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Die Wahrheit über Stefan Gubsers Auszeit

«Sonst hätte ich irgendwann ein Burnout gehabt»

Um nicht im Burnout zu landen, legte «Tatort»-Kommissar Stefan Gubser gemeinsam mit seiner Frau ein Sabbatical ein. Monatelang schipperten sie um die Welt. Zurück in der Heimat werfen sie alles Überflüssige über Bord. Die «Schweizer Illustrierte» hat das Paar auf Mallorca besucht.

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Entspannt hockt Stefan Gubser, 57, am Bug der «Bluebird», einer gecharterten 15-Meter-Jacht, lässt seinen Blick über das silbern glänzende Mittelmeer vor Mallorca schweifen - und geniesst einfach: den Wind, die Sonne, das Rauschen der Bugwelle. Schiffe faszinierten Gubser schon als Kind. «Ich träumte davon, auf einem Schiff zu leben.»

Es könnte eine «Tatort»-Szene sein, wie er so gedankenverloren dasitzt. Der Luzerner Ermittler Reto Flückiger ist gerne frei und ungebunden, liebt die Natur, hat ebenfalls ein Segelboot - ein kleines auf dem Vierwaldstättersee. «Die Liebe zur Natur und zum Segeln ist etwas, was mich mit meiner Filmfigur verbindet.» Die Liebe als solche aber ist nicht die Stärke von Flückiger. Anders bei Gubser. Im Dezember feierten er und Brigitte, 53, ihren 18. Hochzeitstag. Glücklich! Das betonen beide. «Wir haben nie ‹Lämpe› miteinander.» Sie ergänzen sich. Sie überlässt ihm das Segeln. «Ich bin für die Kombüse zuständig», scherzt sie. Stefan verzieht das Gesicht. Das einzige heikle Thema.

Er wäscht daheim, putzt, räumt auf und kutschiert seine Brigitte ohne Murren zu Terminen. Aber: Er hat es in 18 Jahren nur ein einziges Mal fertiggebracht, seine Frau mit einem Essen zu überraschen. Dabei findet sie es schön, «wenn Männer kochen können». Stefan kanns nicht, abgesehen von Spaghetti.

Routiniert steuert Gubser die «Bluebird» in die Bucht von Cala Marmacen. Auf dem Felsen über ihm thront die Luxusvilla «Rockstar» im blütenweissen Möwen-Design. Sie steht leer, sämtliche Immobilienbüros der Insel bieten sie zum Kauf an - für zehn Millionen Euro. «Das einfache Steinhaus unterhalb wäre eher was für uns.» Da sind sich Stefan und Brigitte einig.

Wir wären irgendwann krank geworden, wenn wir weiter so viel gearbeitet hätten

Einfach gelebt haben sie auch in ihrem gemeinsamen Sabbatical. Schipperten auf einem Frachtschiff zwischen den Marquesas-Inseln, segelten mit einem Katamaran in der Südsee, wanderten durchs Tessin und Münstertal - und nahmen sich Zeit für Familie und Freunde. Die monatelange Auszeit war auch eine Vorsichtsmassnahme. «Wir wären irgendwann krank geworden, wenn wir weiter so viel gearbeitet hätten.» Brigitte ist sich da ganz sicher. Sie kündigte 2013 ihren CEO-Job in einer grossen Media-Agentur. Kurz zuvor war auch Stefan, als er von Dreharbeiten in Äthiopien zurückkehrte, klar geworden: «Ich muss zurückschalten, in dem Tempo will ich nicht weitermachen. Sonst lande ich dort, wo alle Leute landen, die zu viel arbeiten - in einem Burnout.» Er stand nicht nur als Schauspieler vor der Kamera, sondern machte Theater, managte die eigene Filmproduktionsfirma, schlug sich mit Behörden sowie Papierkram herum und stritt um Subventionen. «Das war alles zu viel für mich.»

Fast wie ein Lotto-Sechser sei der «Tatort» deshalb für ihn. Nicht, dass er damit Millionen scheffelt. Zwar verdient ein Superstar wie Ulrich Tukur 120'000 Euro pro Folge, die meisten der «Tatort»-Kommissare aber kommen auf 60'000 bis 70'000 Euro.

Doch der Job als Ermittler garantiert Gubser pro Jahr sechs Monate Arbeit (zwei Folgen, jeweils fünf Wochen Drehzeit plus Vorbereitungen sowie Nachbearbeitung wie Synchronisation), finanzielle Sicherheit und die Freiheit, nicht mehr jeden Job annehmen zu müssen. «Etwas, was ich früher des Geldes wegen oft tun musste.» Im TV-Business gilt der «Tatort» als «Champions League» - höchste Klasse.

Bekannt wurde Gubser beim Film- und Fernsehpublikum durch Serien wie «Eurocops», «Kurklinik Rosenau» und in Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen. Sein «Tatort»-Debüt gibt er 2000 in «Der schwarze Skorpion» - als Leiche. Acht Jahre später ermittelt er als Reto Flückiger mit seiner Kollegin Klara Blum am Bodensee - bis das SRF ihn 2011 nach Luzern versetzt. Wenige Tage bevor Gubser nach Mallorca aufgebrochen ist, fiel die letzte Klappe zu «Schutzlos». Der Luzerner «Tatort» wird im Sommer zu sehen sein. Seit Dezember ist auch der Dreh zum neunten Flückiger-Fall - «Sniper» - abgeschlossen. Es geht um einen Heckenschützen, der das Recht in die eigenen Hände nimmt.

Millionen Zuschauer in Deutschland (in der Schweiz sind es zwischen 530'000 und 770'000) sitzen am Sonntagabend vor dem Fernseher, um Flückiger & Co. auf die Finger zu schauen und live via Twitter zu kritisieren - beim Luzerner «Tatort» in der Vergangenheit vor allem die mitunter holprigen Dialoge und schwachen Drehbücher. «Gute Nacht, Freunde, es wird Zeit für mich zu gehn..., denn so einen ‹Tatort› möchte ich nie mehr wiedersehn...», lästert im Internet User Andruschka.

Würde ich alles ernst nehmen, wäre ich total verunsichert

Kritik, die Gubser kennt, aber ausblendet, wenn er so wie jetzt übers Wasser gleitet. «Natürlich habe ich eine verletzliche Seite», sagt er. Nach mehr als 150 Filmen in 30 Jahren weiss er aber auch, dass wie beim Segeln «der Wind mal von der einen Seite bläst und mal von der anderen». Da geht es ihm nicht besser oder schlechter als den Kollegen in Deutschland und Österreich. Der «Tatort» ist das am kontroversesten diskutierte TV-Format. «Würde ich alles ernst nehmen, wäre ich total verunsichert.» Zuletzt lobten sogar «Der Spiegel» - und «Bild» schrieb: «So stark war der Schweizer Tatort selten.»

Sitzen Gubsers sonntags wie zig andere Paare auf der Couch, um «Tatort» zu gucken? Klar! Stefan liebt das Kölner Duo Max Ballauf und Freddy Schenk, Brigitte ist Fan des komödiantischen Ermittlerteams Thiel und Boerne aus Münster. «Ihr könntet auch etwas frecher sein», findet sie. Überhaupt kämen die Randgeschichten der Figuren bei den Schweizern zu kurz. Das soll sich ändern. Stefan: «Das SRF hat zugesagt, dass unsere Filmfiguren mehr Privatleben erhalten.»

So lustig wie die Münsteraner werden die Luzerner aber nicht. «Humor ist einfach nicht die Stärke von uns Schweizern», sagt Gubser. Trotzdem darf das TV-Publikum gespannt sein, was Eigenbrötler Flückiger und seine Kollegin Ritschard noch von sich preisgeben.

Ich vermisste die Drehs und freute mich richtig, als es wieder losging

Seine Rückkehr nach der Auszeit empfindet der Schauspieler als Neuanfang. Während einer monatelangen Pause merke man wirklich, was wichtig sei oder fehle. «Ich vermisste die Drehs und freute mich richtig, als es vergangenen September wieder losging.» Und das, obwohl Gubser «Tatort»-Drehbücher (bis zu 170 A4-Seiten) von der Vorbereitung bis zum Zeitpunkt, an dem die letzte Klappe fällt, bis zu siebzigmal durchliest!

Kurswechsel. Stefan steuert zurück Richtung Port Andratx. In der Ferne ragt «Sa Dragonera» aus dem Meer. Die Dracheninsel weist den Weg nach Hause. Spätestens nach der Pensionierung planen Stefan und Brigitte wieder eine Auszeit. Wohin? Sie wissen es noch nicht. Haben auch keine To-do-Liste. Aber ein Wish-Book wollen sie führen - jeder für sich. Darin notieren, was sie noch erleben möchten. Die Idee haben sie von einem australischen Paar, das mit ihnen auf dem Frachter reiste. Abwechselnd wird in Angriff genommen, was der eine oder der andere aufgeschrieben hat.

Zum Neuanfang gehört auch, Altes über Bord zu werfen. Angefangen haben sie im Schlafzimmer - in ihren Schränken. Einige 110-Liter-Müllsäcke mit alten Kleidern, darunter Stefans Hochzeitsanzug, verschenkten sie. «Es ist befreiend», sagt Brigitte. Nach und nach misten sie jetzt alle anderen Zimmer aus.

Von René Haenig am 4. Februar 2015 - 15:01 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 16:30 Uhr