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Spitzenleistung – vier Interviews mit unseren STYLE-Fashion-Shooting Stars

Im Zürcher Opernhaus erhebt sich Mode zum Tanz. Zwischen Licht und Schatten, Stoff und Bewegung entsteht eine Symphonie aus Anmut und Kraft. Körper zeichnen Silhouetten in die Luft, als würden sie die Couture-Sprache neu erfinden.

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Brandon Lawrence, Max Richter, Ayaha Tsunaki und Joel Woellner im Foyer der Zürcher Oper.

Brandon Lawrence, Max Richter, Ayaha Tsunaki und Joel Woellner im Foyer der Zürcher Oper.

Sven Germann

Ayaha Tsunaki

Ayaha Tsunaki ist erste Solistin am Ballett Zürich und bekannt für ihre klare Ausdruckskraft.

Ayaha Tsunaki ist erste Solistin am Ballett Zürich und bekannt für ihre klare Ausdruckskraft.

Sven Germann
Interview mit Ayaha Tsunaki, 29

Die japanische Tänzerin Ayaha Tsunaki begann ihre Ausbildung in Tokio und vervollständigte sie an der renommierten Académie Princesse Grace in Monaco. Nach Engagements in Europa fand sie am Ballett Zürich ihre künstlerische Heimat, wo sie seit dieser Spielzeit als Erste Solistin zu den prägenden Gesichtern des Ensembles zählt. Tsunaki ist bekannt für ihre klare Ausdruckskraft und ihre tiefe Verbindung zu erzählenden Balletten. Mit Disziplin, Sensibilität und unerschütterlicher Ruhe verkörpert sie die poetische Seite des modernen Balletts.

Wann haben Sie zuletzt nur für sich getanzt und was hat dieser Moment bei Ihnen ausgelöst?

Ich tanze ziemlich oft nur für mich, allein im Studio, zu Hause oder beim Ausgehen, manchmal sogar in Stille. Das erinnert mich daran, dass ich tanze, weil ich es liebe.

Viele Tanzende nennen den Körper ihr Instrument. Was passiert, wenn dieses Instrument krank oder verletzt ist?

Vor drei Jahren wurde ich am Knie operiert und musste fast acht Monate pausieren. Diese Zeit habe ich dennoch geschätzt, weil ich einen anderen Lebensrhythmus gefunden habe und gemerkt habe, dass ich in mir auch andere Instrumente trage. Das heisst, ich habe gelernt, mich selbst besser wahrzunehmen und meine Bedürfnisse leichter zu erkennen.

Wie halten Sie die Balance zwischen Disziplin und Kreativität – im Training und im Leben?

Ich gleiche mich ausserhalb des Balletts aus: Ich reise gern, tauche, schaue Filme und bin viel in der Natur. Vor allem die Natur bringt mich ins Gleichgewicht.

Was würden Sie dem Publikum gern zeigen, das es sonst nie sieht?

Ich würde gern erzählende Ballette zeigen, weil Geschichten den Zugang erleichtern, besonders für Menschen, die noch nie Ballett gesehen haben.

«Ich tanze, um Geschichten zu Fühlen, bevor ich sie erzähle.»


Haben Sie ein Vorbild?

Ich bewundere die Koreanische Ballerina Sangeun Lee vom English National Ballet sehr. Ihre technische Präzision und starke Ausdruckskraft sind für mich besonders inspirierend.

Was mögen Sie an Ihrem Leben in der Schweiz?

Die Stadt Zürich bietet Vielfalt: Im Job kann ich mich konzentrieren, ausserhalb finde ich schnell Ruhe, vor allem in der Natur.

Welche Bedeutung hat Applaus für Sie?

Applaus ist wichtig als Rückmeldung. Für mich zählt vor allem das Gefühl, dass das Publikum aufmerksam und aufnahmebereit war.

In welcher Stadt würden Sie gern einmal arbeiten und tanzen?

Spanien, also Madrid,  reizt mich sehr, grundsätzlich bin ich offen für neue Atmosphären.

Was ist Tanz für Sie, heute und früher?

Tanz ist für mich eine Sprache, und das hat sich nie geändert.

Brandon Lawrence

Brandon Lawrence tanzt seit 2022 beim Ballett Zürich– auf der Bühne verbindet er Klassik und Moderne.

Brandon Lawrence tanzt seit 2022 beim Ballett Zürich– auf der Bühne verbindet er Klassik und Moderne.

Sven Germann
Interview mit Brandon Lawrence, 33

Der britische Tänzer Brandon Lawrence gehört zu den markantesten Persönlichkeiten seiner Generation. Geboren in England und ausgebildet an der Royal Ballet School in London, tanzte er viele Jahre als Principal Dancer beim Birmingham Royal Ballet, bevor er 2022 zum Ballett Zürich wechselte. Lawrence steht für technische Präzision ebenso wie für emotionale Tiefe, ein Tänzer, der klassische und zeitgenössische Werke mit aussergewöhnlicher Präsenz verbindet. Neben seiner Bühnenkarriere interessiert er sich für künstlerische Leitung und choreografische Arbeit.

Wann haben Sie zuletzt nur für sich getanzt und was hat es ausgelöst?

Ich gehe selten in Clubs, weil ich oft zu müde bin. Auf der Bühne gibt es jedoch Momente, in denen es sich anfühlt, als würde ich nur für mich tanzen, frei, und ohne irgendeine vorgegebene Choreografie zu verändern.

Gab es eine Rolle, in die Sie sich zunächst nicht eingefunden haben und die Sie später überrascht hat?

Ja, die Rolle des Colas in La Fille mal gardée von Ashton. Anfangs hatte ich Zweifel, doch durch Proben, Coaching und meine Partnerin wurde sie zu einer meiner Lieblingsrollen. Das hat mich sehr geprägt, denn seither lebe ich nach der Devise «Think outside the box».

Spüren Sie während der Vorstellung das Publikum?

In manchen Stücken sehr. Humorvolle oder freche Momente lösen spürbare Reaktionen aus, was mir zusätzlichen Schwung gibt. Bei neuen Werken reagiert das Publikum manchmal zurückhaltender, bleibt aber eigentlich immer zugewandt.

Wie gehen Sie mit Krankheit oder Verletzung um?

Wenn ich stehen kann, bin ich da; bei Fieber oder Übelkeit trete ich nicht auf. Ich handle verantwortungsbewusst, vor allem meinen Kollegen gegenüber.

«Technik ist das Fundament, aber Ausdruck ist die Seele.»


Wie lange kann eine Tänzer-Karriere dauern, und was wünschen Sie sich für später?

Das ist sehr individuell und reicht von Mitte 20 bis über 50. Ich bin im 15. Profijahr und könnte mir später eine künstlerische Leitung gut vorstellen. Mein Traum wäre der Beruf des Art Directors.

Wer sind Ihre Vorbilder?

Cathy Marston, meine Direktorin hier an der Oper Zürich, wegen ihres klugen, empathischen Führungsstils und als absoluter Gegensatz, die amerikanische Dragqueen RuPaul, weil er Grenzen durchbricht und Möglichkeiten sichtbar macht.

Wie gefällt Ihnen Zürich?

Ich schätze die Disziplin der Schweizer Kultur, die wechselnden Jahreszeiten und den hohen Respekt für die Kunst.

Welches Statement möchten Sie unserer Leserschaft mitgeben?

Offenheit lohnt sich: Neues kann Unerwartetes in uns freisetzen. Jede Erfahrung ist ein Baustein auf dem Weg zu uns selbst.

Max Richter

Max Richter ist eine non-binäre Kunstschaffende die durch ihre Vielseitigkeit und ihre starke Ausdruckskraft besticht.

Max Richter ist eine non-binäre Kunstschaffende die durch ihre Vielseitigkeit und ihre starke Ausdruckskraft besticht.

Sven Germann
Interview mit Max Richter,27

Max Richter wurde in den Vereinigten Staaten geboren und ausgebildet, bevor Richter über internationale Engagements ans Ballett Zürich kam. Richter überzeugt durch Vielseitigkeit, vom klassischen Repertoire bis zu zeitgenössischen Werken, die mit  intuitivem Ausdruck und einer starken Bühnen Persönlichkeit geprägt werden. Abseits der Bühne interessiert sich Richter  für Mode, Fotografie und Choreografie. Als non-binäre Kunstschaffende versteht Richter den Tanz nicht nur als Beruf, sondern als Lebensform. Als eine Sprache, die Identität und Bewegung auf einzigartige Weise verbindet.
 

Wann haben Sie zuletzt nur für sich getanzt und was hat es ausgelöst?

Ich habe eigentlich jeden Tag Momente, in denen ich nur für mich tanze. Gestern erst habe ich in der Küche aus Spass das Adagio aus Giselle getanzt.

Wie unterscheiden Sie Krankheit und Verletzung im Umgang mit Ihrem Körper?

Ich höre genau hin, was ich in dem Moment brauche. Für eine lange Karriere ist Achtsamkeit entscheidend, auch wenn das manchmal bedeutet, heute zu pausieren, um morgen weiter tanzen zu können.

Wer sind Ihre Vorbilder?

Viele Mitarbeitende hier an der Zürcher Oper inspirieren mich. Besonders beeindruckt mich derzeit die englische Ballerina Nancy Osbaldeston, weil sie extrem vielseitig ist und trotz ihres Status spürbar hungrig bleibt.

«Wenn Bewegung zur Identität wird – das ist der perfekte Moment.»


Welche Gedanken machen Sie sich über die Zeit nach der Bühne?

Ich bin 27 Jahre alt und lasse Optionen bewusst offen. Mich interessieren Fotografie, Mode und Styling, Hair & Make-up sowie Choreografie. Ich folge Wegen, wenn sie Sinn ergeben, so bin ich auch nach Zürich gekommen.

Was ist Ihre grösste Befriedigung im Beruf?

Es ist nicht der Applaus, sondern das Gefühl nach einer gelungenen Vorstellung, kreativ erfüllt zu sein und die erarbeiteten Entscheidungen live umgesetzt zu haben.

Spüren Sie das Publikum auf der Bühne?

Manchmal spüre ich die konzentrierte Stille sehr deutlich. Oft verliere ich mich aber im Spiel, sodass nur noch die Szene oder meine Partnerin und ich existieren. Pannen wie Stürze gehören dazu und machen die Livekunst sichtbar.

Welches Statement möchten Sie unserer Leserschaft mitgeben?

Dieser Beruf ist hart, aber er lohnt sich: Die Anstrengung verwandelt sich immer wieder in grosse Erfüllung.

Joel Woellner

Der Australier Joel Woellner gehört seit 2023 zum Ballett Zürich, wo er mit seiner kraftvollen Präsenz das Publikum wie Kritiker begeistert.

Der Australier Joel Woellner gehört seit 2023 zum Ballett Zürich, wo er mit seiner kraftvollen Präsenz das Publikum wie Kritiker begeistert.

Sven Germann
Interview mit Joel Woellner, 31

Der australische Tänzer Joel Woellner stammt aus Brisbane und erhielt seine Ausbildung an der Queensland Ballet Academy sowie an der Houston Ballet Academy in den USA. Nach Engagements beim Houston Ballet und dem Queensland Ballet kam er 2023 zum Ballett Zürich. Woellner überzeugt durch kraftvolle Bühnenpräsenz und ein feines Gespür für emotionale Zwischentöne. Seine Interpretationen verbinden physische Stärke mit erzählerischer Tiefe, Eigenschaften, die ihn zu einem Publikumsliebling gemacht haben.
 

Wann haben Sie zuletzt nur für sich getanzt und was hat es ausgelöst?

Ausserhalb des Theaters tanze ich selten nur für mich, weil der Spielplan sehr voll ist. Freiheit empfinde ich auf der Bühne, zuletzt in Carmen.

Wie gehen Sie damit um, wenn Ihr Instrument Körper nicht so funktioniert, wie Sie möchten?

Ballett ist Hochleistungssport, daher managen wir ständig kleinere Blessuren. Je nach Belastung reduziere ich temporär, mache Reha und nehme mir die nötige Zeit. Nach Operationen war ich auch schon mal neun Monate ausser Gefecht.

Haben Sie dann eine finanzielle Absicherung und auch Betreuung?

Ja, es gibt Unfallversicherung, ärztliche Betreuung und ein gutes Physio-Netzwerk innerhalb und ausserhalb des Hauses.

Wie ist Ihr Hintergrund, und wie läuft es mit der deutschen Sprache?

Mein Name ist österreichischen Ursprungs, meine Grosseltern sind nach Australien ausgewandert, aber ich bin in Australien aufgewachsen. Deutsch lerne ich hier; es ist anspruchsvoll, aber wir haben Kurse.

«Auf der Bühne suche ich keine Perfektion, sondern Wahrheit.»


Welche Perspektive sehen Sie für Ihre Karriere?

Ich bin 31 Jahre alt und würde gern bis etwa 35 bis 40 tanzen, wenn Körper und Kopf mitmachen. Wichtig ist mir, jetzt Erfahrungen zu sammeln, um sie später weiterzugeben.

Was schätzen Sie an Zürich und der Schweiz?

Ich liebe die Nähe zur Natur, die Ruhe in den Bergen und die Verlässlichkeit des öffentlichen Verkehrs. Kultur geniesst hier hohes Ansehen, und das spürt man.

Gibt es Aktivitäten, die Sie als Tänzer meiden?

Wandern ist in Ordnung; bei risikoreichen Sportarten wie Skifahren bin ich sehr vorsichtig, um Chancen auf der Bühne nicht zu gefährden.

Welches Statement möchten Sie unserer Leserschaft geben?

Ballett ist Ausdruck und Erzählung: Es kann Menschen für ein bis zwei Stunden aus dem Alltag herausheben und Gefühle wecken oder Horizonte öffnen.

Vervollständigen Sie den Satz: …«Ein Balletttänzer muss …»

… die Arbeit hundertprozentig lieben, sonst hält man die mentalen und körperlichen Belastungen nicht durch.

Von Valeska Jansen vor 23 Minuten