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«Das persönliche Interview» mit Hanspeter Müller-Drossaart

«Ich war und bin ein Landei»

Eigentlich würde Hanspeter Müller-Drossaart gern weniger arbeiten, um noch glücklicher zu sein. Doch der Schauspieler will der Bühne mindestens weitere zwölf Jahre treu bleiben. Der «Spätzünder» erzählt, warum Umwege oft doch zum Ziel führen und wann er zu Minnesang anstimmt.

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Ist nach der notfallmässigen Operation wieder wohlauf: Schauspieler Hanspeter Müller-Drossaart.

Hanspeter Müller-Drossaart, 60, stammt aus Sarnen OW, lebt heute in Dietikon ZH.

RDB/SI/Dick Vredenbregt/SI_2006-43

Schweizer Illustrierte: Hanspeter Müller-Drossaart, in Ihrem neuen Theaterstück spielen Sie Philippe, einen fast vollständig Gelähmten, der seinen elektrischen Rollstuhl mit dem Mund steuert. Klappt das?
Hanspeter Müller-Drossaart: Ja, aber es ist schwierig. Bei den Proben muss ich ständig hin und her fahren. Heute dachte ich kurz, ich explodiere, und bin dann eben aufgestanden (lacht). Es ist eine abhängige Beziehung.

2015 hatten Sie fast einen Herzinfarkt, konnten in einer Not-Operation gerettet werden. Ihre Rolle Philippe hatte nicht so viel Glück.
Ja. Es ist eine sehr schmerzvolle Geschichte. Ich kann mich Philippe durch meine Erlebnisse annähern. Aber bei mir blieb die Krankheit zum Glück nicht. Im Nachhinein sehe ich, dass ich mir zu viel zugemutet hatte. Warum habe ich nicht früher aufgepasst? Ich habe grosses Glück gehabt.

Im Kino und als Kabarettist haben Sie spät debütiert, Ihr Sohn Livius ist elf. Sind Sie ein Spätzünder?
Ja, kann sein. Ich komme eben aus einer ländlichen, halb bäuerlichen Kultur. Mein Vater war kein grosser Beweger, handwerklich begabt, ruhig, geerdet. Genau wegen dieser Sprachlosigkeit bin ich ans Theater gegangen. Dort konnte ich mich ausdrücken.

Die Rente plane ich überhaupt nicht



Welches Gemüse sollte verboten werden?
Okra. Sie sieht aus wie eine achteckige grüne Gurke und wird beim Zubereiten schleimig. Eklig.

Und was für eine Frucht wären Sie?
Ich wäre ein Apfel der Sorte Cox Orange. Eine Mischung aus Säure und Süssigkeit.

Um wie viel Prozent müssten Sie Ihr Arbeitspensum reduzieren, damit Sie massiv glücklicher wären?
Massiv, aha. Also dann vierzig bis sechzig Prozent. Ich bin schon privilegiert, und nichts machen geht auch nicht. Die Rente plane ich überhaupt nicht. Mein Sohn ist elf. Die Ausbildungswege sind heute ja lang. Ich sehe, mit 72 ist da schon noch etwas drin.

Als Sie Kind waren, was hat Ihre Mutter Ihnen da immer gesagt?
Mach kein Theater. Später habe ich aber genau das gemacht.

Ihr Spitzname als Kind?
Als Student hiess ich Chrümi. Das ist in der Luzerner Mundart ein Clown oder Lausebengel.

Erinnern Sie sich an Ihren ersten Schulschatz?
Sie wohnte in der Nachbarschaft. Ich habe ihr Briefe geschrieben. Es gab glückhaften Minnesang, aber in der Erfüllung endete es leider nicht.

Im Moment bin ich froh, alle meine Organe bei mir zu haben



Wann haben Sie zuletzt etwas Selbstgebasteltes geschenkt?
Am 7. August 2016. Livius und ich sind Flugzeug-Freaks, kennen jedes Modell. Ich habe ihm ein Löschflugzeug-Modell gebaut.

Haben Sie einen Organspendeausweis?
Nein. Ich glaube, das kommt durch meine Herz-OP. Ich weiss um meine körperliche Verletzbarkeit und bin deswegen übervorsichtig geworden, damit mir nichts genommen wird. Ich könnte im Fall nur etwas Geflicktes hergeben. Ich habe nichts gegen den Ausweis, aber im Moment bin ich froh, alle meine Organe bei mir zu haben.

Welche Musik soll an Ihrer Beerdigung gespielt werden?
Die Arie «Casta Diva» aus Bellinis Oper «Norma», eine Liveaufnahme von Anna Netrebko. Das ist reinste Schönheit, Emotionalität, Kunst und Gestaltung.

Über welche Tat von Ihnen wird man noch nach Ihrem Tod reden?
Er hat immer so viel geredet.

Wo am Körper tuts Ihnen weh?
Oft in den Waden. Mein Fitnesstrainer lässt mich immer leiden und ist erst dann zufrieden.

Was ist auf Ihrem Handydisplay?
Da ist meine Familie drauf und zieht Grimassen. Das sind alle komische expressive Seelen.

Die bisher beste Idee Ihres Lebens?
Mich auf die Schauspielerei zu konzentrieren. Während meiner Zeit an der Schauspiel-Akademie war ich in Fernsehproduktionen und der «Telearena» zu sehen. Ich hatte Angebote deutscher Bühnen. Aber als Landei, das ich war und bin, hatte ich Angst vor der grossen, weiten Welt. Ich studierte noch Theaterpädagogik. Eine tolle Ausbildung, aber diesen Umweg hätte ich nicht gebraucht.

Welche Eigenschaften einer Berühmtheit hätten Sie gern?
Ich hätte gern eine Eigenschaft, die viele Berühmtheiten haben: Geschäftstüchtigkeit.

Falls Ihr Leben verfilmt wird, welcher Schauspieler soll die Hauptrolle spielen?
(Lacht.) Das müsste Hape Kerkeling machen. Aber er würde sagen: «Eine Unverschämtheit. Den kenn ich ja gar nicht. Ist das auch ein Komiker, oder was?»

Der beste Ratschlag, den Sie je bekommen haben?
Bevor du etwas verändern willst, musst du es kennen. Man sagt immer so schnell überheblich, ach, das kann ich, kriege ich hin. Und dann läuft man wieder rein in ein Fettnäpfchen. Das ist dank des Ratschlags bei mir besser geworden.

Von Michèle Graf am 6. September 2016 - 05:00 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 14:54 Uhr