Cold!», ruft Margarita Louis-Dreyfus, 55, als sie die Temperatur von Stefan Linders Brust fühlt. Als gebürtige Russin weiss sie Rat: Sie reicht den Berner Unternehmern Linder und André Lüthi einen Shot Wodka. «Nastrovje!» Die beiden lassen sich von einer der reichsten Schweizerinnen nicht zweimal bitten – und trinken ex. Auch Margaritas Lebenspartner, Philipp Hildebrand, 54, nimmt ein Gläschen. Die Dame schaut in die Runde: «Tough guys!»
Blausee ob Kandergrund BE, erster Dezember-Sonntag, gegen Mittag. Die Sonne scheint auf die märchenhaft verschneite Landschaft. Minus sieben Grad. «Für herti Siächä» lautet das Motto des zweiten Blausee-Schwimmens. 300 Mutige wagen sich auf die 42 Meter lange Strecke im türkisblauen Wasser – fünf Grad ist dieses kalt. Von einem Holzsteg zum andern, zwei Rettungstaucher sind parat. Die Blausee-Forellen bekommen nicht viel mit: Sie sind im Winter-Stand-by-Modus am Grund des Sees.
Der Ex-Nationalbank-Chef macht den Anfang
Eröffnet wird der Plausch von den drei Gastgebern: Philipp Hildebrand, ehemaliger Präsident der Schweizerischen Nationalbank, heute Vizepräsident von BlackRock, dem weltweit grössten Vermögensverwalter. Er ist am Vortag von einem Business-Termin in New York angereist. Gastgeber sind auch Stefan Linder, 50, Mitgründer des Swiss Economic Forum, und André Lüthi, 57, Chef des Reiseunternehmens Globetrotter Tours. 2014 hat das Trio die Blausee AG übernommen.
Als erste Schwimmer stehen die drei See-Besitzer auf dem Holzsteg. In blauen Badehosen und Wollmützen – Neoprenanzüge und Melkfett sind tabu. Nach einem Talk mit TV-Journalist Reto Brennwald überwinden sie den inneren Schweinehund und stürzen sich ins eiskalte Nass, die 400 Zuschauer applaudieren.
Das Trio braucht keine halbe Minute. Kein Wunder bei Hildebrand: In den 1980er-Jahren war er Mitglied der Schwimm-Nationalmannschaft und zweifacher Schweizer Meister.
Am Ziel werden die drei von Hildebrands Lebenspartnerin Margarita Louis-Dreyfus empfangen. Nach dem Tod ihres Gatten Robert Louis-Dreyfus (früherer Adidas-Chef) 2009 wurde sie Präsidentin von Louis Dreyfus Commodities, einer der weltweit grössten Rohstoffhandelsfirmen. Mit einem Vermögen von 5,2 Milliarden Franken figuriert sie auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen. Am Weltwirtschaftsforum 2013 in Davos lernt die knallharte Unternehmerin – in der Branche «die Zarin» genannt – Philipp Hildebrand kennen, im selben Jahr trennt sich der von seiner Gemahlin Kashya, einer Kunsthändlerin. 2016 werden Louis-Dreyfus, damals 53, und Hildebrand Eltern von Zwillingsmädchen. Sie hat eine Residenz in Zollikon am Zürichsee.
Nach dem eiskalten Bad gehts in den Hotpot
Nun steht Margarita am Ziel, eine Flasche Smirnoff No. 21 in der Hand. Dann wärmen sich die drei «tough guys» im Hotpot auf. Hildebrand: «Eine Wohltat. Die Haut kribbelt.» Die zweite Streckenhälfte sei hart gewesen. «Doch ich mache ja fast jeden Tag Sport.» Er zieht einen Bademantel an, kümmert sich um seine Zwillinge, plaudert mit Ogi. Dieser ist, flankiert von Lüthi und einem Rettungstaucher, ebenfalls geschwommen: «Gelitten habe ich nicht. Doch ich war froh, aus dem Wasser steigen zu können.» Obwohl Ogi jeden Morgen kalt duscht: «Ein solcher Schwumm löst Glücksgefühle aus.»
Alt Bundesrat Ogi gratuliert den mutigen Schwimmern
«Respekt!» Adolf Ogi, 75, klopft auf eine gerötete Schulter. Der alt Bundesrat steht am Ziel und gratuliert jedem aus dem Wasser steigenden Teilnehmer. Unter ihnen Martin Haefner, Chef des Autoimporteurs Amag, die Berner Regierungsrätin Beatrice Simon mit Ehemann Helmut, Berns Stapi Alec von Graffenried und Snowboard-Olympiasiegerin Tanja Frieden (mit Schwimmschuhen). Viele bibbern, doch alle sind glücklich. Der Erlös des Anlasses fliesst in Ogis Stiftung «Freude herrscht». Diese unterstützt Projekte, die Kinder und Jugendliche für Bewegung und Sport begeistern.
«Eine coole Sache. Sie macht süchtig»
Hildebrand verabschiedet sich, noch am Nachmittag gehts heim nach London. Den 2. Dezember 2018 hat er sich schon jetzt eingetragen: Blausee-Schwimmen zum Dritten! «Eine coole Sache. Sie macht süchtig.»