, kann man es ihr ohne Weiteres zumuten. Die Mutter steht ihr ja bestimmt unterstützend per Skype und Telefon zur Seite. Zuwendung hat nicht mit Quantität zu tun, die kann man auch aus der Ferne bieten. Und ich bin sicher, wenn eines ihrer Kinder krank ist, steigt Frau Cathomen ins nächste Flugzeug und ist in 18 Stunden da. Auch wenn sie einmal 30 sind, steht man als Eltern sofort auf der Matte, wenn einem Kind etwas zustösst. 



Warum reagieren die Leserinnen so erbost?
Wenn ich an einer langweiligen Party feststecke und eine getraut sich, vor dem Dessert zu gehen, denke ich doch: «Was für ein freches Weib! Die wagt etwas, was ich mich nicht getrauen würde.» Anstatt zu sagen: «Wow, super, eine die mutig voran geht!» Wenn wir uns selbst etwas nicht eingestehen, dann dürfen das auch andere nicht. Anstatt ihnen nachzueifern, reagieren wir neidisch. In unseren Kursen am Frauenseminar ermuntern wir die Frauen, in ihre eigenen Kompetenzen zu investieren. Denn mit uns selber geben wir uns bis zum Tod ab. Länger, als mit allen anderen.



Hätte es überhaupt irgend eine Reaktion gegeben, wenn Conradin Cathomen ausgewandert wäre?
Wohl kaum. Dabei ist es wissenschaftlich erwiesen, dass die mütterliche Zuwendung nicht in den Genen der Frauen steckt. Wir müssen sie uns aneignen, ein Vater kann das also genau so gut. In unserer Familie zum Beispiel ist eher mein Mann die «Bruthenne», der unsere zwei Mädchen am liebsten immer daheim hätte.



Werden die Männer in Erziehungsfragen allgemein unterschätzt?
Absolut. Ich treffe öfters auf gestresste Väter, die gerne mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen würden. Aber die Mütter lassen sie nicht an den Kuchen, und wenn, dann korrigieren sie sie ständig, sagen ihnen, wie sie es besser machen könnten. Ich sage: Die Männer bauen Wolkenkratzer und Tunnels durch den Gotthard, sie fahren Auto und führen Banken. Hey, die können auch Windeln wechseln! Sie haben vielleicht andere Kompetenzen, bauen mit den Kindern lieber mal eine Hütte im Wald anstatt sie piekfein zu kämmen. Aber man muss sie nur lassen.

Von Christa Hürlimann am 17. September 2012 - 10:36 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 23:47 Uhr