Nach dem Abschluss an der Uni Fribourg stand Eric Giroud eine Karriere als Architekt offen. «Als Kind liebte ich es, zu zeichnen und zu musizieren. Ich träumte davon, Musiker oder Designer zu werden.»
Architektur passte da durchaus rein, doch er merkte bald: Das ist es nicht. In den 90er-Jahren hat sich der Walliser, der heute in Genf lebt, deshalb neu orientiert und in einer Designagentur angeheuert. «Eines Tages tauchte ein Uhrenprojekt auf. Da wusste ich: Das ist mein Ding!» Giroud gründete sein eigenes Studio, spezialisierte sich auf Uhrendesign.
Wie hat sich das Metier im Laufe der Zeit verändert?
Eric Giroud: Mit dem Aufkommen von immer neuen Computertools enorm. Wir arbeiten mit 3D, mit Software, die eine bessere, einfachere und effizientere Zusammenarbeit aller Beteiligten ermöglicht. Schon bei den ersten Ideen können wir damit Entwürfe gemeinsam sehen, besprechen und nutzen. Es ist ganz einfach geworden, nach dem Erstellen eines Modells die Daten zu teilen, damit zum Beispiel ein technisches Büro sie weiterbearbeiten kann. Diese Entwicklungen sind grossartig.
Wie wählen Sie Ihre Partner aus?
Ich habe grosses Glück, denn in den letzten 15 Jahren haben mich die Marken kontaktiert, was sehr angenehm und auch touchant ist. Allerdings nehme ich nicht alle Anfragen an, was zu guten und schlechten Entscheiden führen kann. Man darf nicht vergessen, dass ich alleine arbeite. Oft basiert meine Wahl mehr auf der zwischenmenschlichen Qualität der Beziehung als auf dem Prestige einer Marke. Mir ist es sehr wichtig, mit einem geeinten Team mit klaren menschlichen Werten den Weg zu gehen. Mir bietet das stets eine hervorragende Grundlage für ein Projekt.
Wie gehen Sie bei der Entwicklung einer neuen Uhr vor?
Neben den technischen Schwierigkeiten besteht die grösste Herausforderung darin, mich selbst immer wieder zu hinterfragen und offen zu bleiben. Anfangs recherchiere und skizziere ich viel, um die mir gestellten Anforderungen vollständig zu verstehen. Das habe ich noch aus meiner Zeit als Architekt. In dieser Phase stelle ich viele Fragen und sammle Ideen. Diese Periode ist sehr wichtig, da sich unzählige Sicht- und Interpretationsmöglichkeiten eröffnen. Manchmal reicht ein Satz, gar nur ein Wort, und ein Projekt nimmt eine ganz neue Wendung. Danach präsentiere ich einige Zeichnungen. Findet eine Auswahl gefallen, wird der Entwurf vertieft, und ein erstes Modell entsteht. Darauf folgt eine Phase mit dem Markenteam, in der das Endprodukt finalisiert und ein Prototyp hergestellt wird.
Wer inspiriert Sie?
Bei meiner Arbeit habe ich das Glück, von sehr anregenden Menschen umgeben zu sein. Im Alltag sind es Menschen, die mich mit ihrer Einstellung und ihren Werten und nicht nur wegen ihres Erfolgs stimulieren. Das können Künstler und ihr Werk sein, aber auch grandiose Köche oder begabte Kunsthandwerker.
Sie interessieren sich für Musik …
Musik begleitet mich in allen Lebenslagen, in ganz unterschiedlichen Stilrichtungen. Wahrscheinlich, weil ich am Konservatorium Instrumentalmusik und danach Harmonielehre studiert habe. Heute Morgen habe ich zum Beispiel im Auto Luigi Tenco gehört. Gestern Nils Frahm, um mich für Design-Ideen zu motivieren, und abends das Album von Durand Jones & The Indications. Ich war in Montreux beim Santana-Konzert und gleich danach in Verbier am Klassikfestival.
Ist Ihnen Literatur wichtig?
Ich lese gern, wenn möglich ein bis zwei Stunden am Tag. Ich habe gerade «Récits de saveurs familières» von Erri De Luca zu Ende gelesen und mit «Hase und Ich» von Chloe Dalton begonnen.
Was bedeutet Zeit für Sie?
Jeder Tag ist wunderbar und kostbar.
Eines seiner Designs: M.A.D.2 für MB&F
MB&F