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Vor fünf Jahren starb Steve Lee

Brigitte Balzarini-Voss: «Er sitzt immer noch neben mir»

Am 5. Oktober 2010 kam Gotthard-Frontmann Steve Lee, †47, bei einem Töff-Unfall in den USA ums Leben. Der Verlust ihrer grossen Liebe veränderte das Leben von Brigitte Balzarini-Voss, 55, komplett. Aber sie sagt: «Steve und ich sind seelisch für immer verbunden.» 

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Brigitte Balzarini-Voss, wie geht es Ihnen?
Sehr gut. Ich war noch nie so zentriert wie heute. Nach Steves Tod musste ich den Weg zu mir selber finden, zu der Frau, die man auch ohne diese ganze Vorgeschichte wahrnimmt. Zudem wollte ich mich an meine neue, nicht alltägliche Gabe gewöhnen.

Welche Gabe?
Die Gabe, dass ich plötzlich mehr sehe und spüre. Medialität ist heute mein Leben. Dafür musste ich mich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Wenn ich jetzt irgendwo bin, nimmt man mich ohne Vorurteile wahr. Das war und ist mir sehr wichtig.

Am 5. Oktober jährt sich der Todestag von Steve Lee zum fünften Mal. Was löst dies für ein Gefühl bei Ihnen aus?
Ich muss zugeben, dass sich bei mir immer bereits Anfang September eine gewisse Schwere bemerkbar macht. Wenn der 5. Oktober vorbei ist, gehts wieder aufwärts. Aber ich denke ohnehin jeden Tag an ihn.

Wie werden Sie den Todestag verbringen?
Seit drei Jahren versuche ich, diesen Tag ganz normal zu verbringen, und werde deshalb arbeiten. Ich habe jetzt mein eigenes Leben. Aber natürlich denke ich an Steve und werde für ihn beten, ihm immer gedenken. Mein Wunsch wäre, dass man ihm auf dem Gotthard ein Denkmal errichten würde. Das hätte er verdient.

Er erscheint mir entweder im Traum oder überbringt seine Botschaften an mich einem anderen Medium

Wie hat sein Tod Sie verändert?
Total! Nach Steves Tod merkte ich, dass ich nach zehn Jahren in Rom und zehn Jahren im Tessin in meine alte Heimat zurückkehren muss. In der Deutschschweiz habe ich jetzt mein neues Leben. Vier Tage die Woche bin ich bei einem ehemaligen Anwalt im Büro als persönliche Assistentin tätig und arbeite zusätzlich bei Koller Auktionen als Repräsentantin. An den Wochenenden und abends bin ich als mediale Beraterin tätig. Beim Basler PSI Verein biete ich mediale Privatsitzungen an. Seit 25 Jahren habe ich nicht mehr so viel gearbeitet wie heute.

Hört sich nach einem ganz neuen Leben an.
Als Steve starb, musste ich mich entscheiden, ob ich in der Opferrolle bleibe oder lerne, neue Wege zu gehen. Ich habe mich für Letzteres entschieden.

Woher haben Sie die Kraft genommen?
Von Steve. Er hat mich die ersten zwei Jahre sehr eng begleitet. Er schickte mir Menschen, die mir in jeder Beziehung geholfen haben. Das macht er immer noch, wenn ich ehrlich bin. Ich spüre seine Energie. Er erscheint mir entweder im Traum oder überbringt seine Botschaften an mich einem anderen Medium.

Wie muss man sich dies vorstellen?
In meinen Träumen sehe ich ihn immer im selben weissen Hemmli, und er sieht glücklich aus. Er arbeitet mit Blicken. Durch Telepathie gibt mir Steve Denkanstösse. Ich weiss dann genau, wie ich auf Probleme reagieren muss. Er ist wie mein Lebensführer. Manchmal sitzt er einfach nur neben mir. Es macht mich glücklich, dass wir immer noch verbunden sind. Aber er ist nicht jeden Tag bei mir.

Das hört sich etwas seltsam an.
Jeder Mensch muss selber entscheiden, ob er sich mit dem Tod befassen möchte und an ein Leben danach glaubt. Durch meine Hellsichtigkeit sehe ich im Aurabild, wenn sich jemand diesem Thema verschliesst. Mit denen rede ich nicht darüber. Mir hat die Spiritualität nur Türen geöffnet.

Sie mussten nach Steves Tod viel Kritik wegen Ihrer öffentlichen Trauer und Ihres Buches über ihn einstecken. Bereuen Sie etwas?
Ich würde alles wieder gleich machen. Ich exponierte mich bewusst, um mit den Fans zu trauern und sie zu unterstützen. Irgendwann wars genug, und ich zog mich zurück. Kritiker kosten mich ein Lächeln, mehr kann ich nicht dazu sagen. Es musste für mich stimmen. Nach ein paar Monaten erhielt ich zudem viele Entschuldigungsschreiben, weil die Leser merkten, dass ich mit dem Buch meinen immensen Verlust verarbeiten konnte.

Was war an Steve und Ihnen als Paar besonders?
Unsere Seelenverbindung. Als wir uns trafen, haben wir uns sofort verliebt. Jeder von uns hat viel gekämpft und ertragen, damit wir zusammen sein konnten. Wie ein Reissverschluss passten unsere Seelen zusammen. Ich erinnere mich auch an unseren gegenseitigen Stolz und an unsere extrem tiefe Liebe - bis zuletzt. Wir haben uns sehr oft gesagt, dass wir stolz aufeinander sind. Wenn er ein Bonsai-Bäumli wieder sehr schön zugeschnitten hatte oder auf der Bühne stand, war ich sehr stolz auf ihn.

Haben Sie noch Kontakt zu den Mitgliedern von Gotthard?
Dieses Kapitel ist abgeschlossen. Ich war mit Steve und nicht mit Gotthard zusammen.

Hören Sie noch Gotthard-Lieder?
Eine CD ohne Steve habe ich mir noch nie angehört. Ich mag «Need to Believe», die letzte CD mit ihm, und alle Balladen. Ich höre seine Songs oft im Auto. Bei «Have a Little Faith» habe ich Tränen in den Augen. Das war unser Lied.

Haben Sie noch Kontakt zu seiner Familie?
Leider nein, da ich im Moment so viel arbeite. Aber wir stehen in einem guten Verhältnis.

Besuchen Sie sein Grab?
Nein, er ist ohnehin nicht dort, nur seine Überreste. Ich weiss, dass es ihm dort gut geht, wo er ist. Für mich, an das glaube ich ganz fest, ist Steve mitten unter uns.

Der Verlust ist nicht nur seelisch, sondern vor allem auch körperlich

In welchen Momenten denken Sie an ihn?
Wenn ich eine schöne Pflanze sehe, die ihm auch gefallen hätte. In gewissen Situationen stelle ich mir auch vor, wie er reagieren würde. Ich konnte sehr viel von ihm lernen. Er hat mich Geduld gelehrt und mir gezeigt, wie man in der Natur auftanken kann. Steve hat mir alles über seine Pflanzen beigebracht. Er war wie ein Professor. Auch in Geschichte wusste er viel, war sehr belesen.

In welchen Situationen fehlt er?
Besonders an Weihnachten und an meinem Geburtstag. Und er fehlt mir manchmal von einer Sekunde auf die andere. Dann machts peng, und ich verspüre einen körperlichen Schmerz. Nach zehn Sekunden ist dieser wieder vorbei. Der Verlust ist nicht nur seelisch, sondern vor allem auch körperlich. Das macht mir manchmal schon zu schaffen. Seelisch sind er und ich für immer verbunden.

Sind Sie wieder neu liiert?
Ich hatte jedes Jahr Bekanntschaften, aber die dauerten nur die berühmten drei Monate. Es stimmte einfach nie - vermutlich bin ich zu hellsichtig. Ich beginne den Partner zu röntgen, will genau wissen, wer in mein Leben und das meiner Kindern tritt. Da hat keiner eine Chance. Aber ich wünsche mir einen Partner.

Was für Männer hätten Chancen?
Ich wünsche mir eine liebe, humorvolle Person, die gesund lebt. Das ist mir sehr wichtig. Wenn ein Mann einen Bauch hat, kein Problem. Aber wenn er nicht gesund lebt, das geht nicht. Ich bin nicht mehr kompromissbereit.

Sie sagten, dass Sie sich selber suchen wollten. Was haben Sie über sich herausgefunden?
Früher war ich immer für alle anderen da. In den letzten Jahren habe ich gelernt, dass da noch jemand ist, mit dem ich das ganze Leben zusammen bin: ich! Das hört sich egoistisch an, aber ich komme jetzt an erster Stelle. In naher Zukunft werde ich auf dem Pfad des Dalai-Lama reisen gehen. Mein guter Freund, der Gründer von Globetrotter Travel Service, Walter Kamm steht mir bei der Planung als Berater sehr gut zur Seite. Ich plane, mein zweites Buch über meine spirituellen Reisen zu schreiben.

Von Aurelia Robles am 4. Oktober 2015 - 07:00 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:46 Uhr