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Marc Berthod zeigt sein Oberengadin

Vielseitig auf der Höhe

Das Oberengadin – Paradies nur für Jetset und Geldadel? Mitnichten! Ski-As Marc Berthod stellt seine Heimat vor: «Hier findet jeder, was er sucht.» Und er verrät seine Lieblingsplätze «on Top of the World».

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Ein schöneres Himmelsblau als im Engadin gibt es nirgends. Sagt zumindest Ski-Star Marc Berthod, 25. Und der muss es ja wissen, schliesslich ist er hier zur Welt gekommen. «Ich gebe aber zu, dass ich nicht ganz objektiv bin», sagt er und lacht. Der St. Moritzer zieht hoch oben auf der Corviglia einen tiefen Zug frischer Bergluft ein, blickt von seinem Mountainbike runter ins Tal Richtung Silvaplanersee und sagt: «Los, fahren wir weiter und lassen die Murmeli wieder allein.» Und tatsächlich: Ist die Luft rein, lugen überall Murmeltiere aus ihrem Bau!

Es gibt kaum einen Quadratmeter im Corviglia-Gebiet, den Marc Berthod nicht kennt. «Schon als Dreijähriger bin ich hier die Pisten runtergesaust.» Im Sommer verwandelt sich die Gegend in ein Biker- und Wander-Paradies – und für Marc in ein Trainingsgelände: «Auf dem Biketrail von Celerina zur Seilbahnstation Marguns überprüfe ich jeweils den Stand meiner Fitness.» Dabei ist die Strecke für einen Konditionstest eigentlich viel zu schade – das Panorama mit den Gletschern der 4000 Meter hohen Berninagruppe auf der gegenüberliegenden Talseite ist atemberaubend.

Ein Verpflegungsstopp im Bergrestaurant Trutz wird zum Familientreffen. Marcs Eltern, Martin und Silvia Berthod, sind ebenfalls auf Bike-Tour und machen am gleichen Ort Rast. Beim Blick auf die Speisekarte gesteht Marc: «Die bekannten Bündner Spezialitäten wie Capuns, Pizokel oder Nusstorte sagen mir micht viel. Zum Glück ist die Auswahl hier gross genug.»

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Um die kulinarische Vielfalt muss sich im Engadin ohnehin niemand sorgen: Vom Kebab-Stand fürs kleine Portemonnaie bis zu über 30 Gault-Millau-Restaurants für Gourmets ist im Hochtal alles zu finden. Marc hat allerdings andere Vorlieben. Seine Restaurant-Tipps: Das «Julier Palace» in Silvaplana («das Mega-Cordon-Bleu mit Pommes und Hot-Sauce ist Extra-Klasse!») oder die «Churrascaria Innfall» in St. Moritz, wo Claudio Bernasconi argentinisches Rindfleisch in allen Variationen anbietet.

Obwohl seine Skikarriere ihn die meiste Zeit des Jahres zum Globetrotter macht, fühlt Marc sich seiner Heimat stark verbunden. «Hier kann ich Kraft schöpfen. Die Landschaft mit den vielen Seen vermittelt mir Ruhe und eine Art Geborgenheit.» Wer St. Moritz und Umgebung vor allem mit Jetset-Rummel in Verbindung bringe, habe ein völlig falsches Bild: «Die grosse Qualität des Engadins liegt im breiten Angebot. Hier findet jeder, was er sucht. Und für die wunderschöne Natur muss man sowieso nichts bezahlen.»

Das Wandern in dieser Natur ist auch des Berthods Lust: «Nicht mit Wander-, sondern in Turnschuhen, aber mit grosser Leidenschaft». Über 500 Kilometer erstreckt sich das Wanderwegnetz des Engadins: Entlang den zahlreichen Seen bieten sich gemütliche Spaziergänge an, ambitioniertere Wanderer können sich auf Gletschern im Bernina-Massiv austoben. 

«Hier kann ich Kraft schöpfen. Die Landschaft vermittelt Ruhe und Geborgen- heit»

Die Lieblingswanderung des zweifachen Weltcup-Siegers führt durch duftende Föhrenwälder zum Hahnensee auf 2153 m ü. M. «Von der Corvatsch Mittelstation Murtèl gehts in Richtung Fuorcla Surlej, dort beginnt die Abstiegsroute zum Hahnensee. Der letzte Teil der Tour verläuft hinunter nach Surlej. In gut drei Stunden hat mans geschafft.»

Abkühlung verspricht ein Sprung in den Lej Marsch in der Nähe der Olympiaschanze. An schönen Sommertagen beträgt die Wassertemperatur trotz 1813 m Höhe angenehme 20 Grad. Und die Grillstellen laden zum Wurstbraten ein. «Als Kind war dieser See mein Lieblingsort, das Jagen von Kaulquappen meine Lieblingsbeschäftigung!»

Auch sein neuestes Hobby, das Kanufahren, kann Marc in seiner Heimat perfekt ausüben. «An Seen fehlt es uns hier ja nicht. Nur wenn man ins Wasser kippt, ists ab und zu etwas kalt. Aber zum Glück beherrsche ich die Eskimorolle ganz gut.» Besser jedenfalls als das schmale Rennruderboot seines Vaters. «Aus diesem bin ich mal ins Wasser gekippt und habe es nicht mehr aufs Boot geschafft. Ich musste an Land schwimmen und wurde dort von japanischen Touristen empfangen, die mich fleissig fotografierten!»

Wenn die Sonne hinter den Bergen untergeht, ist Marc am ehesten in der Bar Secondo in St. Moritz oder in der pulsierenden «Pitschna Scena» im Hotel Saratz in Pontresina anzutreffen. Hier finden immer donnerstags Konzerte mit Blues, Rock, Pop, Funk oder Jazz statt. Als Spitzensportler kann er sich zwar nicht die Nächte um die Ohren schlagen. «Aber für ein Leben als Mönch hat das Engadin einfach zu viel zu bieten.»

Nächste Woche Gardi Hutter zeigt ihr Tessin.


am 8. August 2009 - 12:57 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:42 Uhr