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Mit Sophia Schmirmaul und Carmen Meier-Meister vereinen sich beim Style-Shooting zwei Welten: die jugendliche Leichtigkeit und die zeitlose Raffinesse. Das Behind-the-Scenes-Video zeigt, Stil kennt kein Alter. Sina Albisetti
Zwei Models im Interview

Schönheit ohne Ablaufdatum

«Was willst du hier?», wurde Carmen Meier-Meister, 73, beim Casting zu einer Modeschau einmal gefragt. «Zeigen, dass man als Grey Model gefragt ist, natürlich!» Ihre Basler Modelkollegin Sophia Schmirmaul, 24, blickt dem Altern eher gespannt als besorgt entgegen. Ein Gespräch zweier Frauen aus zwei Generationen über Schönheit.

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Da kommt ja einer meiner Lieblingsmenschen», ruft Carmen Meier-Meister erfreut, als das Basler Model Sophia Schmirmaul das Fotoshoot-Set betritt. Sie umarmen einander innig. Die beiden lernten sich 2022 bei der Mode Suisse kennen. Seither treffen sie bei Shootings oder Modeljobs immer wieder aufeinander – ganz zu ihrer gegenseitigen Freude.

Fühlen Sie sich heute schön?

Carmen Meier-Meister: Ich bin glücklich und zufrieden mit mir selbst. Ob ich schön bin – das zu beurteilen, überlasse ich anderen.

Sophia Schmirmaul: Wenn ich gesund und ausgeschlafen bin, fühle ich mich am schönsten. Und du, Carmen?

Ja! Vor allem aber, wenn ich so sein darf, wie ich bin. Ich möchte mich nicht verstellen. Schön fühle ich mich ausserdem, wenn ich glücklich und voller positiver Energie aufwache. Da in meinem Leben praktisch immer die Sonne scheint, ist das zum Glück häufig der Fall.

Du fühlst dich angekommen, gell? Diese Zufriedenheit strahlst du aus.

Das ist wahr. Wer keinen Krieg mit sich selbst führt, ist besser dran. Deswegen habe ich ein gutes Verhältnis zum Spiegel. Ich brauche ihn zum Kontrollieren, nicht zum Kritisieren.

War das immer so?

Zum Glück schon. Mein Ziel war es immer, mich selbst zu sein, authentisch – ja nicht dem Mainstream folgen.

Wie definieren Sie Schönheit?

Sophia Schmirmaul: Schönheit bedeutet, sich wohlzufühlen. Wozu braucht es Schönheitsideale? Die innere Schönheit ist genauso wichtig. Wer negativ drauf ist, ist doch automatisch unschön.

«Den Spiegel brauche ich zum Kontrollieren, nicht zum Kritisieren.»

Hat sich Ihre Definition von Schönheit im Alter verändert?

Carmen Meier-Meister: Schönheit bedeutete für mich immer, ein gesundes Selbstvertrauen zu haben, positive innere Werte und Zufriedenheit. Einzig meine Meinung zur Jeans hat sich geändert. Ich fand sie früher sehr unpassend für meinen Stil. Heute trage ich sie gerne.

Sie sind als Senior Model tätig. Ist das schwierig?

Die Schweiz ist sehr offen für ältere Models. Nur bei einem Casting passierte es, dass mich ein ganz junges Model doch prompt fragte, was ich hier zu suchen hätte. Dabei bin ich für junge Models keine Konkurrenz, sie für mich auch nicht. Am Ende habe ich den Job gekriegt, durfte sogar als letztes Model laufen – eine grosse Ehre.

Gibt es das richtige Modelalter?

Sophia Schmirmaul: Ich kam mit knapp 17 Jahren ins Modebusiness – nachträglich betrachtet, sehr früh. Man sollte unabhängig vom Alter eine gewisse Reife dafür besitzen.

Wieso?

Man wird in der Branche ständig mit seinem Äusseren konfrontiert. Dazu braucht man ein klares Selbstbild und Sicherheit.

Carmen Meier-Meister: Absolut. Dennoch glaube ich, dass es Models in jedem Alter braucht, auch Kinder. Sofern das in einem geschützten Rahmen stattfindet, spricht nichts dagegen.

Wie viel Zeit investieren Sie in die tägliche Beauty-Routine?

Sophia Schmirmaul: 15 Minuten. Weitere fünf, wenn ich mir wirklich Zeitnehmen will.

Carmen Meier-Meister: Bei mir dauert es ähnlich lange. Ich dusche, kämme mich und trage Lippenstift auf. Ohne den gehe ich nicht mal zum Briefkasten!

War früher weniger nötig?

Ich habe mich nie wirklich geschminkt. Aber es ist schon so, dass ich heute öfter mal die Augen stärker betone. Mit weissen Haaren sieht das sonst schnell blass oder krank aus. Meine Haarpracht erfordert mehr Zeit und besonders sorgfältige Pflege. Klar habe ich viele Haare verloren. Aber wieso sollte ich ihnen nachtrauern?

«Ich bin gespannt auf das Älterwerden, nicht besorgt.»

Braucht es im Alter mehr Selbstakzeptanz?

Ich ziehe gerne schwarze und zeitlose Kleidung an. Da muss man hart im Nehmen sein. Sie wirkt wie ein Bilderrahmen. Natürlich ist es nicht immer einfach, den Alterungsprozess zu akzeptieren. Wie soll eine ideale 73-Jährige schon aussehen? Ich vergleiche darum gar nicht erst, sondern versuche, es so zu akzeptieren, wie es ist.

Welche Rolle spielt Schönheit im Alter?

Wenn man sie mal besitzt, besitzt man sie (lacht). Insofern spielt sie eine Rolle, weil ich mich unter anderem deshalb gesund ernähre und Sorge zu mir trage.

Verliert Schönheit im Alter an Bedeutung?

Sophie Schmirmaul: Im Gegenteil. Mit dem Älterwerden werden die Gesichtszüge markanter. Das gefällt mir sehr.

Carmen Meier-Meister: Schaut doch mal Blumen an! Knospen sind wunderschön, doch mindestens genauso schön ist es, wenn sie aufblühen. Viele messen dem keine Bedeutung zu. Das finde ich schade.

Haben Sie Angst vor dem Altern?

Sophia Schmirmaul: Überhaupt nicht. Ich schaue oft meine Grossmutter an und frage mich, ob ich ihr ähneln werde. Daher bin ich eher gespannt als beängstigt. Zudem ist Carmen doch ein gutes Beispiel dafür, wie energievoll und frisch man in jedem Alter sein kann. Das stimmt mich positiv.

Wie haben sich Schönheitsideale über die Jahre verändert?

Carmen Meier-Meister: Es werden Brauen gezupft, Tattoos gestochen. Ständig werden neue Makel gesucht. Ich glaube, wenn das die Schönheit des Menschen wäre, wären wir doch so geschaffen. Alle Menschen haben von Natur aus Schönes an sich. Macht etwas daraus!

Sophia Schmirmaul: Durch die sozialen Netzwerke vergleicht man sich schnell. Es ist wichtig, sich nicht darin zu verlieren, egal ob jung oder älter.

Welchen Tipp geben Sie jungen Menschen in Sachen Schönheit?

Carmen Meier-Meister: Genug Schlaf, gute Ernährung. Und keiner Sucht zu verfallen, ist essenziell. Vergleicht euch nicht, sondern zelebriert eure individuelle Schönheit. Ich werde nicht jünger, ihr auch nicht. Dagegen können wir nichts machen. Wieso sollten wir uns also sträuben? Und seid dankbar. Mein Mann Peter bringt mir seit über 40 Jahren jeden Morgen einen Espresso, ein Guetsli und die NZZ ans Bett. Wie könnte ich mich da noch beklagen?

Weitere spannende und inspirierende Geschichten aus der STYLE 02, findet ihr in der neusten Ausgabe. Ab heute überall dort erhältlich, wo man Magazine kaufen kann.

Von Vanessa Nyfeler am 24. Mai 2024 - 07:30 Uhr